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Zwischen den Zähnen | Mein Weg an die Macht (10)

Liebes Tagebuch, während des Wartens auf den Vogelspion habe ich im Bad mal ordentlich aufgeräumt.

Für den bevorstehenden Kampf brauchte ich freie Sicht.

So warf ich alle nutzlosen Dinge von der Ablage. Auch diese handbemalten Zahnputzbecher. Streublümchen aus Meißen waren eh out. Das Personal konnte besser aus der Seifenschale saufen, da knicken die Schnurrhaare nicht so ab. Diese unpraktischen Menschen sind mir sowie-so ein Rätsel. Jeden Morgen und Abend stecken die sich eine Plastik-Kaustange mit weißer Malzpaste in den Mund, fressen sie aber nie auf. Sobald das Ding anfängt zu schnurren, schauen sie in den Spiegel und ziehen komische Grimassen. Was soll das?

Ich nahm mir die Stange vor und kaute ausgiebig auf dem borstigen Ende herum. Keine Ahnung, was die Zweibeine daran finden. Schmeckte nach gar nichts. Bei mir hat das Teil nicht mal geschnurrt. Vielleicht musste Paste darauf, damit es funktionierte. Mit den Krallen pikste ich Löcher in die Tube und sprang mit beiden Vorderpfoten drauf. Igitt. Da quollen weiße Maden raus. Bevor die Unheil anrichten konnten, fraß ich sie auf. Schmeckten ein bisschen nach Katzenminze.

Bei der fünften Made bildete sich Schaum vorm Maul. Ich bekam einen Riesenschreck. „Zweibein-Tollwut“, war mein erster Gedanke. Mit vollem Mund rief ich Ian zu Hilfe. Der beruhigte mich mit dem Hinweis, das wäre eine Putzpaste, die man gar nicht fressen sollte. Na prima. Nachdem ich den Trinkbrunnen geleert hatte – mit drei Schlucken den Mund ausgespült, den Rest mit der Pfote auf den Boden geschaufelt – ging es mir besser.

Im selben Moment klopfte es: Tack Tatack Tack.

Der Vogelspion hockte draußen auf dem Rosenbäumchen und pickte frech mit dem Schnabel gegen das Badezimmerfenster. Seine Morsezeichen waren eindeutig. Er wollte mich melden. Wenn der mich verpfiff, war ich als Top-Agentin geliefert. Blöde Petze, die hatte ihren letzten Schiss getan! Ich raste los und sprang mit maximalem Schub voran. Siegessicher schnellte ich durch die Luft, fuhr die Krallen aus und fletschte die perfekt gepflegten Zähne. Der Typ war so gut wie tot.

Leider hatte ich in der Hast eine Kleinigkeit vergessen. Mit einem Rumms knallte ich Kopf voran gegen die Scheibe und glitt zu Boden. Ich er-wachte, als mein Bruder mir die Pfoten kitzelte. Maua. Mir brummt jetzt noch der Schädel. Beim nächsten Mal muss ich überlegter vorgehen. Dann wird der Verräter endlich sterben. Seine Todesanzeige folgt im nächsten Teil.

Deine Katzenagentin Indy

Diese Serie ist erschienen im Magazin Our Cats.

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