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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 17

Samstag. Eigentlich ein freier Tag, der der Familie gehört, an dem man Dinge erledigen kann, zu welchen man während der Woche nicht gekommen war, Freundschaften pflegt – oder ins Fußballstadion geht. Obwohl ich kein Fußballfan bin, galt Letzteres auch für Buxi und mich.

Zwischen den Fans

Im Frankenstadion spielten „der Glub“, der 1. FC Nürnberg, und manchmal auch die Spielvereinigung Greuther-Fürth aus der Nachbarstadt. Bei Fußballspielen werden Hunde eingesetzt, auch um die unterschiedlichen Fangruppen zu trennen. Sie füllen sozusagen den leeren Raum, den man frei halten muss, damit es möglichst zu keinen Ausschreitungen kommt. Manchmal fühlen sich meine Kollegen und ich wie Dompteure im Zirkus bei der Trennung der Bestien.

Es ist schon beeindruckend, in der Mitte zwischen zwei aufgebrachten Fangruppen zu stehen und in manchen Gesichtern tatsächlich so etwas wie blanken Hass zu entdecken – worauf? Wer hat wem was getan oder weggenommen? Es gibt Dinge am Fußball, die sind schwerer zu verstehen als die Abseitsregel.

Gut, einen Verbündeten zu haben

Buxi war im Fußballstadion extrem angespannt. Höchst aufgeregt wusste er manchmal gar nicht, in welche Richtung er zuerst bellen sollte. Dennoch zeigte er sich absolut unparteiisch und wies vereinsunabhängig jeden in die Schranken, der es wagte, ihm zu nah zu kommen. Auch bei Demonstrationen setzte Buxi sich für die Meinungsfreiheit ein und verbellte Demonstranten und Gegendemonstranten in derselben Lautstärke. Für mich war es ein gutes Gefühl, zwischen den aufgebrachten Fans einen Verbündeten an meiner Seite zu wissen, der notfalls sein Fell riskieren würde, um meine Haut zu retten.

Bei Fußballspielen ist die Polizei im Einsatz, um die Fangruppen zu trennen.

Jetzt wird es ernst

Es war der erste Samstag im Mai, und der Club hatte sogar mal gewonnen. Alles bestens. Aber nicht für die Gegner. Die enttäuschten Fans zogen grölend durch die Stadt, und viele von ihnen trafen sich bei einem Volksfest in der Nähe des Frankenstadions, wohl in der Hoffnung, sich an dem einen oder anderen Clubfan zu rächen. Die Hundestaffel war bereits auf Dienstschluss eingestellt, als uns die Einsatzzentrale über Funk anforderte: „Alle zum Volksfest, dort bahnt sich eine Schlägerei im Bierzelt an!“

Ich war als Erster vor Ort, parkte den Streifenwagen, leinte meinen Hund an und lief mit ihm durch die Menschenmassen Richtung Bierzelt, was nicht einfach war, da Buxi sich von Angreifern umzingelt fühlte, auch wenn sie Zuckerwatte in den Händen hielten. Auf einmal musste ich feststellen, dass ich auch umzingelt war: von den Fans der Verlierer. Sie hatten im Freien bereits Bierbänke umgestoßen und Bierkrüge zerschlagen, und ihr Alkoholpegel färbte die Luft blau. Je besoffener, desto niedriger die Hemmschwelle. Für die Meute der alkoholisierten Fußballfanatiker war ein einzelner Polizist, wenn auch mit Hund, eine willkommene Beute. Bedrohlich näherten sich uns die Hooligans.

Buxi hat alles im Griff

Buxi umkreiste mich wie ein Satellit. Ich hatte Mühe, die Lederleine schnell genug umzugreifen, damit er mich nicht fesselte. Jedem, der den Abstand einer Leinenlänge unterschritt, sprang er wütend entgegen, fletschte seine Zähne, und immer wieder hörte ich trotz des Lärms dieses klackende Geräusch, wenn er ins Leere biss und seine Zähne aufeinander schlugen. Als sich einer der Hooligans zu weit vorwagte und das mit einem klaffenden Loch im Ärmel seiner Lederjacke bezahlte, zog sich die Gruppe, wilde Flüche ausstoßend, zurück.

Als ich das Bierzelt erreichte, hatten die Beamten der Volksfestwache die Situation bereits im Griff. Vier oder fünf der Schläger, zum Teil selbst durch Schrammen gezeichnet, lagen gefesselt auf dem Boden, um kurz darauf zur Dienststelle gebracht zu werden. Auf sie warteten Anzeigen wegen verschiedener Delikte, auf die Kollegen jede Menge Schreibarbeit. Und ich wartete mit meinem Hund, ob nicht doch noch andere gewaltbereite Fans auf die Idee kamen, ihren Freunden gegen die Polizei zu Hilfe zu eilen. Wäre nicht das erste Mal gewesen.

Endlich Feierabend!

Stolz und zufrieden

Buxi hätte sein Leben für mich gegeben. Dies war unser erster Einsatz, in dem er eindrucksvoll bewies, dass er bedingungslos zu mir stand. Die Liebe eines Hundes unterscheidet sich in einigen Punkten von der Liebe eines Menschen. Dazu gehört, dass der Hund keine Bedingungen stellt. Er ist mit wenig zufrieden und treu wie … wie es eben nur Hunde sein können. Ich bin überzeugt davon, dass Hunde lieben können.

Nachdem sich die Situation auf dem Volksfest beruhigt hatte und die Hundestaffel abgezogen war, machte ich einen langen Spaziergang mit Buxi. Mit Blick auf die Lichter der Stadt setzte ich mich auf einen mit Gras bewachsenen Hang und schaute einfach nur in die Nacht. Da legte sich Buxi zu mir und seinen Kopf in meinen Schoß. Mindestens zum fünften Mal erzählte ich ihm, wie toll er sich verhalten hatte. Er hörte es sich geduldig an, obwohl ich vermutete, dass er in Gedanken längst daheim bei seiner überfälligen Futterschüssel war. Er schüttelte sich jedenfalls erfreut, als ich aufstand und zurück zum Streifenwagen ging.

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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