> HundeMensch & TierStories

Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 50

Die Hundesprache eins zu eins ins Menschliche zu übersetzen, daran haben sich Wissenschaftler schon die Zähne ausgebissen. Erwiesen ist lediglich, dass Hunde die Bedeutung einer Vielzahl von Wörtern erlernen, wahre Cracks bis zu dreihundert.

Von dieser Fähigkeit profitieren besonders auch behinderte Menschen, die ein relativ selbständiges Leben dank der Unterstützung durch ihre fantastisch ausgebildeten Hunde leben können. Wer einmal erlebt hat, was diese Hunde zu leisten imstande sind, kann nur staunen. Viele Begriffe schnappen Hunde im wahrsten Sinne des Wortes auf. Sie lernen sie nebenbei, weil sie in bestimmten Zusammenhängen öfter fallen. Wenn meine Frau abends in einem bestimmten Tonfall „So“ sagt, stand Carina auf und lief zur Treppe. So hieß für sie, dass Frauchen jetzt nach oben geht und sich allmählich bettfertig macht. Und da wollte Carina natürlich nicht allein im Wohnzimmer bleiben, sondern auch in ihr Körbchen.

Hunde lernen Wörter durch Erfahrung

In Verbindung mit Erfahrung lernen Hunde die Bedeutung von Worten, ohne dass wir sie ihnen bewusst beibringen. Wenn ich mit Carina Ball spielte und nach dem dreißigsten Wurf mit schmerzender Schulter „Einmal noch“ sagte, gab Carina diesen letzten Ball nur widerwillig her. „Einmal noch“, hörte sie nicht gern. Es bedeutete, dass das Spiel gleich vorbei war. Ab und zu verstand Carina auch etwas falsch. Einmal, nach dem Frühdienst, sagte ich beiläufig zu meiner Frau:
„Ich lege mich ein Stündchen aufs Ohr.“
Da setzte sich Carina vor mich hin, legte den Kopf schief und rannte anschließend zur Kellertreppe. Im Keller hatte ich noch nie geschlafen. Es dauerte einen Moment, bis ich dahinterkam, was Carina verstanden hatte: Ich hatte „Ohr“ gesagt! Das kommt auch im Schweineohr vor, eine Delikatesse auf Carinas Speiseplan. Klar holte ich Carina vor meinem Nickerchen noch ein getrocknetes Schweineohr aus dem Keller. Selbstverständlich hat sie noch weitere Lieblingswörter wie Gassi, Spielen, Balli, Futter. Und natürlich gibt es Worte oder Sätze, die sie gar nicht gern hört: „Du musst da bleiben“, „Ich komme gleich wieder“, oder einfach nur „Nein“. Letzteres führte nicht nur bei Carina, sondern rasseübergreifend die Negativliste an. „Nein“, dieses Unwort, mag kein Hund. Je nachdem, wie gut er erzogen ist, wird er sich trotzdem fügen. Nicht sein Wille geschehe, sondern der seines Vorgesetzten. Dazu muss der Hund wissen, wo oben und wo unten ist. Das ist keine Gängelei, sondern gibt dem Hund Sicherheit. Seinen Platz zu kennen, stiftet Frieden – nicht nur im Tierreich.

Hunde verraten uns, wie es uns geht.

Hunde sind enorm anpassungsfähig und haben sich in jahrhundertelangem Zusammenleben mit Menschen faszinierend auf uns eingestellt, so sehr, dass sie sogar Lesen gelernt haben. Lesen? Natürlich keine Buchstaben. Wir Menschen drücken – oft ohne es zu merken – durch unsere Körpersprache etwas Bestimmtes aus und wundern uns dann, woher der Hund dies und jenes weiß. Für ihn sind wir ein offenes Buch. Noch mehr entschlüsseln Hunde jedoch über ihren Spürsinn. Ein Hund fühlt, ob sein Mensch gut oder schlecht gelaunt, gestresst, nervös ist oder Angst hat. Wer mit Hunden lebt, sich wirklich für sie interessiert und mit ihnen kommunizieren möchte, lernt nach und nach auch in ihnen zu lesen.

Mit ihrer Körperhaltung, ihrem ganzen Sosein verraten sie uns viel darüber, wie es ihnen geht. Und immer wieder: Wie es uns selbst geht. Ist Herrchen oder Frauchen schlecht drauf, wird auch die Fahne des Hundes auf Halbmast wedeln. Polizeihunde sind eben auch nur Menschen. Der eine lernt schneller, der andere langsamer; so wie auch jeder Mensch unterschiedlich ist, andere Vorlieben und Abneigungen hat. Sicher gibt es Rassen, denen das Lernen prinzipiell leichter fällt – Schäferhunde gehören dazu.

Doch es ist nicht gesagt, dass alle Schäferhunde über dieselbe Intelligenz verfügen. Und schon gar nicht über dieselben Vorlieben. Es gibt Hunde, die baden gern, andere empfinden bereits nasse Pfoten als Zumutung. Woran liegt es? An den Genen oder an der frühen Welpenzeit? Fakt ist, dass nur derjenige, der seinen Hund wirklich gut kennt, ihn auch bestmöglich fördern und fordern kann, um wiederum das Beste aus ihm herauszuholen. Es steckt unglaublich viel Bestes in unseren vierbeinigen Kollegen!

Das Zauberwort heißt Konsequenz

Manche Hunde wollen immer alles richtig machen und fühlen sich wohl, wenn sie Klassenbeste sind. Andere haben einen regelrechten Sturschädel und machen gern erst mal das Gegenteil des Gewünschten. Es gibt welche, die können sich sehr gut konzentrieren, andere sind leicht abzulenken – und das alles trifft ebenso auf die Hundeführer zu. Konsequentes Führen heißt das Zauberwort. Ich muss zugeben, dass ich in dieser Disziplin nicht zum Weltmeister geboren bin. Hin und wieder lasse ich mich von einem Hundeblick erweichen. Solche Erfahrungen speichert der kluge Hund besonders schnell ab.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



Du wolltest schon immer mehr über Hunde wissen?

Mit unserem Magazin HUNDEWELT bist du bestens versorgt. Jeden Monat neu!

Hier findest du das Magazin.

Teilen
×