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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 42

Eigentlich muss er die Diensthunde auf die Prüfung vorbereiten, doch da war Enny. Elmar Heer hat die Hündin und ihre 8 Welpen gerettet und will sie nun in Sicherheit bringen.

Nach einer gut zehnstündigen Fahrt war ich mit Enny und ihrer neunköpfigen Familie spät in der Nacht zu Hause angekommen.

Unterwegs hatte ich mehrere Pausen eingelegt und die Welpen auch während der Fahrt abwechselnd an ihre Mutter „angedockt“. Die Rettungsaktion aus Bosnien war also geglückt, ohne mein Eingreifen wären zumindest die Kleinen sehr wahrscheinlich erschlagen worden.

Meine Frau Anna, die in meinem Büro vorab eine wunderbare Kinderstube eingerichtet hatte, schlief noch, als mich aufgeregtes Winseln und Fiepen weckte. Im Gegensatz zu mir schienen die Welpen schon munter zu sein. Als ich die Tür zum Büro öffnete, präsentierte sich mir ein Familienidyll. Enny lag entspannt auf der Seite, ihre Kinder kämpften aber gerade im Knäuel um eine freie Zitze. Zum Glück hatte ihre Mama genügend davon, damit alle neun frühstücken konnten.

Doch Enny sprang erfreut auf, als sie mich entdeckte.

Mit schmatzenden und ploppenden Geräuschen lösten sich die Kleinen von der Milchquelle und purzelten protestierend durcheinander. Ich lachte, beugte mich zu Enny hinunter und wollte sie streicheln. Aber sie lief an mir vorbei ins Wohnzimmer. Offenbar musste sie raus! Also öffnete ich die Terrassentür und ließ sie in den Garten, wo sie sich schon nach wenigen Metern setzte, um eine große Pfütze zu hinterlassen.

Ich war erstaunt, dass sie sogar stubenrein war und fragte mich, was wohl aus ihrem früheren Zuhause geworden war. Dass sie schon immer eine Streunerin gewesen war, bezweifelte ich immer mehr. Deshalb nahm ich mir vor, mich in Bihac umzuhören, ob nicht doch irgendwo eine Hündin vermisst werde.

Noch am selben Nachmittag musste ich dorthin zurück.

Die angehenden Diensthunde der Staffel sollten nächste Woche ihre Prüfungen ablegen. Dass sie diese bestehen, war noch lange nicht garantiert. Wie auch in Deutschland haderte ich mit der Regelung, dass die Leistung eines Hundes an einem einzigen Tag darüber entschied, ob er künftig als Polizeihund geführt werden darf oder nicht. Wir kannten unsere Vierbeiner, ihre Stärken und auch ihre Schwächen.

Schließlich hatten wir sie über neun Monate begleitet und ausgebildet. Bruno, der Rottweiler, hatte sich zum hervorragenden Fährtensucher entwickelt, war aber im Schutzdienst entsprechend seiner persönlichen Veranlagung nicht zum Helden avanciert. Damit widersprach er der landläufigen Auffassung, dass alle Rottweiler gefährlich seien. Dagegen war mit Alems Pablo in dieser Disziplin nicht zu spaßen.

Selbst in entspannter Atmosphäre konnte sich ihm keiner von uns nähern, ohne damit rechnen zu müssen, gebissen zu werden. Dafür war er leicht ablenkbar – ein hoppelnder Hase am Horizont, und die Spurensuche wäre für Pablo zumindest vorübergehend gelaufen. Und eine Prüfung damit endgültig. Am zuverlässigsten erschien mir Labrador Medo. Aber der musste auch nur Rauschgift suchen, und darin war er brillant.

Jan machte ein ernstes Gesicht.

„An dem abschließenden Test führt kein Weg vorbei.“

„So sind die Regeln“, nickte ich. „Aber da wir beide den Prüfer gut kennen, bin ich davon überzeugt, dass keiner der Aspiranten durchfallen wird.“ Ein Schalk blitzte in Jans Augen auf. Was bedeutete das? Es war doch vorgesehen, dass Charles White aus Sarajevo die Prüfung abnehmen würde. Ihm war ich persönlich noch nie begegnet. Der Schalk in Jans Augen verwandelte sich in ein breites Grinsen. „Charly hat eben angerufen. Er hat zu viel zu tun und schafft es nicht, nach Bihac zu kommen. Da ich in Schweden berechtigt bin, bei Prüfungen zu richten, hat er mir diese Aufgabe übertragen.“
Entgeistert starrte ich Jan an. Und dann grinste auch ich.
„Selbstverständlich bin ich ein strengerer Prüfer als Charly“, behauptete Jan. „Daran zweifle ich keine Sekunde“, erwiderte ich und fragte „und was ist mein Job bei der Prüfung?“ – „Na, du bist natürlich mein Assistent, was sonst?“
„Klar. Was sonst. Dass ich da nicht selber drauf gekommen bin!“ Feixend wie zwei Lausbuben, die etwas auszuhecken hatten, zogen wir uns in unser Büro zurück und bereiteten die Prüfungsbögen vor.

In der Nacht vor dem Stichtag schlief ich unruhig. Was, wenn Pablo lieber einem Kaninchen hinterherjagte, als der gelegten Fährte zu folgen? Oder Bruno zwar die Schutzdienstprüfung bestand, sein tollpatschiger Führer Bogdan ihm aber bei der Unterordnung so oft auf die Pfoten trat, bis der keine Lust mehr hatte, bei Fuß zu gehen? Auch wenn es Jan und mir nun überlassen blieb, wie eng oder weit wir die Prüfungsordnung auslegten, über gravierende Fehler durften wir nicht hinwegsehen.

Meine Sorgen waren überflüssig.

Am späten Nachmittag standen uns die zwölf Hundeführer erwartungsvoll gegenüber. Sie, respektive ihre Hunde, hatten sich durchwegs wacker geschlagen. Es war in keinem Fall nötig gewesen, ein oder gar beide Augen in irgendeiner Disziplin zuzudrücken. Jan und ich überreichten jedem Hundeführer guten Gewissens eine Urkunde, die bescheinigte, dass sein Tier ab sofort den Titel „Geprüfter Polizeidiensthund“ führte. Und ich war ziemlich stolz auf die Bande.

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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