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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 11

Das Fachkommissariat für Rauschgiftdelikte hatte den Mann schon lange im Visier. Er stand im Verdacht, den Markt mit hochreinem Heroin zu versorgen – zu rein, denn mit einer derartigen Konzentration des Stoffes hatten einige Süchtige nicht gerechnet. Im Vertrauen auf die handelsübliche Beimischung von Streckungsmitteln wie Paracetamol, Backpulver, Vitamin C oder gar Strychnin auf zwanzig bis dreißig Prozent Heroingehalt hatten sie sich ungewollt Überdosen gespritzt, die bei zwei von ihnen zur Atemlähmung und damit zum Tod führte. Ein weiterer lag seit seinem letzten „Schuss“ im Koma.

Woher stammt das Heroin?

Die verzweifelten Bemühungen der Kripo-Kollegen, dem Verdächtigen den Handel mit diesem brisanten Betäubungsmittel nachzuweisen, waren bisher ins Leere gelaufen. Wochenlang hatten sie ihn observiert, sogar sein Telefon abgehört, eigene Scheinkäufe versucht. Diesem Kerl war nicht beizukommen, er war einfach zu vorsichtig.  Bis gestern. Bei einer zufälligen Personenkontrolle am Hauptbahnhof hatte Kollegen der Inspektion Mitte ein Tütchen mit Marihuana, gerade ausreichend für einen Joint, bei ihm gefunden. „Eigenbedarf“, hatte er gesagt. Klar, was sonst. Aber das genügte dem Ermittlungsrichter, um im Zusammenhang mit dem bestehenden Verdacht einen Durchsuchungsbeschluss zu unterschreiben.

Eine Kontrolle am Bahnhof brachte die Polizisten auf die richtige Spur.

Eine erste heiße Spur

Ich wartete mit Buxi an meiner Seite sicherheitshalber einen Treppenabsatz unterhalb der Wohnungstüre, als einer der vier Kollegen in Zivil den Klingelknopf drückten. Irgendetwas rappelte in der Wohnung, was wohl den Glockenton darstellen sollte. Ansonsten blieb es ruhig. Kommentarlos holte Andy, einer der Kripobeamten, ein offenbar selbst gebasteltes, zweifach geknicktes Blech aus der Hosentasche und schob es in Höhe des Schlosses in den Türspalt. Mit einem leisen Klicken schwang die Türe auf. Wir lauschten mit angehaltenem Atem, für einen Augenblick herrschte absolute Stille.

Die Wohnung wird gestürmt

Dann nickten sich die Kollegen zu und stürmten mit „Polizei!“-Gebrüll die Wohnung. Buxi sprang bellend in die Leine, er wollte auch mitmachen! Aber ich hielt ihn zurück, hörte Türen schlagen und ein Glas auf dem Boden zerspringen. Wenige Sekunden später steckte Andy den Kopf heraus: „Kannst reinkommen, er ist nicht da. Niemand zuhause.“ Ich ließ mich von meinen hochmotivierten Hund die Stufen hinaufziehen, bremste ihn jedoch energisch vor der Wohnung. „Ich glaube, ihr kommt besser nochmal raus. Ich möchte nicht, dass euch mein Kollege hier mit dem Täter verwechselt.“ Buxi machte „Waff!“. Er musste immer das letzte Wort haben.

Auch die Kollegen waren bereit…

Buxi geht an die Arbeit

„Klar“, Andy kannte das Procedere: Zuerst sucht der Hund mit der Nase, danach wir manuell. Und wie die meisten Polizisten hatte er großen Respekt vor Diensthunden und hielt gehörigen Abstand zu Bux. „Aber pass’ auf, in der Küche ist uns was runter gefallen. Wir haben die Tür zugemacht. Nicht dass er sich seine Pfötchen verletzt.“ Ich musste schmunzeln, als sein Blick erstaunt auf Buxis Pranken fiel, die sich gespreizt in den Fußabstreifer stemmten. Etwas ungeduldig warteten die anderen hinter mir, als ich versuchte, Bux klar zu machen, dass es jetzt um „Gifti suchen“ und nicht um „Lumpen fangen“ ging. Es gelang mir nicht, seine anhaltende Körperspannung verriet es mir. Also ließ ich ihn in die Wohnung preschen und erst einmal Dampf ablassen.

Warum ließ er das Haschisch unbeachtet?

Unbeirrt galoppierte er an einem Sideboard im Flur vorbei, auf dem unübersehbar eine grüne Plastikschale in Form eines Hanfblattes stand. Das Stückchen Haschisch, das in deren Mitte lag, schien Bux nicht wahrgenommen zu haben. Oder interessierte es ihn nicht? Es dauerte keine Minute, bis er sämtliche offenen Räume der verhältnismäßig aufgeräumten Wohnung abgestöbert hatte.

Nun wurde er von selbst ruhiger und begann endlich, seine Geruchssensoren von Angstschweiß auf Drogen einzustellen. „Gifti“, ermunterte ich ihn zusätzlich, „such’ das Gifti!“ Wieder lief er an dem Schränkchen mit der Hanfblattnachbildung entlang, diesmal intensiv schnuppernd – aber ohne Reaktion! Was war nur los mit ihm? Während ich noch darüber grübelte, wies ich meine Hund mit ausladender Handbewegung an, im Wohnzimmer weiter zu suchen.

Das „Piece“ Haschisch ließ ich liegen, wo es war.

Mit deutlich hörbarem „Pf-pf-pf“ arbeitete sich Buxi systematisch durch den Raum, stieß schließlich die nur angelehnte Tür zum angrenzenden Schlafzimmer auf und verschwand darin. Merkwürdig, eigentlich suchte er wie immer, aber wonach? Haschisch schien es wohl nicht zu sein. Was lenkte meinen sonst so routinierten Drogenspürhund ab? Versteckte sich doch noch jemand in der Wohnung? Oder nahm seine trainierte Nase einen anderen Geruch wahr, den er für interessanter, vielleicht sogar als wichtiger empfand.

Werden die Ermittler Drogen im großen Stil finden?

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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