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Egon wird endlich stubenrein | Mitmach-Therapieplan

„Niemand kann Egon begrüßen, ohne dass er auf den Boden pinkelt. So war es wohl schon immer.“ Ausführlich berichtete Viviane in der HundeWelt über ihren Egon. Viele Menschen halten mangelnde Unsauberkeit für ein Trainingsproblem. Bei unterwürfigem Urinieren jedoch handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die ganz anders therapiert werden muss. Was unsere Experten Viviane erklärt haben, welche Erfahrungen sie haben und was sie ihr raten, findet ihr in der HundeWelt 8/22. Ergänzend dazu kommt hier unser Therapieplan …

Der Therapieplan gegen unterwürfiges Urinieren beim Begrüßen 

Die Ursache für unterwürfiges Urinieren beim Begrüßen ist in der Regel ein Trauma. Gerade kleine und sehr niedliche Hunde werden häufig ungefragt von Fremden angefasst und gestreichelt, das kann bei Ihnen zu unkontrollierter Angst führen. 

  1. Kein Fremder fasst den Hund an oder beugt sich zu ihm runter. Der Einzige, der den Hund anfasst, bist du. Beugt sich also jemand herunter, tritt ihm in den Weg. Blockiere ihn mit dem Körper ab, indem du dich zwischen deinen Hund und den anderen Menschen stellst. Du kannst auch die Arme als Block einsetzen. Dazu ein deutliches Abbruchsignal für den Menschen (z.B. „Nein“, oder „Er möchte nicht gestreichelt werden“, oder erklärend „Er hat Angst“.) Ruhig mit etwas Körperspannung. Wichtig ist: dein Hund muss hören, fühlen und sehen, dass du ihn beschützt. 
  2. Übe es erst einmal mit einer freiwilligen Trainingsperson, bis du eine sichere und souveräne Art gefunden hat, deinen Hund zu beschützen. Am Besten übt ihr im Freien, das spart Putzarbeit.
  3. Atme tief aus, bevor du selbst deinen Hund begrüßt. Deine Körperbewegungen sind minimal, deine Stimme ruhig, leise und entspannt und weich.
  4. Du drehst dich seitlich zum Hund, nicht frontal vor ihn und gehst in die Knie. Dabei bleibt dein Oberkörper gerade. Keinesfalls beugst du dich nach vorne über deinen Hund, sondern eher von ihm weg. Du schaust an ihm vorbei und vermeidest den direkten Blickkontakt und lässt deine Hand in Kopfhöhe lose baumeln. 
  5. Warte, bis dein Hund die Nähe sucht. Um das zu beschleunigen, kannst du Leckerlis benutzen. Kommt dein Hund näher, kraule ihn unter dem Kinn. Vermeide es, ihn am Kopf oder Nacken anzufassen. 
  6. Am Anfang wird der Urin weiter fließen. Dein Ziel ist es, ihn so sanft und respektvoll zu begrüßen, dass er die Kontrolle behält. Bedenke das. Aus diesem Grund darfst du weder schimpfen, enttäuscht sein, oder genervt reagieren, wenn der Urin fließt. Erinnere dich, dass der Hund dieses Verhalten beim unterwürfigen Urinieren nicht unter Kontrolle hat. Er hat soviel Angst, dass er gerade den vollständigen Black-Out erlebt. Hier hilft nur Geduld und das richtige Putzmittel. Ihr schafft das schon. Du reagierst auf jeden Fall nicht, wenn ein Malheur passiert. 
  7. Geht häufig Gassi. Dein Hund kann eine fast leere Blase leichter kontrollieren, als eine prall gefüllte. 
  8. Hast du Familie? Dann müssen alle auf die gleiche Weise mit dem Hund umgehen. Je besser alle an einem Strang ziehen, desto effektiver überschreibt man im Gehirn des Hundes die alten Erfahrungen mit neuen.
  9. Ist dein Hund im Körbchen, wird er in Ruhe gelassen. Immer. 
  10. Kommt Besuch, schicke deinen Hund ins Körbchen und weise deinen Besuch an, den Hund zu ignorieren.
  11. Zeigen sich erste Erfolge, gebe deinem Besuch Leckerlis oder ein Spielzeug in die Hand. Sie sollen sich auf den Boden setzen, den Oberkörper aufgerichtet und die beiläufig, ohne direkten Blickkontakt dem Hund präsentieren. Er soll nicht gestreichelt werden. Dies ermutigt den Hund, seinen Bewegungsraum zu erweitern und zu lernen, mutig nach vorne zu gehen. Nicht erzwingen, es ist ungeheuer wichtig, dass der Hund diesen Entschluss ganz alleine fällt und sich aktiv entscheidet, Kontakt aufzunehmen. Es dauert solange, wie es dauert. 
  12. Mut kann man, wie bei Menschen auch, durch eine veränderte Körperhaltung erzielen. Hat dein Hund die Rute gesenkt? Dann hebe sie an und halte sie hoch. Beobachte, wie sich dein Hund dadurch verändert. Durch diese mutige Körperhaltung werden im Gehirn nämlich ganz andere Botenstoffe freigesetzt. 
  13. Übe mit deinem Hund das Spiel: „Schau mich an!“ Dazu nutzt du ein Leckerli und gehst folgendermaßen vor: 
  • Du zählst: „eins, zwei, drei – und fang.“ Bei „fang“ wirfst du ein Leckerli. Dein Hund wird erst einmal hinlaufen und es vom Boden aufnehmen. Wiederhole das Spiel mehrmals täglich für eine Minute. 
  • Irgendwann wird er mit Erwartung reagieren, sobald du anfängst zu zählen. Er wird deine Hand ansehen und beginnt, das Leckerli zu fangen. Du solltest es ihm aus so zuwerfen, dass es ihm ganz leicht fällt. 
  • Halte die Hand mit dem Leckerli nun immer höher. Irgendwann in Gesichtsnähe und dann zwischen deine Augen. 
  • Ist das geschafft und er schaut dir in die Augen, unterlegst du das mit einem neuen Befehl und sagst „ Schau“ und wirfst sofort das Leckerli. Viele Wiederholungen werden das festigen. So lernt dein Hund mutiges Verhalten.
  1. Nutze die Chance und wachse: werde zu dem Menschen, den dein Hund braucht. Ein stabiler Anker. Und das heißt: Du musst deine Gefühle im Griff haben. Schauspielern reicht nicht. Hunde lesen die Mikromimik des Gesichts und riechen deinen Adrenalin-Ausstoß. Was immer hilft: ausatmen und dabe die Hand auf den Brustkorb legen. Denke daran: die meisten Menschen bekommen nicht den Hund, den sie verdienen, sondern den, den sie brauchen. Sei dankbar, denn du hast die Chance, so nach und nach Charakterstärke zu entwickeln. Niemand wird damit geboren, wir erwerben sie im Laufe unseres Lebens. Manche tun das nie Du aber hast jetzt die Möglichkeit dazu und hältst so den Schlüssel zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Leben in der Hand. Wir empfehlen: die Mentaltrainigsserie von Heike Henkel in der HundeWelt. Die Olympionikin und Hundehalterin zeigt, wie du in stressigsten Momenten bei dir bleibst. 

Wir wünschen Euch alles Gute! Das Redaktionsteam der HundeWelt. 

P.S. Alle für alle: Arbeite an unserem Plan mit. Du hast Erfahrungen gemacht, mit denen du unseren Plan ergänzen kannst? Oder schneller ans Ziel gekommen bist? Dann schreibe uns und wir werden deine Erfahrungen in den Therapieplan integrieren. Denn gemeinsam kommen wir besser ans Ziel!

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