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So ignoriert er andere Hunde

Im optimalen Fall soll sich unser Hund anderen gegenüber zurückhaltend freundlich, bis neutral verhalten. Im Alltag beginnt das schon damit, dass der Nachbarshund am Zaun nicht laufend angekläfft wird. Auf dem Spaziergang möchten wir unsere Fellnase auch freilaufen lassen können, ohne dass diese sich in freundlicher oder unfreundlicher Absicht auf andere Hunde stürzt. Und im Hundesport soll sich unser Hund auf den Sport konzentrieren und weder andere Hunde zum Spielen auffordern, mit diesen über den Hundeplatz düsen oder gar aggressiv drauf losgehen, wenn gerade Training oder Prüfung angesagt ist. Aber wie schaffen wir das?

Ganz einfach ist das nicht, denn die Umgebung, wie andere Hundehalter, Freunde, Trainer und Vereinsmitglieder müssen das unterstützen. Sonst wird es für uns sehr schwer. Das ganze Training besteht aus drei Komponenten, die durchaus gleichzeitig trainiert werden können und sollen.

Komponente 1: Die Erwartungshaltung


Bei vielen Menschen beginnt die Erziehung des Welpen mit dem Besuch einer Welpengruppe. Das ist durchaus eine gute Sache. Allerdings passiert hier oft schon der erste Fehler. Du gehst mit deinem Welpen in die Hundeschule oder zum Verein, um die Welpengruppe zu besuchen. Du betrittst mit ihm den eingezäunten Platz und die Welpen dürfen spielen. Klar, die haben Spaß ohne Ende, zumindest bei einer Welpengruppe, die gut geführt ist und wo Mobbing unterbunden wird. Das machst du jetzt ein paar Wochen, ohne zwischendurch den Hundeplatz zu betreten. Was wird dein Hund lernen? Hundeplatz und andere Hunde heißt: Spielen, Toben, Rennen, einfach Spaß haben.
Du baust dadurch schon eine Erwartungshaltung im Hund auf, die oft sehr kurzfristig dazu führt, dass dein Hund beim Anblick eines Hundeplatzes mit anderen Hunden oder überhaupt beim Zusammentreffen mit anderen Hunden in Erregung gerät, weil er in der Erwartung ist, dass gleich Spielen und Toben beginnt. Gleichzeitig lernt der Hund, Gehorsam in Gegenwart anderer Hunde, ist nicht erforderlich. Damit schaffst du dir ein grundlegendes Problem:
Der Hund gerät in einen Zustand von positivem Stress, der von nun an das Lernen in dieser Situation erschwert bis unmöglich macht. Das heißt, du kannst auch nur sehr schwer entgegensteuern.

So geht’s richtig!

Welpen

sollen spielen und viel Kontakt mit anderen Hunden haben, aber sie sollen spielen, wenn du es möchtest bzw. erlaubst, und sie sollen auch wieder aufhören können zu spielen. In guten Welpengruppen wird nicht nur gespielt und gerannt, sondern zwischendrin werden auch grundlegende Kommandos und Verhalten trainiert, wie Sitz und Platz, Abrufen oder einfach mal entspannt an der Leine gehen.
Dass dies auch in Gegenwart von Hunden trainiert wird, mit denen vorher gespielt wurde, ist ganz wesentlich dafür, dass dein Hund lernt, dass andere Hunde nicht gleichbedeutend mit Spiel und Spaß sind.

Klassische Gebrauchshunderassen


Viele Hunde aus den klassischen Gebrauchshunderassen neigen dazu, bei zu viel positiver Erwartungshaltung regelrecht hochzudrehen und eine Art Suchtverhalten zu entwickeln, das sich nur noch schwer abtrainieren lässt.

Gerade bei diesen Hunden ist es wichtig, das Spiel zu beenden, wenn es zu wild und ausdauernd wird und sich abzeichnet, dass der Hund sich hinterher nicht mehr auf rudimentäres Training einlassen kann. Hier macht es Sinn, neben dem Welpenspiel auch separat zum reinen Training den Hundeplatz oder die Hundeschule zu besuchen, damit der Hund die Chance hat, zu lernen, dass Hundeplatz auch Ruhe, Gehorsam und Impulskontrolle bedeuten kann. Das kann auch durchaus schon mit 10 Wochen beginnen.

Komponente 2: Sozialisation


Das zweite Element zu einem entspannten Hund bei Hundebegegnungen ist die Sozialisation. Der Hund muss einfach lernen, die Körpersprache anderer Hunde, vor allem anderer Rassen als der eigenen zu verstehen und darauf zu reagieren. Dazu sind Welpenspielgruppen oder auch Junghundegruppen durchaus sinnvoll. Auch dort darf mal gespielt werden, sofern die jungen Hunde möchten.
Was auf keinen Fall erforderlich ist, und auch kontraproduktiv, wegen der Erwartungshaltung, die der junge Hund entwickelt, dass auf Spaziergängen mit jedem Hund, der einem begegnet, gespielt oder spaßige Begrüßungsrituale abgehalten werden.

Tipp


Wählt für euren Hund ein paar wenige Spielpartner aus, die der Hund regelmäßig sieht, sei es im Hundeverein, in der Nachbarschaft oder auf Spaziergängen, mit denen er dann auch mal spielen kann. Das reicht völlig. Es dämmt die Wahrscheinlichkeit ein, dass der Hund sich Flöhe einfängt, es reduziert das Risiko, dass Spiele mit anderen Hunden, womöglich deutlich älteren oder größeren doch in Streit und Stress umschlagen und es beugt der Erwartungshaltung eures Hundes vor, dass jeder Hund Spiel und Spaß bedeutet.

Ein Spiel unter Welpen, Junghunden und erwachsenen Hunden, das förderlich für eine gute Sozialisation ist, darf und sollte auch von den Hunden beendet werden dürfen.

Kontraproduktiv

ist es, wenn du deinen Hund immer wieder animieren musst mitzuspielen, wenn der Hund sich aus dem Spiel zurückzieht. Er hat seinen Grund, ist vielleicht überfordert oder müde oder mag die anderen Hunde oder deren Art zu spielen einfach nicht. Spielen sollte immer eine „Kann“-Option für den Hund sein, kein „Muss“. Und es ist auch völlig normal, wenn dein Hund ab einem bestimmten Alter nicht mehr spielen will. Manche spielen ihr Leben lang gerne, andere nicht mehr, wenn sie die Pubertät hinter sich haben.

Grenzen und Akzeptanz

Es muss gestattet sein, dass ein Hund auch einem anderen verbal und mit Körpersprache zu verstehen gibt, dass er etwas nicht möchte. Es gehört zur Sozialisation dazu, dass der andere auch lernt, das zu verstehen und zu akzeptieren. Erst wenn der andere es nicht versteht oder sich nicht danach richtet, muss jemand eingreifen. Das kann kein souveräner älterer Hund oder auch der Trainer oder Hundehalter sein. Ein zu frühes Eingreifen ist genauso ungünstig wie ein zu spätes. Das macht eine gute Hundespielgruppe aus.

Niemals Beute oder Spielzeug in Spielgruppen


In Spielgruppen für Welpen oder Junghunde sollte darauf geachtet werden, dass keine Spielzeuge, Beute, Zergel, etc. vorhanden sind, wenn Hunde dabei sind, die sehr beutefixiert sind. Natürlich gilt das auch für erwachsene Hunde. Das kann schnell in eine große Keilerei ausarten, wenn zwei oder mehr Hunde um die Beute konkurrieren. Es soll ja, sofern es um eine Sozialisation geht, auch darum gehen, dass die Hunde miteinander spielen und nicht sich gegenseitig die Beute streitig machen.

Komponente 3: Gehorsam


Die wichtigste Komponente ist der Gehorsam. Denn klappt das zuverlässig, lassen sich damit auch Mängel in den beiden anderen Komponenten ausgleichen. Wenn du es schaffst, dass ein Hund, der vielleicht aggressiv auf andere Hunde oder auch nur einen einzelnen reagiert, auch in dessen Anwesenheit noch auf dich hört, ist doch alles gut.
Kannst du deinen Hund für den Hundesport problemlos, sicher und zuverlässig in den „Arbeitsmodus“ versetzen? Sodass er andere Hunde ausblendet. Kannst du auch mit einem aggressiven Hund oder einem, der mit jedem Hund spielen möchte, problemlos Hundesport machen? Denn das eine ist für deinen Hund der Job, das andere Freizeit.


Wichtig

ist dabei, dass dein Hund von Anfang an lernt, dir auch in Gegenwart anderer Hunde seine Aufmerksamkeit zu widmen. Es muss sich für ihn lohnen und das Training muss Spaß machen sowie dem Hund Bedürfnisbefriedigung verschaffen. Wenn du mit einem Hund, der eigentlich rennen und sich bewegen will, nur Fußarbeit und Positionen auf der Stelle trainierst, kannst du in ihn vermutlich noch so viele Leckerchen reinschieben, er wird das Training nicht gut finden. Einen solchen Hund wirst du aber beim Agility und THS problemlos so beschäftigen können, dass ihm das Training Spaß macht.

Impulskontrolle


sollt ein wesentlicher Aspekt des Trainings sein. Wenn die anderen Hunde auf dem Platz zum Beispiel ihrem Spielzeug hinterherjagen, muss dein Hund in der Lage sein, das auszuhalten und dennoch zu hören. Bis das sitzt, solltest du deinen Hund im Training an einer Leine halten, damit er sich kein Erfolgserlebnis verschafft. Immer wenn dein Hund in solchen Situationen weiter mitarbeitet oder nach einem Hingucken zu den anderen Hunden wieder den Blickkontakt mit dir sucht, muss eine sehr hochwertige Bestätigung folgen. Dann lernt dein Hund auf Dauer, dass du interessanter als die anderen Hunde bist.
Erst wenn das klappt, macht es Sinn, echten Gehorsam, wie zum Beispiel eine längere Platzablage oder eine perfekte Fußarbeit, auch in Gegenwart anderer Hunde zu trainieren.

Autor und Fotos: Helma Spona

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