“Tiere lieben deine Zeit.” | Im Gespräch mit Hollywoods Tiertrainerin
Als Melissa Millett 1998 als Hobby begann, mit ihrem Hund Obedience zu trainieren, hätte sie selbst nicht gedacht, dass dieses Hobby sie einst nach Hollywood führen würde. Direkt zum Drehort des Horror-Highlights „Friedhof der Kuscheltiere“. Denn im Leben der alleinerziehenden Mutter galt es einige schwere Rückschläge zu verkraften. Doch Melissa hat es geschafft – wir hatten die Gelegenheit, mit der sympathischen jungen Frau zu sprechen.
Wie bist du zu der geworden, die du heute bist? Was brachte dich dazu, Tiere für Film und Fernsehen auszubilden?
Melissa Millett: Als kleines Mädchen liebte ich Tiere so sehr, dass ich noch nicht einmal auf eine Spinne trat. Ich würde es auch heute immer noch nicht tun! Ich fing 1998 an, Hunde auszubilden. Zunächst war es nur ein Hobby. Doch dann eröffnete ich schließlich meine eigene Schule als professionelle Hundetrainerin. Da ich das Tiertraining so sehr mochte, beendete ich einen 8-stündigen Trainingstag in der Hundeschule und ging dann nach Hause, um meinen eigenen Hunden stundenlang weitere kunstvolle Tricks beizubringen.
Um meine Hundeschule etwas bekannter zu machen, bot ich dann einem großen Festival in der Stadt eine Trickshow an. Durch diese allererste Show wurde ein Agent auf mich aufmerksam, der mich dann anrief. Nach und nach wuchs meine Trickshow, bis wir schließlich mit Hunden durchs Land reisten, die Seilchen sprangen, auf Händen gehen konnten, die Skateboard oder Roller fuhren, Klavier spielten und noch vieles mehr konnten.
Und dann wollte ich es wissen. Um meine Fähigkeiten zu testen, aber auch, um mich von der Masse abzuheben, entschloss ich mich, eine Bengalkatze namens Sashimi zu adoptieren, um mit ihr und den Hunden in der Show zu arbeiten. Es gibt nur sehr, sehr wenige Trickkatzen auf der Welt, die es schaffen, in einer solchen Umgebung zu reisen und aufzutreten! Und es gelang. Zu Sashimis Talenten gehört es, mit dem Roller zu fahren, auf meinem Kopf zu sitzen und durch die Arme zu springen. Als Kirk Jarrett, der seit 30 Jahren als Tierkoordinator für Film und Fernsehen arbeitet, nach einem Katzentrainer suchte, wurde er wegen Sashimi zu mir geschickt. Schließlich adoptierten wir 5 Tierheimkatzen und bildeten sie in nur zwei Monaten für den „Friedhof der Kuscheltiere“ aus!
Was waren deine größten Erfolge?
Melissa Millett: Der „Friedhof der Kuscheltiere“ war mit Abstand mein größter Erfolg. Die Katzen erhielten international große Bewunderung und Anerkennung für ihre Arbeit. Es war auch eine surreale Erfahrung, an diesen unglaublichen Sets mit Prominenten der A-Liste zu arbeiten.
Seitdem habe ich mich mit dem Tierkoordinator zusammengetan, um an einem Superbowl-Werbespot, einigen Netflix-Filmen, einer Warner-Brother-Serie und hochkarätigen Werbespots zu arbeiten.
Zwei meiner Lieblingserfolge für meine Trickhunde waren die Reisen durch Kanada für Ripleys „Believe it or Not“ und die Teilnahme meines tauben Rettungshundes Jellybean am Halbfinale des Facebook-Wettbewerbes „Worlds Most Amazing Dog“.
Gab es Rückschläge?
Melissa Millett: Es dauerte viele Jahre, um die Trickshow in das zu verwandeln, was ich mir vorgestellt hatte, was die Hunde, die Tricks und die Umstände betrifft. Gerade als ich das Gefühl hatte, dass meine Vision zum Leben erweckt wurde, wurde unser Auto auf Kanadas größtem Highway von einem Autobahn-Raser erfasst. Wir kamen gerade von einer Show heim, als der Unfall passierte. Fünf meiner geliebten Hunde entkamen aus ihren Transportkisten auf die Autobahn, drei Hunde liefen davon und wir haben nur zwei von ihnen bergen können. Einer dieser Hunde wurde auf der Autobahn getötet. Glücklicherweise war meine achtjährige Tochter in relativ guter Verfassung, und ich hatte immerhin das Glück, am Leben zu sein.
Während es unglaublich herausfordernd war, mein traumatisiertes Kind und meine Hunde als selbstständige alleinerziehende Mutter zu betreuen, war ich doch immer entschlossen, ein Comeback zu feiern, das vielleicht auch vielen anderen Menschen Mut machen würde. Drei Jahre später hatte ich mehr Hunde, ein besseres Display, kaufte einen Tourbus und fand mich in der Situation wieder, den „Friedhof der Kuscheltiere“ zu filmen! Ein großer Film mit meinem Lieblingsautor Stephen King.
Ich hatte das Glück, dass ich eine der Katzen behalten durfte, die die Katze Church im „Friedhof der Kuscheltiere“ spielt. Sie heißt Tonic und in den kommenden Jahren plane ich, vielleicht Motivationsreden zu halten, um anderen Menschen Mut zu machen, sich trotz aller Widrigkeiten nicht von ihrem Ziel abbringen zu lassen. Und dazu würde ich Tonic gerne mitnehmen.
Wie viele Hunde besitzt du selbst?
Melissa Millett: Zur Zeit habe ich sieben Hunde; drei Boston Terrier, einen Labrador Retriever, einen Rattler, einen Australian Cattle Dog, einen Texas Heeler. In Kürze kommt ein Border Collie Welpe dazu. Und die beiden Katzen, die glauben, dass sie in Wirklichkeit Hunde sind. Sashimi die Bengalkatze und Tonic, die die Church im Friedhof der Kuscheltiere spielte.
Ein deutscher Filmtiertrainer hat mir mal erzählt, dass er gerne mit leisen Tieren arbeitet. Sie seien seiner Meinung nach oft die Klügeren. Was suchst du bei einem Tier?
Melissa Millett: Ich suche ein Tier, das motiviert ist, für Essen oder ein Spielzeug zu arbeiten, und das geistige Anregung genießt. Genau die Tiere, die unendliche Energie haben und die die Menschen als Haustiere geradezu verrückt machen, sind in Wahrheit sehr lustig und perfekt geeignet für Liveshows. Filme hingegen erfordern viel Inaktivität und ein ruhiges Tier würde in dieser Umgebung sicherlich besser abschneiden.
Im „Friedhof der Kuscheltiere“ war Leo die ruhige Katze. Er hat eine erstaunliche Ausdauer und war der Spezialist für lange Blicke. Tonic war die vielbeschäftigte Actionkatze, die man zu Beginn des Films sieht. Jede Katze konnte ihre Stärken nutzen, um den Charakter zum Leben zu erwecken.
Ich trainiere sehr gerne mehrere Tiere. Man kann sich das ähnlich vorstellen, wie das Training einer Sportmannschaft. Sie lernen das gesamte Team kennen und nutzen jedes Mitglied für sich, je nach seinen Stärken. In zwei Wochen bekomme ich einen kleinen Border Collie Welpen und die Züchterin wählt die Hunde nach Temperament aus, da sie sieht, wie sich die Persönlichkeiten entwickeln. Ich bin zwischen “Gib mir die Stille!” Und “Nimm die Verrückte!” hin und her geschwankt. Ich liebe sie alle!
Nach meiner Erfahrung sind gute Tiertrainer eine ganz besondere Art von Menschen. Und zwar mit einer Kombination aus Einfühlungsvermögen, Geduld und Mut. Welche deiner Stärken setzt du beim Training der Tiere ein?
Melissa Millett: Zunächst einmal: mit den Tieren arbeiten zu können ist für mich mein absoluter Traum! Ich könnte mit meiner Karriere nicht glücklicher sein! Ich sehe folgende Stärken:
Kommunikation: Du musst in der Lage sein, das Verhalten, das du deinem Tier beizubringen versuchst, effektiv zu kommunizieren und dein Tier zu lesen, um festzustellen, ob es verwirrt ist und zusätzliche Klarheit einfordert. Es macht allen Tieren Spaß, wenn sie ihren Lehrer verstehen und sie alle sind frustriert, wenn sie scheitern. Bei dem Aufbau eines Tricks benötige ich für jeden Schritt eine Erfolgsquote von 80%, bevor der Schwierigkeitsgrad zunimmt.
Kreativität: In Filmen bringen wir verschiedenen Persönlichkeiten einige ziemlich einzigartige Verhaltensweisen bei. Du musst in der Lage sein, Ideen zu entwickeln, wie du das kommunizieren kannst, was du unterrichten möchtest.
Welche Eigenschaften mögen Hunde deiner Meinung nach am meisten an Menschen?
Melissa Millett: Sie schätzen ihre Zeit! Hunde lieben es, mit Menschen zu arbeiten und Aktivitäten durchzuführen. Sie lieben die geistige Anregung, einen Job oder einen Zweck zu haben. Hundesport ist eine großartige Möglichkeit, Haustiere auszulasten. Obedience, Apportierarbeit, Tricks, Wandern usw.
Liebe Melissa, vielen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Fotos: Melissa Millett/Universal Pictures Germany
Melissa Millett begann 1988 mit dem Obediencetraining. Seit 1998 bildet sie Hunde aus und hat es bis nach Hollywood geschafft. Die Tricks ihrer Katzen und Hunde sind in vielen bekannten Filmen zu sehen.
Dieses Interview stammt aus der HundeWelt.