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Spezielles Futter für Sporthunde? | Interview

Wir alle wollen unsere vierbeinigen Sportpartner bestmöglich unterstützen. Die Fütterung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Denn nur wer bedarfsgerecht ernährt ist, verfügt auch über die nötige Vitalität und ist in der Lage, sein Potenzial zu entfalten. Doch muss man wirklich so weit gehen, dass für jede Sportart ein spezielles Futter gegeben muss? Wie wichtig ist es, dass Sporthundhalter den Bedarf ihres Hundes für die entsprechende Sportart richtig einschätzen können? Darüber sprachen wir mit Tierärztin und Ernährungsexpertin Dr. med. vet. Katja Sauer.

Wie ist Ihre Erfahrung: Schätzen sportlich aktive Hundehalter den Bedarf ihres Tieres richtig ein? 

Zugegeben, die Futterindustrie macht es sportlich aktiven Hundehaltern in dem Punkt nicht ganz leicht. Es werden Futter für sportliche Hunde mit den Zusätzen „Fit“, „Active“ oder „Sport“ angeboten, da fühlt man sich als Sporthundehalter natürlich gleich angesprochen. In aller Regel verfügen diese Futtermittel vor allem über einen erhöhten Energiegehalt gegenüber „normalem“ Fertigfutter.

Wenn ich aber zweimal pro Woche mit meinem Hund für eine Stunde oder auch zwei auf den Hundeplatz gehe und für den Spaß und die Hund-Mensch-Beziehung ein wenig Sport treibe, dann verbraucht das nicht so viele Kalorien, dass ich die ganze Woche über ungestraft ein solches Futter geben kann. Das, was das Tier dabei verbraucht, fällt im wahrsten Sinne des Wortes nicht ins Gewicht, der Hund ist ja von Natur aus auf Bewegung ausgelegt, auch, wenn viele unserer Vierbeiner inzwischen diesbezüglich unterbeschäftigt sind. Deswegen haben wir ja auch einen besorgniserregenden Anteil von mindestens 40% übergewichtigen Hunden. Solche Futtermittel gilt es mit Bedacht und Weitsicht einzusetzen.

Für welche Hunde ist denn ein solches Futter angebracht?

Auf jeden Fall für Arbeitshunde, die jeden Tag erhöhte körperliche Aktivität bringen müssen – Polizeidiensthunde und Hütehunde beispielsweise. Bei Diensthunden geht man von einer Steigerung des Energieumsatzes um 1,4, bei Hüte- und Jagdhunden von einem verdoppelten Energiebedarf aus. Aber auch im Sportbereich gibt es natürlich Tiere, die tatsächlich aufgrund der sportlichen Belastung einen erhöhten Energieumsatz haben. Ein Extrembeispiel sind Schlittenhunde. Sie sind neben der körperlichen Beanspruchung auch noch tiefen Temperaturen ausgesetzt und brauchen ein Hochenergiefutter. Grob geschätzt haben sie den drei- bis vierfachen Energiebedarf wie ein ganz normal aktiver Hund, das kann man mit einem üblichen Futter natürlich gar nicht mehr abdecken. Wer im Bereich der üblichen Hundesportarten sehr intensiv mit seinem Tier trainiert, mehrere Stunden pro Woche und dazu am Wochenende noch ein Turnier, der wird auch dafür sorgen müssen, dass ein Mehr an Energie zugeführt wird. Allein Anspannung, Stress und Konzentration verbrauchen da ja einiges.

Sporthunde können bessere Leistungen bringen, wenn sie auch die Möglichkeit haben, Energie aus Kohlenhydraten zu gewinnen.

Nun ist es ja nicht nur die Energie, die zählt. Braucht nicht ein Agility-Hund anderes Futter als einer, der in Obedience trainiert wird?

Grundsätzlich ist das so. Bei Agility haben wir sehr kurzfristige, starke Belastungen – in extremer Ausprägung finden wir das übrigens bei Hunderennen. Diese Tiere brauchen schnell verfügbare Energie aus Kohlenhydraten, also Reis oder Nudeln. Allerdings betrifft das tatsächlich nur die Turniersituation. Sobald die Anstrengung über mehrere Minuten anhält, und das dürfte im Training ja so gut wie immer der Fall sein, profitiert auch der Körper eines Agility-Hundes eher von Fettsäuren, aus denen der Körper nach der Blutzucker verbrauchenden Anfangsphase der Anstrengung seine Energie gewinnt. Das bedeutet: Je mehr eine Sportart hin zum Ausdauerbereich geht, je länger die Belastung andauert, wie es vor allem bei Obedience oder Mantrailing zu erwarten ist, desto höher würde ich den Fettanteil des Futters wählen. 

Braucht ein Agility-Hund anderes Futter als einer, der im Obedience aktiv ist?

Und auf Kohlenhydrate verzichten?

Nicht ganz. Ich halte einen Kohlenhydratanteil von 10 bis 20%, je nach Ausprägung der Sportart, also für Agility etwas mehr, für Ausdauerhunde etwas weniger, für extrem wichtig. Man kann Hunde natürlich mit reinem Dosenfleisch und etwas Gemüse für den Ballaststoffanteil ernähren oder Barfen, ohne gekochte Kohlenhydrate oder Getreideflocken dazu zu geben. Die Ernährungsphysiologie legt aber nahe, dass Sporthunde bessere Leistungen bringen können, wenn sie auch die Möglichkeit haben, Energie aus Kohlenhydraten zu gewinnen. 

Lässt sich daraus schlussfolgern, dass man gesunde Sporthunde nicht getreidefrei ernähren sollte?

Wenn das Tier nicht gerade unter einer Allergie gegen Getreide leidet, ist das eine absolut sinnvolle Energiequelle. Man sollte natürlich eine für den Hund gut nutzbare Form wählen, wie eben Nudeln oder Haferflocken, die eine hohe Verdaulichkeit aufweisen und den Körper nicht mit Unnötigem belasten. Eine hoch energiereiche Alternative sind Maisflocken.

Wie sieht es mit den Proteinen aus?

Eiweiß ist wichtig für den Muskelaufbau. Sporthunde benötigen deshalb hochwertige und hochverdauliche Eiweiße, speziell Fleisch und Milchprodukte. Da gibt es auch keine Unterschiede in der Fütterung der einzelnen Disziplinen. 

Bei Agility haben wir sehr kurzfristige, starke Belastungen. Diese Tiere brauchen schnell verfügbare Energie aus Kohlenhydraten.

Viele Hundesportler stellen sich die Frage: Fertigfuttermittel oder Rohfütterung? Kann man unter Leistungsaspekten hierzu eine Aussage treffen?

Die Rohfütterung ist eine Möglichkeit, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn Sie sich aber für ein hochwertiges Fertigfutter entscheiden, dann können Sie auf der Deklarationsliste nachvollziehen, welche tierischen Proteine darin enthalten sind. Von tierischen Nebenerzeugnissen werden Sie da höchstens minimale Anteile finden, dafür die Prozentangaben für das enthaltene Muskelfleisch und die Innereien. Damit bekommt der Hund ebenso gutes Eiweiß wie beim Barfen, bei dem man ebenfalls weitgehend auf bindegewebige und damit schwerer verdauliche Stücke verzichten sollte.

Gar nicht so selten hört man in der Sportlerszene, dass bei Fertigfuttermitteln das Eiweiß durch die Hitzebehandlung weniger wertvoll wird. Ist das ein Ammenmärchen oder gibt es einen wahren Hintergrund?

Die Verdaulichkeit des Eiweißes roher Bestandteile sinkt zum Beispiel bei Zugabe von gekochtem Getreide von 92% auf etwa 85% und liegt dann sogar unter der von gekochtem Fleisch. Das ist keine Katastrophe, sondern soll nur ein Beispiel dafür sein, welch verschiedene Faktoren bei der Eiweißverdauung mitspielen und dass roh nicht immer besser ist als gekocht. Sowohl Barf, wenn es auf ausgewogenen Rationen basiert, als auch gute Fertigfutter sind gute Alternativen für eine ideale Eiweißversorgung des Sporthundes.

Was sollte noch im Futter vorhanden sein, speziell für welche Hunde welcher Sportarten?

Auf jeden Fall essenzielle Fettsäuren, am besten aus Fischöl, zur besseren Regeneration der kleinen Entzündungen, die stets nach intensivem Training an den Mikroschädigungen in der Muskulatur entstehen. Es gibt eine Studie, die einen positiven Effekt von Carnitin für den Energiestoffwechsel festgestellt haben will. Ein Plazeboeffekt ist hier nicht auszuschließen, aber deshalb findet man oft Carnitinzugaben bei Futter für sportlich aktive Hunde, und schaden wird es wohl nicht. Außerdem sollte man darauf achten, dass bei relativ fettreichen Rationen, und diese hat man im Sportbereich definitiv, ausreichend Vitamin E und Selen enthalten sind, beim Selen jedoch nicht mehr als 0,5 mg pro 100 Gramm Futtertrockensubstanz. Das alles gilt sportartübergreifend für alle Sporthunde – da gibt es keine Unterschiede.

Dr. med. vet. Katja Sauer studierte Tiermedizin in Gießen. Danach erfolgte eine Spezialisierung auf Kleintiere in mehreren Kliniken und Praxen mit verschiedenen Schwerpunkten, darunter Chirurgie, innere Erkrankungen und Ernährung. Sie ist Buchautorin und freie Journalistin im Bereich Tiergesundheit.

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