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So trainiert man scheinbar hoffnungslose Fälle

Alle anderen apportieren schon, und man selber diskutiert mit seinem Hund noch das Fuß-Gehen! Da macht sich schnell Frust breit. Spätzünder brauchen besonderes Training.

Hunde sind Hunde

Warum sollte ein Hund so klug sein? „Seine Entwicklung ist so eng mit dem Menschen verknüpft, aber dennoch lässt er alles geistig Anspruchsvolle von seinem Menschen erledigen“, sagen die Psychologen Stephen Lea und Britta Osthaus. Sie verglichen die Studien zur Hunde-intelligenz mit dem IQ von unter anderem Wölfen, Delfinen, Schimpansen, Pferden, Brieftauben und natürlich Katzen. Die Hunde schafften es gerade einmal ins Mittelfeld. „Fast alles, was ihnen an kognitiven Fähigkeiten nachgesagt wird, können andere Tiere auch“, sagt Lea.


So ist die Taube dem Hund beim assoziativen Lernen, also dem Erkennen von Zusammenhängen, weit überlegen. Seine Stärke liegt im Erkennen von menschlichen Gesichtern. Aber das können Schafe, Tauben und Schimpansen genauso gut. Und menschliche Stimmen unterscheiden? „Katzen beherrschen das auch“, betont Lea. „Doch sie reagieren nicht unbedingt so darauf, wie es sich der Mensch von ihnen wünscht.“ Katzen halt. Aber wie ist es denn, wenn Mimik und Stimme nicht zueinander passen? Das findet unser Lügendetektor Hund doch schnell heraus. Pferde können es aber auch, fand eine japanische Studie heraus. Beim Orientierungssinn wird unser Vierbeiner von den Brieftauben übertroffen, und beim Gebrauch von Werkzeugen von Schimpansen, Tauben, Seeottern und Delfinen.

Hunde sind keine geborenen Überflieger. „Hunde sind Hunde“, betont Britta Osthaus. „Wir sollten in ihnen nicht mehr sehen, als sie sind, sondern vielmehr auf ihre tatsächlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse eingehen.“

In der Ruhe liegt die Kraft

Gegen „langsam denken“ hilft nur „langsam lernen lassen“. Viele Hundehalter machen den Fehler, zu schnell zu viel zu wollen. Dieser Ehrgeiz kann so manchen Hund schnell überfordern. Und wer überfordert ist, schränkt die Kooperationsbereitschaft naturgemäß recht schnell ein. Da hilft es nur, das tägliche Training in mehrere, mitunter sehr kurze Übungseinheiten aufzuteilen.

Ein wenig Schauspielerei

Mag der Hund das Apportel gar nicht holen, hilft es, dieses für den Hund absolut interessant zu machen. Der Hund muss denken, dass das Apportel für den Menschen das Wichtigste auf der Welt ist – so kann durchaus die Motivation und Suchleidenschaft gesteigert oder gar geweckt werden.

Muss es wirklich perfekt sein?

Und beim „Bei-Fuß-Gehen“ darf man auch mal Fünfe gerade sein lassen. Muss der Hund tatsächlich exakt bei Fuß gehen oder reicht auch Gehen an entspannter Leine? Manchmal hilft es, die eigenen – oft egoistischen – Ansprüche etwas runter zu schrauben.

Ursachen finden

Kann mein Hund bei allen Unternehmungen problemlos dabei sein? Wie sehen Spaziergänge aus? Wie ist sein Verhalten zu Hause? Wie geht er an der Leine? Es macht Sinn, das Problem zu benennen und möglichst auch die Ursache heraus zu finden. Manchmal hilft es auch, das problematische Verhalten zu filmen. Schaut man sich die Aufnahmen später an, findet man vielleicht eine Ursache, an die man vorher gar nicht gedacht hat. Einmal haben wir eine solche Aufnahme gemacht, weil der Hund einfach nicht gut Fuß ging. Erst auf den Aufnahmen haben wir gesehen, dass der Reißverschluss der offenstehenden Jacke immer wieder Richtung Hundegesicht flog. Natürlich wich der Vierbeiner dann zur Seite. Solche scheinbaren Kleinigkeiten fallen einem im Eifer des Augenblicks oft nicht auf, auf den Videoaufnahmen jedoch sind sie deutlich erkennbar.

Letzte Möglichkeit: Wir drehen alles um

Ist die Situation verfahren, der Mensch genervt und der Hund vollkommen verunsichert, ist Lernen kaum noch möglich. Um den Druck herauszunehmen, hilft es, die Perspektive zu ändern. Der Trainingsweg wird von hinten nach vorne aufgearbeitet. Das geht z.B. folgendermaßen:
Ziel: Der Hund soll einen Ball apportieren.

  1. Schritt: Der Ball liegt auf der Erde. Der Hund schaut Richtung Ball und wird durch Lob, Clicker oder Leckerli verstärkt. Das wird wiederholt.
  2. Schritt: Der Hund nähert sich dem Ball. Wieder Lob, Clicker oder Leckerli.
  3. Schritt: Der Hund beschnuppert den Ball und wird wieder bestätigt.
  4. Schritt: Er nimmt den Ball ins Maul und wird bestätigt. Usw.
  5. Schritt: Er nimmt den Ball ins Maul und bringt ihn zu seinem Menschen. Und wird natürlich wieder bestätigt.

Der Hund erarbeitet sich so seinen Lösungsweg. Dadurch, dass wir in kleinen Schritten vorgehen und ausgiebig loben, bleibt er motiviert. Und der Mensch bleibt geduldig, weil er nicht mehr das Ziel der Übung vor Augen hat, sondern sich mehr auf den Prozess fokussiert.

Foto: AdobeStock/ Justyna


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