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Mit Pfiff zum Erfolg

Jetzt mal ehrlich – hört dein Hund wirklich immer und sofort? Wenn nicht, dann mag es vielleicht daran liegen, dass du zu viel redest. Das ist menschlich – und eben nicht hundlich. Doch sei unbesorgt, denn hier kommt die rettende Idee. Lies, wie es dem Hundetrainer Udo Ingenbrand am Anfang nämlich ganz genau so erging. Dann stellte er um. Von Stimme auf Pfeife. Mit dem dann folgenden Erfolg, hatte er selbst nicht gerechnet…

Herr Ingenbrand, wie entstand die Idee, mit der Pfeife zu arbeiten?

Udo Ingenbrand: Mein erster Hund war ein Dalmatiner, und bei ihm funktionierte der Rückruf ohne Probleme. Als mein Dalmatiner 8 Jahre alt war, bekam ich meinen zweiten Hund, und zwar einen Labrador, bei diesem der Rückruf nicht wirklich gut funktionieren wollte. Ich wusste, irgendetwas musste ich ändern. So kam ich mehr durch Zufall zur Hundepfeife und konditionierte meinen Hund auf diese Pfeife, da ich unbedingt vermeiden wollte, dass ich meinem Vierbeiner immer öfter und immer lauter hinterher rufen muss, um dann doch von ihm ignoriert zu werden. Und ich begann mit diesem Training.

Als das dann mit meinem Hund so richtig gut funktioniert hat, ersetzte ich kurzer Hand noch die Kommandos „Sitz“ und „Platz“ durch zwei weitere Pfiffe. Da ich aus meiner Arbeit als ehrenamtlicher Hundetrainer weiß, dass der zuverlässige Rückruf ein weit verbreitetes Problem ist, rief ich in diesem Verein einen Kurs ins Leben, um anderen Hundehaltern das Training näher zu bringen. Die Übungsstunden waren stets gut besucht, und das Training war ein voller Erfolg.

Warum funktioniert die Pfeife und das Kommando nicht?

Udo Ingenbrand: Ich möchte nicht pauschal sagen das, das verbale Kommando „Hier“ oder der Name des Hundes nicht funktioniert, aber ich kenne sehr viele Mensch-Hund-Teams bei denen diese Kommandos schon derart abgenutzt waren, das es sinnvoller war das Rückrufkommando durch ein Rückrufpfiff zu ersetzen. Mit meiner Stimme transportiere ich oft sehr schnell Emotionen, wie Panik, Angst und Wut, was unsere Vierbeiner natürlich sofort spüren und sie dann nicht unbedingt dazu veranlassen zu uns zu kommen. Die Pfeife hingegen ist emotionslos und klingt immer gleich.

Das ist einleuchtend. Nun kennt mein Hund keine Pfeife – wie fange ich dann am besten an?

Udo Ingenbrand: Ich empfehle mit dem Training zu Hause zu beginnen, dort kennt der Hund alles und die eigenen vier Wände sind nicht mehr spannend und vor allem sind sie reizarm.

Ich nutze zum Einstieg in das Training die Fütterungszeiten, die ich auf mehrere Fütterungen aufteile. Schon das Knistern der Futtertüte hat schon jeden Vierbeiner dazu bewegt zu kommen – Und genau das ist der magische Moment, in dem die Hundepfeife das erste Mal zum Einsatz kommt, und zwar genau dann, während der Hund noch auf dem Weg zu uns ist.

Der nächste Schritt wäre dann, in den Garten zu gehen. Dort ist mehr Ablenkung. Auch dort wird gepfiffen und belohnt. Erst wenn das sicher funktioniert, dann folgt das Training in ablenkungsfreier Umgebung draußen. Aber mit der 10 Meter-Schleppleine. Hört er dann nicht auf den Pfiff, dann drehe ich mich um, ohne nochmal zu pfeifen und gehe in die andere Richtung. Ich nehme den Hund also einfach mit und wenn er dann kommt, dann wird er belohnt, auch wenn ich ihn eigentlich mitgenommen habe.

Und wenn er nicht kommt?

Udo Ingenbrand: Die Kunst der Ausbildung liegt darin, dafür zu sorgen, dass genau das nicht passiert. Konkret bedeutet das folgendes: Ist der Hund ohne Schleppleine unterwegs und er ist schon im Ansatz, zu einem Artgenossen zu laufen oder durch andere Umweltreize abgelenkt, verzichte ich auf die Pfeife beziehungsweise auf den Pfiff, um zu vermeiden, dass mein Hund den Pfiff ignoriert. Würde das nämlich mehrfach passieren, ist der Pfiff genauso schnell abgenutzt, wie das gesprochene Kommando. Das kann man erst dann machen, wenn der Pfiff gefestigt ist.

Es ist zweifellos wesentlich, das Kommando gründlich auszubauen und zu festigen. Solange, bis der Körper des Hundes quasi automatisch auf den Pfiff reagiert und der Hund ohne zu zögern bei jedem Pfiff sofort zurückkommt. Dazu muss man die Ablenkung allmählich steigern.

Wie lange dauert das Training?

Udo Ingenbrand: Bei meinem Hund habe ich in etwa 8 Wochen gebraucht, dann hat es funktioniert. Unter der Voraussetzung, dass täglich geübt wird. Man baut das Training am besten in den Alltag ein. Immer mal wieder, Pfiff und Belohnung. Hat der Hund das Grundprinzip verstanden, lässt sich das Training fortführen. Ich habe wie schon erwähnt nicht nur den „Hier“-Pfiff konditioniert, sondern auch einen Pfiff, damit der Hund sich setzt oder hinlegt und das auch auf Distanz. Das macht zum Beispiel dann Sinn, wenn man sieht, dass Fahrradfahrer kommen und der Hund ihnen ins Rad laufen könnte. Das war schwieriger und muss deshalb Schritt für Schritt aufgebaut werden. Fast alle Hunde haben dazu geneigt, erst mal zum Hundeführer zurück zu kommen.

Das Beste daran ist, dass die Hunde Spaß daran haben – und dass sich die Hunde und ihre Halter viel näher kommen. Die meisten Hunde genießen es richtig, von ihren Menschen klare Anweisungen zu bekommen. Gerade die Halter, die viel mit ihren Hunden reden, überfordern die Tiere – und beschweren sich dann, dass diese nicht hören würden. Die Arbeit mit der Hundepfeife kann alles ändern. Die Hunde sind glücklich, weil sie ihren Menschen besser verstehen und die Menschen sind glücklich, weil ihr Hund ihnen auf einmal Aufmerksamkeit schenkt und sie erstmals eine richtige Verbindung herstellen können.

Zum Weiterlesen: Hat es Euch gepackt, liebe Leserinnen und Leser? Dann gibt es hier mehr von Udo Ingenbrand zum Weiterlesen: “Hundetraining mit Pfiff”, Erziehung mit der Hundepfeife.

ISBN 978-3-8001-8377-7 Euro 16,90

Sehr geehrter Herr Ingenbrand, vielen Dank für das Gespräch.

Udo Ingenbrand, Jahrgang 1970, ist seit fast 15 Jahren in Begleitung von Hunden anzutreffen. Aktuell teilt er sein Leben mit zwei Labradoren, der 4 Jahre alten blonden Gladys und der kleinen Lotte, einem 15 Wochen alten schokobraunen Labbiwelpen, die den Pfiff natürlich von klein auf lernt. Der erfahrene Hundeausbilder arbeitet seit gut 10 Jahren mit Hunden und war davon mehrere Jahre als ehrenamtlicher Hundetrainer für die Basisausbildung im Verein tätig.


Dieses Interview stammt aus der HundeWelt.

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