Personal-Trainer | Mein Weg an die Macht (12)
Um zu sehen, ob sich Ian als Zweibein-Ausbilder eignete, ließ ich ihn beim Türklingeln vor.
Mein Bruder fuhr das volle Programm ab: überrascht hochspringen, zum Eingang laufen, Buckel machen und knurren wie ein Hund.
Als er den mobilen Tierarzt erkannte, verschwand er zackig unterm Bett. Schwaches Bild, Dünnbrettkratzer. Taktisch aber nicht ungeschickt. Mangels Masse packte mich der Arzt mit festem Griff und pikste mir seine lange silberne Kralle in den Buckel. Er nannte das »impfen«. Na, da habe ich ihn gleich zurück geimpft. Mit dem linken Reißzahn, direkt ins Handgelenk. Der Mensch hat nach einem »Tetanus« gebrüllt und ging ihn suchen. Hol’ ihn nur, ich habe keine Angst.
Da sich Ian als total unfähig erwies, trainierte ich das Personal selbst. Nach der Nullnummer mit der Maus musste von denen echt was kommen. Mir war bewusst, dass ich bei den beschränkten Fähigkeiten der Zweibeine nicht zu viel erwarten durfte. Ich musste mich in Geduld üben. Langsam, Schritt für Schritt, würden sie lernen, gute Sklaven zu sein. Ihnen fehlte nur der richtige Anreiz. Um sie zu motivieren, erlaubte ich ihnen, mein Fell anzufassen. Ich stand still, als Frauchen sich unbeholfen anpirschte. Sie durfte ihre Hand auf meinen Kopf legen und mich am Ohr streicheln. Aus Spaß habe ich leise geschnurrt.
Natürlich übertrieb sie es gleich …
…und kraulte mich geschlagene zweieinhalb Sekunden lang. Kein Maß, die-se Dienstboten. Ich musste kurz nach ihrer Hand schlagen. Nett wie ich bin, habe ich die Krallen eingezogen. Seit-dem ist Frauchen so beseelt, dass sie ständig hinter mir herläuft, um meinen seidigen Pelz zu berühren. Dieses Kuschelopfer ist voll auf Entzug. Gut so. Verknappung macht abhängig. Die ideale Ausgangsposition für meine nun folgenden Trainingslektionen.
Die Zweibein-Grundausbildung umfasst zunächst so simple Dinge wie stündliche Reinigung des Katzenklos 24/7, Türöffnen aufs erste Miau, intuitive Sitzplatz-Räumung, Spieleinheiten mit der Angel auf Pfotenwink und sofortige Bereitstellung von frischen Appetithäppchen in der Nacht. Dabei werde ich ihnen auch gleich die No-Go’s einhämmern. Da wären: Steck die Handyknipse weg, Mamarazzi! Vergiss die blöde Bürste! Finger weg von meinen Pfoten! Und vor allen Dingen: Störe nie eine schlafende Katzenagentin! Liebes Tagebuch, es wird Zeit. Ich muss los, die Welt retten.
Deine Katzenagentin Indy
Diese Serie ist erschienen im Magazin Our Cats.