Hunde-Spot im Kattegat
Dänemarks nördlichste Insel verspricht gemütliches Flair, abwechslungsreiche Natur und jede Menge Strand und Wasserspaß für Vierbeiner. Viele Gründe für Podenco-Mix Lana, mal in Skandinavien reinzuschnuppern.
Motor aus und aussteigen
Der Bauch der Fähre Margrete hat über 70 vollbepackte Autos zu verdauen, die Stoßstange an Stoßstange parken. Lana staunt und kriegt viel zu schnüffeln, denn schnell zeigt sich, Læsø, ausgesprochen: Läsö, ist nicht nur ein attraktives Naturreiseziel für gestresste Zweibeiner. Kaum ein Wagen, aus dem nicht lange Schnauzen und Knautschgesichter voller Vorfreude heraus hüpfen. Fröhlich treten sie mit ihren Menschen den kurzen Marsch in die beiden Hundesalons an Deck an, um die Fahrtzeit bis Vesterø Havn auf Læsø dösend am Wassernapf und mit Kaustangen totzuschlagen.
Gut zwei Stunden nach der Abfahrt im norddänischen Frederikshavn packen wir Koffer und Körbchen an unserem Ferienhaus aus. Ein typisch dänisches Holzhaus mit rotem Anstrich inmitten schattiger Kiefern und Birken, nur wenige Meter vom Strand entfernt. Unser neues Heim für eine Woche ist umgeben von einem großen Garten. Viel Arbeit für Lana, denn mehrere große Kaninchen, ein junges Reh und ein stattlicher Fasan, die sich als Co-Mieter der Hauswiese betrachten, wird die sechsjährigen Dame in dieser Woche mit Nachdruck immer wieder zum Verlassen auffordern müssen.
Wer in diesen turbulenten Zeiten Abstand sucht, schafft es auf Læsø spielend, menschliche Begegnungen weitgehend zu umgehen und viel ungestörte Zeit mit seinem Hund zu verbringen. Denn die Insel präsentiert sich im Sommer mit seinen knapp 1.800 Einwohnern nordisch-gelassen. Und die verteilen sich auf über hundert Quadratkilometern Fläche. Schon diese beiden Zahlen geben eine Ahnung, wie groß die Ruhe-Wahrscheinlichkeit auf Dänemarks nördlichster Insel ist. Kein Nachtleben, keine Aqua-Parks, keine Einkaufszentren – dafür lange Sandstrände mit ausgedehnten Wattflächen, Sandbänken, Heideflächen, Dünen, kleinen Buchten mit Seehunden und schattigen Kiefernwälder. Ein riesiges Netz aus Wander- und Radwegen erschließt die Insel bis in den letzten Winkel und bieten Mensch und Hund die Möglichkeit, vieles zu entdecken. Knapp 2000 Sonnenstunden im Jahr machen Læsø zu einem der sonnigsten Plätze Dänemarks. Und auch der Regenschirm kann fast zuhause bleiben. Zehn bis 15 Prozent weniger Niederschlag als im Landesdurchschnitt verzeichnen Meteorologen. Trotzdem leben die Menschen auf Læsø gut und zufrieden von dem, was das Meer ihnen schenkt. Dazu gehören neben den Fischen Salz, Hummer und Seetang.
Dächer aus Seetang
Schon vor mehr als 300 Jahren wurde Seetang als Baumaterial für Dächer entdeckt. Seine Vorteile lagen auf der Hand: Er riecht nicht, ist widerstandsfähig und hat ideale Dämmeigenschaften. Heute sind es wieder mehrere Dutzend Häuser auf der Insel, die mit den Pflanzen aus dem Meer gedeckt sind. Das Wissen um dieses alte Handwerk war weitgehend verschwunden. Ein meisterhaftes Beispiel ist das Hedvigs Hus. In dem früheren Wohnhaus in Gammel Osterby ist heute ein kleines Heimatmuseum untergebracht. Aber das Dach ist der Star: Die wuchtige Pflanzenkonstruktion erinnert an die Pilzköpfe der Beatles und ist ein beliebtes Fotomotiv.
Vermutlich im 17. Jh. begannen Læsøs Frauen aus Seetang Baustoffe zu flechten, während die Männer auf dem Meer fischten. Ausschlaggebend war die blanke Not, denn Holz war Mangelware. Die zahlreichen Salzsiedereien der Insel rodeten die Wälder komplett ab. Die Siedekessel mussten ständig unter Feuer stehen, denn mit dem „Weißen Gold“ ließ sich gutes Geld verdienen. Bis es schließlich weit und breit keine Bäume mehr gab. Mit der systematischen Aufforstung begann man erst vor gut hundert Jahren. Das Resultat kann sich inzwischen sehen lassen. Die weiträumigen staatlichen Dünenbepflanzungen, „Klitplantage“ genannt, sind ökologisch extrem wertvoll für die Insel. Für Hündin Lana war dieses Kapitel eher langweilig. Vielmehr interessierte sie sich für den rund zehn Hektar großen Hundewald, der zur Klitplantage gehört. Das abgezäunte Gelände ist ein riesiger Abenteuerspielplatz für die vielen tierischen Urlaubsgäste.
Salzsieden im Freilichtmuseum
Mit dem Comeback des Waldes ist auch das Salzsieden wieder da. Wie das funktioniert, erfuhren Lana und wir im Freilichtmuseums Læsø Saltsyderi, wo auch Hunde ausdrücklich willkommen sind. Das weitläufige Gelände bietet viel Raum zum Umhergehen und Staunen. Man kann hier sogar selbst die Salzherstellung erlernen und Hand anlegen, ganz so wie im Mittelalter. Meerwasser wird dabei in riesigen Behältern langsam erhitzt. Um ein Kilo Salz zu gewinnen, verfeuern die Salzsieder 50 Kilo Kiefernholz, das ausschließlich in der dafür vorgesehenen Klitplantage unter nachhaltigen Gesichtspunkten gewonnen wird. Das Wasser verdampft allmählich und zurück bleibt reinstes Meersalz.
Zum Sieden kommt also nur so viel Holz zum Einsatz, wie das empfindliche Ökosystem der Insel verkraften kann. Natürlich hat das seinen Preis. Fast 40 Euro kostet das Kilo grobes Meersalz aus dem Kattegat.
Oft köchelt es dann im gleichen Kessel wie der Kaisergranat, eine weitere Spezialität, für die Læsø in ganz Dänemark bekannt ist. Jeden Tag ganz früh am Morgen kehren die Kutter von ihren Fischzügen in den Gewässern des Kattegat zurück und versorgen Restaurants und Geschäfte mit dieser leicht süßlich schmeckenden Hummerart. Uns Menschen hat er auch vorzüglich geschmeckt. Eine Kostprobe dieser Delikatesse fiel für Lana leider nicht unter den Tisch, da im ausgewählten Fischlokal Hunde nicht gestattet waren. Den Grund dafür: In ganz Dänemark ist das Mitbringen von Tieren in Restaurants aus hygienischen Gründen nicht erlaubt. Aber das ist kein Hindernis, um mit Hund an leckeren Fisch oder gar Hummer zu kommen. Dafür sorgt Mortens Fiskehandel am Fährhafen. Der tagesfrische Fang kann hier zum Selbermachen in der Ferienhausküche oder gleich frisch gebraten mit Pommes am nahen Strand verspeist werden. Vorteil für Lana: Ein oder zwei Pommes vielen dabei auch für sie „vom Teller“, denn im Urlaub muss auch Hund sich schließlich etwas gönnen.
Fazit
Lana hat es auf Læsø ausgezeichnet gefallen. Ein gemütliches Ferienhaus mit großem Garten zum Bewachen und auch im Sommer angenehme Temperaturen mit einer erfrischenden Brise haben ihr gutgetan. Viel Platz an einsamen Stränden, um auch mal ohne Leine einen typischen Podenco-Sprint hinzulegen, sorgten für jede Menge Spaß. Obwohl sie Wasserkontakt kritisch sieht, ließ sie sich gelegentlich immerhin zu einem kühlenden Pfotenbad im Meer hinreißen, womöglich um den Seehunden der örtlichen Kolonie zu imponieren. Bei den meisten Sehenswürdigkeiten, fast alles befindet sich draußen in der Natur, ist die Mitnahme von Hunden unkompliziert. Lediglich Speiselokale dürfen die Vierbeiner nicht betreten. Ansonsten traf Lana bei unseren langen Inselspaziergängen oft auf andere tierische Urlauber, was immer wieder zu ausgiebigem Beschnüffeln führte. Die Einreise nach Dänemark ist für Hundehalter unkompliziert, außer es handelt sich um eine in Dänemark verbotene Rasse (Siehe Infobox). Bis auf die obligatorische Tollwutimpfung ist keine Gesundheitsprophylaxe anzuzeigen. Die vielen Krankheitsfallen, die in den südlichen Ländern Europas lauern, fallen in Skandinavien weg. Da die Anreise aus vielen Regionen Deutschlands doch recht lang ist, in unserem Fall gut 1000 Kilometer, ist eine Zwischenübernachtung zu empfehlen, damit die Fahrstrapazen sich für die Tiere in Grenzen halten.
Wichtige Infos für den Dänemark-Urlaub:
Zur Einreise nach Dänemark sind folgende Dokumente obligatorisch:
- Ein Chip oder eine Tätowierung
- Der EU-Heimtierausweis
- Nachweis einer gültigen Tollwutimpfung
Folgende Hunderassen dürfen nicht oder lediglich für die Durchreise nach Dänemark eingeführt werden:
- Pit Bull Terrier
- Tosa Inu
- American Staffordshire Terrier
- Fila Brasileiro
- Dogo Argentino (argentinische Dogge)
- American Bulldog
- Boerboel
- Kangal
- Zentralasiatischer Owtscharka
- Kaukasischer Owtscharka
- Südrussischer Owtscharka
- Tornjak
- Šarplaninac
Hunde dieser Rassen könne von den Behörden konfisziert und schlimmstenfalls eingeschläfert werden, wenn der Halter die Abstammung nicht innerhalb einer bestimmten Frist nachweisen kann.
Dänisches Hundegesetz
Nach dem dänischen Hundegesetz sind Hunde einzuschläfern, wenn sie einen Menschen oder einen anderen Hund anfallen und ihnen Bissverletzungen zufügen.
Wenn ein Hund, der nach Dänemark im Urlaub mitgebracht wurde, einen Menschen oder einen anderen Hund beißt, ist es die Polizei, die konkret einschätzt und entscheidet, wie schwerwiegend die Bissverletzung ist, dass der Hund eingeschläfert werden muss. Der Hundebesitzer hat die Möglichkeit, das Hinzuziehen eines Hundesachverständigen zu verlangen. Die Umstände, unter denen der Biss zustande gekommen ist, müssen dabei in das Gutachten des Sachverständigen einfließen. Eine Reaktion, die sich im Rahmen der normalen Verhaltensweise eines Hundes befindet (beispielsweise ein Biss während des Spiels), wird der Sachverständige natürlich berücksichtigen.
Leinenregeln
An den Stränden besteht vom 1. April bis 30. September offiziell die Pflicht, den Hund an der Leine zu führen, in Wäldern ganzjährig.
Tipp: Alle aktuellen Regelungen unter Die dänische Hundegesetzgebung (um.dk)
Ein Reisebericht von Marco Wehr