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„Es ist doch nur ein Hund!”

Diesen Satz hörte ich, gepaart mit hochgezogenen Augenbrauen und gerümpfter Nase. Die Frau, die das zu mir sagte war früher einmal eine meiner Freundinnen. Danach war sie es nicht mehr. In diesem Artikel geht es um Sätze, die Freundschaften zerstören können, dem Umgang mit Trauer und die Frage, wie sehr man um seinen Hund weinen darf, so dass es offenbar noch sozialverträglich ist …

Ich weiß noch genau, wie fassungslos ich war, als ich diesen Satz hörte. Danach rauschte das Blut in meinen Ohren – und die ganze Leere in mir füllte sich auf einmal mit gleißender, heißer Wut. Was ich ihr gesagt habe? Ich weiß es nicht mehr. Aber ich habe sie aufgefordert, zu gehen, hab ihr mit tiefem Sarkasmus ein schönes Leben gewünscht, um danach die Tür so heftig hinter ihr zuzuknallen, dass ein Bild von der Wand fiel.

Ich war in Trauer

Mein Hund war gestorben. In der Nacht zuvor. Ich fand sie am Morgen. Sie lag auf dem Flurteppich, das Gesicht in Richtung Haustür. Sie war tot – ganz alleine gestorben. Sie sah friedlich aus – aber das half mir auch nichts. Wäre ich doch nur bei ihr gewesen – ich habe sie im Tod alleine gelassen. Es fühlte sich an wie Verrat. Sie war krank gewesen – und gestern, am Vorabend ihres Todes, war etwas Merkwürdiges passiert.

Ich lag schon im Bett, da kam sie hoch. Das hat sie in den letzten Monaten nicht mehr gemacht – die Arthrose war doch zu schmerzhaft. Sie lief zu mir hin und sah mich an. Minutenlang. „Was hast du denn, Schätzchen?“, hab ich gefragt. Sie sah mich weiter an, dann lief sie wieder runter. Das war das letzte Mal, das ich sie lebendig gesehen hatte. Heute glaube ich, dass sie ihn spürte, den herannahenden Tod. Und dass sie zu mir kam, ratlos – als wollte sie mir sagen: Da passiert etwas mit mir und ich weiß nicht, was es ist. So wie sie immer zu mir kam, wenn etwas neu und ungewohnt war. Aber ich habe es nicht verstanden.

Vermissen tue ich sie heute noch

Lange habe ich gebraucht, bis ich mir das verzeihen konnte. Vermissen tue ich sie heute noch. Denn sie war mein Schatten, immer an meiner Seite. Und da, wo sie früher war, irgendwo in den entfernteren Schichten meines Bewusstseins – da war auf einmal nichts. Ohne Hund bist du irgendwie amputiert – es fehlt ein Stück. Doch diese Gefühle verstehen wohl nur andere Hundehalter. Ich habe immer noch ein Foto von ihr bei mir und trage es mit mir herum. Doch durfte ich das überhaupt? Wie sehr darf man um ein Haustier trauern? In einer Kultur, die eigentlich über keinerlei Trauerkultur verfügt? Ich konnte mir das leider nicht aussuchen, wie sehr ich trauern wollte – ich war einfach drin. Und ich habe es gut überstanden, auch wenn meine Umwelt mit Unverständnis reagiert hat und möchte dir Mut machen, sich der Trauer zu öffnen.

Gut gemeinte Ratschläge und wahre Gefühle

Denn Menschen, die in Trauer sind, sind ihrer Umwelt oft unheimlich. Die Menschen in meiner Umgebung wollten ihr Leben möglichst glücklich weiterleben. Aber ich, ich konnte in diesem Moment ohne meinen Schmerz nicht sein. Diesen Schmerz aber mochten sie nicht. Ich sah betroffene und hilflose Gesichter und erhielt viele gutgemeinte Ratschläge, wie „Das geht schon vorbei“, „Das Leben geht weiter“, oder sogar „stell dich nicht so an“.

Menschen, die ihre Trauer verleugnen und wegsperren, schleppen sie auf andere Weise ein Leben lang mit sich herum.

Ich hatte vielleicht das Gefühl, dass ich die Anderen mit meinem Schmerz belästigte, aber ich konnte nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen und ich fühlte mich allein mit meinem Kummer. Es war doch nur ein Hund. Kauf dir doch einen Neuen – den Ratschlag habe ich auch oft gehört. Doch es wäre nicht fair gewesen – ich war noch nicht so weit. Menschen, die ihre Trauer verleugnen und wegsperren, schleppen sie auf andere Weise ein Leben lang mit sich herum. Nicht selten werden sie gefühlskalt – das ist nicht die beste Voraussetzung für ein Leben mit Hund. Denn da kommt es eben auf die Gefühle an.

Was mir geholfen hat

Was mir geholfen hat war ein Ritual. Ich habe sie einäschern lassen – ich konnte es nicht übers Herz bringen, sie einfach so abzugeben. Und dann habe ich sie anständig begraben – und es hat mir geholfen, alles zu einem friedvollen Abschluss zu bringen. Tag für Tag wurde es besser. Der ganze Prozess – er hat schon einige Wochen gedauert – aber dann war es auch gut. Ich habe mittlerweile einen neuen Hund. Ein fröhliches Tier – wir sind sehr glücklich zusammen. Ich wählte jedoch eine andere Rasse und habe mir ganz bewusst eine Züchterin ausgesucht, deren Hunde extrem langlebig waren. Aber das Bild meiner ersten Hündin ist immer noch in meiner Handtasche. Ich sehe es mir gerne an, ich denke gerne an sie – es war eine schöne Zeit mit ihr.

Der Name der Verfasserin ist der Redaktion bekannt.


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