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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 25

Sein verstorbener Hund Bux war ein Rauschgiftspürhund, doch Elma Heers junge Hündin Carina soll Sprengstoffspürhund werden. Nun müssen beide etwas Neues lernen.

„Was ist Sprengstoff?“

Carina hatte das Hunde-Abitur bestanden. Sie war nun geprüfter Schutzhund der Polizei. Jetzt, da Buxi nicht mehr bei uns war, schloss sie sich mir noch mehr an. Auch im täglichen Dienst wuchsen wir immer enger zusammen.

Carina fehlte aber noch die zusätzliche Spezialausbildung, das Studium sozusagen. Wieder zum Rauschgiftspürhund? Weiterhin in oft verdreckten Wohnungen zwischen verschimmelten Pizzaschachteln und aufgeplatzten Mülltüten nach Drogen suchen? Das hatte ich lange genug gemacht. Mit Carina wollte ich das Metier und damit das Milieu wechseln. Sie sollte Sprengstoffspürhund werden. Die Erfolgsgarantie bei solchen Einsätzen beträgt zwar annähernd Null – es gibt weit weniger Bomben in Mittelfranken als Haschisch und Heroin –, dafür war das Klientel ein anderes. Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die vor einem Anschlag geschützt werden sollten. Oder auch ganz normale Bürger, denen ein vergessener Schuhkarton in der U-Bahn verdächtig vorkam.

Etwas, das explodiert

Zwölf Wochen sollte der Lehrgang zum in Herzogau dauern. Heinrich, ein Spezialist vom Landeskriminalamt, wies uns Hundeführer in die Materie ein.

„Was ist eigentlich Sprengstoff?“, fragte er in die Runde. Natürlich wussten wir alle, was Sprengstoff ist, doch wie definiert man ihn? „Etwas, das explodiert“, meldete sich mein Sitznachbar.

„Richtig. Aber warum explodiert es? Was ist überhaupt eine Explosion?“

Dies waren für Heinrich, einen Chemiker mit starker Brille und starkem Vollbart, offenbar rhetorische Fragen, denn er fuhr fort, ohne unsere Antworten abzuwarten. „Eine Explosion ist im Grunde nichts anderes als eine schlagartige Ausdehnung von Gasen, die durch Chemikalien unterschiedlicher Zusammensetzung entstehen.“ Er öffnete seinen Koffer, der groß und schwarz auf dem Tisch lag. Die meisten von uns hatten ihn bereits neugierig beäugt. Da war der Stoff drin, der uns in den nächsten Wochen beschäftigen würde. Heinrich griff in den Koffer und legte einige Pakete in verschiedenen Größen und Formen auf den Tisch. Er ließ dabei keine besondere Vorsicht walten. So zögerte auch keiner von uns, die Pakete entgegenzunehmen, die Heinrich in die Runde reichte.

Sprengstoff und Handgranaten

„Wir unterscheiden zwischen militärischem und gewerblichem, also industriell hergestelltem Sprengstoff, und Selbstlaboraten“, dozierte Heinrich. Mit Wir meinte er im Moment zwar noch vor allem sich – doch bald würden wir Hundeführer mit unseren Sprengstoffsuchhunden auch zu diesem Wir gehören. Der unförmige Batzen, den mir mein Nachbar in die Hand drückte, war weich wie Knetgummi und erinnerte an rot gefärbtes Marzipan. Ich hielt ihn unter meine Nase und rümpfte sie. Sehr chemisch! Aber zum Glück nicht stechend, dass er einer sensiblen Hundenase weh tun könnte. Denn dann würde ein Hund der Duftquelle wohl lieber aus dem Weg gehen, als sie anzuzeigen.

Ich reichte das Zeug schnell nach links weiter und bekam von rechts etwas Eiförmiges, das mir nicht so fremd war: eine Handgranate. Wie die meisten der Anwesenden kannte ich so etwas vor allem aus Spielfilmen und von Pressefotos. Die hier war echt. Wenn auch nicht scharf. Ich spürte ein leichtes Kribbeln in meinem Bauch. Das Ding war schwerer, als es aussah, und es roch nach nichts. Die grün lackierte Oberfläche ähnelte einem Schildkrötenpanzer. Oben in der Mitte fehlte etwas. Der Zünder. Ich steckte meinen kleinen Finger in das Loch. Inwändig fühlte sich die Handgranate glatt und kalt an.

„Gewerbliche und militärische Sprengstoffe sind in der Regel schlagunempfindlich und können nur mittels eines Zünders zur Explosion gebracht werden“, fuhr unser Referent fort. Ich rollte das grüne Ei zu meinem Nachbarn weiter.

Ein Jesusbild aus TNT

Heinrich warf mir eine ovale Platte zu, ich fing sie auf. Sie sah aus wie ein sakrales Wachsbild: Maria, die Jesus auf dem Arm hielt. Goldfarben lackiert.

„Das ist TNT“, erklärte Heinrich, „dank seines niedrigen Schmelzpunktes von achtzig Grad lässt es sich in Wasserdampf verflüssigen und kann in beliebige Formen gegossen werden; und in Form dieser Schindel kann man es natürlich entsprechend unauffällig irgendwo einschmuggeln.“

Zum Beispiel in Kirchen, dachte ich.

„Industriell hergestellte Sprengstoffe sind wie gesagt handhabungssicher“, fuhr er fort. „Im Gegensatz zu einigen Selbstlaboraten, die jedermann in der heimischen Küche herstellen kann. Ein bisschen Nagellackentferner, Blondierungsmittel und Batteriesäure zusammengekocht, schon gewinnt man Sprengstoff, der in seiner Wirkung Dynamit ziemlich nahe kommt. Wir sprechen hier von Acetonperoxyd oder Triacetontriperoxyd, kurz TATP. Wir haben in letzter Zeit immer öfter damit zu tun, also könntet auch ihr damit früher oder später in Kontakt kommen. Je trockener TATP wird, desto gefährlicher. Dann kann schon der Hauch einer schnuppernden Hundenase genügen, um es zur Explosion zu bringen.“

Wie gefährlich wird es?

Das hörte sich verdammt bedrohlich an. Setzte ich Carina mit dieser Ausbildung nicht einer viel zu großen Gefahr aus? Ich sah ihre braunen Augen vor mir, die mich voller Vertrauen anblickten … Niemals im Leben würde ich etwas tun, womit ich sie leichtfertig extremer Gefahr aussetzte. Andererseits hatte ich noch nie von einem Diensthund gehört, der durch eine Explosion ums Leben gekommen war. Von mit Heroin vergifteten dagegen schon. Die Entscheidung war richtig, sagte ich zu mir selbst. Wenn schon gefährlich, dann so wenig wie möglich. Der praktische Teil des Lehrgangs, zusammen mit unseren Hunden, sollte am nächsten Tag beginnen. Ich war sehr neugierig darauf – und gespannt!

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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