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David, der Kater und die Sache mit dem Hummus



Hier schreibt Julius Mertens, Anfang 40, Texter und Kolumnist. Gemeinsam mit seinem Partner David und dem orangefarbenen Kater Monsieur Pompadour lebt er in einer Wohnung, die früher mal ihm gehörte, heute inszeniert Pompi täglich neue Bühnenstücke zwischen Futterneid, Fensterbank-Drama und Sofakissen-Intrigen.

Es begann so harmlos. David hatte wieder eine seiner „Ich-lebe-jetzt-gesünder”-Phasen. Diesmal sollte es veganer Aufstrich sein – speziell Hummus. Nicht irgendeiner, nein. Selbstgemachter Hummus aus Kichererbsen, Tahini und „ganz viel Liebe”, wie David stolz verkündete, während er die Küchenmaschine anwarf, als würde er ein Raumschiff starten.

Monsieur Pompadour saß auf der Küchentheke – natürlich da, wo er nicht hingehörte – und beobachtete das Geschehen mit der Aufmerksamkeit eines Lebensmittelinspekteurs. Ich hätte es als Warnsignal deuten sollen. Hätte. Sollte. Habe ich nicht.

„Das wird super!”, rief David über das Motorengeräusch der Küchenmaschine hinweg. „Voller Proteine, gesunde Fette, und Pompi kann auch mal probieren. Kichererbsen sind doch nicht schädlich für Katzen, oder?”

Ich spürte, wie mein linkes Augenlid zu zucken begann. Das passiert immer, wenn David Sätze sagt, die mit „ist doch nicht schädlich” beginnen. Wie damals mit der Zimmerpflanze, die angeblich „luftreinigend” war und die Pompi binnen einer Stunde zu einem grünen Teppichornament umgestaltet hatte.

„David”, sagte ich vorsichtig, „vielleicht solltest du erstmal googeln, ob—”

„Ach was!”, unterbrach er mich fröhlich. „Das ist doch nur Gemüse!”

Gemüse. Als wäre unser Kater ein Vegetarier, der sich über Rohkost freut.

Der fertige Hummus sah tatsächlich appetitlich aus. Cremig, mit einem Hauch Paprikapulver obendrauf, kunstfertig in eine Schüssel drapiert. David stellte sie auf die Theke, um Fotos für sein Instagram zu machen. „Warte, ich hole nur schnell mein Handy”, sagte er und verschwand ins Wohnzimmer.

Ich blieb in der Küche zurück. Mit Pompi. Und dem Hummus.

Was dann passierte, kann ich nur in Zeitlupe beschreiben, obwohl es in Wahrheit etwa drei Sekunden dauerte: Pompi näherte sich der Schüssel mit der Eleganz eines Geheimagenten. Schnüffelte. Einmal. Zweimal. Dann – und das ist der Moment, in dem ich hätte eingreifen sollen – tauchte er eine Pfote hinein.

Nicht etwa vorsichtig. Nein. Satan in Plüsch rammte seine gesamte rechte Vorderpfote knöcheltief in Davids Meisterwerk hinein, als würde er nach Schätzen graben.

„NEIN!”, schrie ich und sprang vor. Zu spät.

Pompi zog seine Pfote heraus – jetzt komplett mit Hummus überzogen – und leckte sie genüsslich ab. Dabei schaute er mich an, als würde er sagen: „Was? Ist doch nur Gemüse.”

„Was war das für ein Schrei?”, rief David aus dem Wohnzimmer.

„Nichts!”, log ich und griff nach Küchenrollen. Vielleicht konnte ich die Spuren beseitigen, bevor—

Aber das Orakel hatte bereits Blut geleckt. Oder besser: Hummus.

Und beschlossen, dass das Zeug offenbar doch nicht so übel war. Er steckte die zweite Pfote hinein.

„Was machst du da?”, flüsterte ich panisch und versuchte ihn wegzuziehen. Pompi ignorierte mich völlig und begann, die Schüssel systematisch zu plündern. Dabei verteilte er mit jedem Pfotenschlag mehr Hummus auf der Theke, auf dem Boden und – wie ich entsetzt feststellte – auch auf mir.

„Ich hab’s!”, rief David triumphierend und kam mit seinem Handy zurück in die Küche. Er erstarrte.

Vor ihm bot sich ein Bild der Verwüstung: Ich stand da, hummusverschmiert und mit Küchenrollen bewaffnet. Pompi saß mitten in der Schüssel – ja, MITTEN DRIN – und leckte sich die Pfoten, als hätte er gerade ein Fünf-Gänge-Menü verspeist. Die halbe Küche sah aus, als wäre eine Kichererbsenbombe explodiert.

„Was… ist denn hier passiert?”, fragte David langsam.

„Dein veganer Aufstrich”, sagte ich und deutete auf das Chaos. „War offenbar sehr… erfolgreich.”

David starrte auf die leere Schüssel, in der nur noch Pompis orangefarbene Haare zu sehen waren. „Er hat… alles aufgegessen?”

„Aufgegessen ist untertrieben”, antwortete ich. „Er hat es inhaliert, zerstört und nebenbei die halbe Küche renoviert.”

Pompi sprang elegant von der Theke – natürlich landete er auf seinen Pfoten, obwohl er aussah wie ein Katzenschnitzel in Hummus-Panade – und stolzierte davon, als wäre nichts geschehen.

„Aber… aber das waren drei Dosen Kichererbsen!”, stammelte David. „Und das ganze Tahini!”

Ich betrachtete die Szenerie. „David?”

„Ja?”

„Das nächste Mal machst du deine gesunden Experimente, wenn der Fluffinator nicht da ist.”

„Wo soll er denn hin? Es ist sein Zuhause!”

Ich seufzte. „Dann machst du sie eben, wenn er schläft.”

„Aber er schläft fast nie!”

„Eben.”

Drei Stunden später hatten wir die Küche wieder sauber. Pompi lag gemütlich auf seinem Kratzbaum und verdaute seinen veganen Festschmaus, während David traurig ein Butterbrot aß.

„Vielleicht ist er ja jetzt Veganer geworden”, meinte David hoffnungsvoll.

Am nächsten Morgen fand ich eine tote Maus vor der Haustür.

Veganer. Ha.

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