„Das Fell ist über Nacht förmlich explodiert …“
…hört Franziska Knabenreich-Kratz häufiger von den Haltern langhaariger Hunde. Und rettet diese im Notfall mit einem Puppy-Cut. Deutschlands bekannte Hundefriseurin erklärt, wie Langhaar-Fell richtig gepflegt wird.
Heute möchte ich das Thema langhaarige Hunde ansprechen. Es ist definitiv ein Hingucker: ein gepflegter Hund, mit langem, seidigen Fell, das im Winde weht. Schön anzusehen! Aber langes Hundefell hat so seine Tücken. Ich habe in meinem Salon viele langhaarige Hunderassen, wie Havaneser, Shih Tzus, Tibet Terrier, Malteser, Briards oder Bearded Collies. Und alle haben etwas gemeinsam: Sie sind sehr aufwendig in der Fellpflege. Diese Rassen sehen mit ihrem langen Fellkleid wunderschön aus, aber nur wenn sie gut gepflegt sind. Leider ist den meisten Hundebesitzern beim Anschaffen einer Langhaarrasse nicht bewusst, wie viel Pflege das Haar benötigt. Zudem sind einige Züchter auch nicht ganz so ehrlich beim Thema Fellpflege und der Intensität der Fellpflege. Und so kommt es, dass ich viele verzweifelte Kunden in meinem Salon habe, die nicht mehr Herr der Lage werden.
Das Welpen Fell
Bei den meisten Langhaar Rassen ist die Fellpflege im Welpenalter recht einfach. Das Fell ist weich wie Watte und lässt sich gut kämmen. Im Alter von circa neun Monaten verändert sich das Fell jedoch, und der Hund bekommt Stück für Stück sein Erwachsenenfell. Es wird dichter und bekommt eine festere Struktur. Die Fellpflege wird schwieriger und man benötigt auf einmal mehr Zeit. Viele Kunden sagen, dass das Fell über Nacht explodiert wäre und eine Art Blitzfilz entstanden ist. Nun, ganz so schnell geht das natürlich nicht, aber die meisten Leute unterschätzen einfach den Aufwand, den sie mit einer Langhaarrasse haben.
Was tun bei Verfilzungen?
Das Wichtigste ist erst einmal, dass der Hund bei der Fellpflege mitmacht. Da entstehen schon oft die ersten Probleme. Lässt der Hund sich von seinem Besitzer nicht kämmen, wird es schon schwierig. Viele Leute machen so viele Fehler beim Bürsten ihres Hundes, wie zum Beispiel mit dem Bürsten aufzuhören, wenn der Hund quietscht oder anfängt nach der Bürste zu schnappen. Natürlich will der Hund das erstmals nicht. Deshalb ist es so wichtig, dass man den Hund schon im Welpenalter an die Fellpflege gewöhnt. Wenn die ersten Verfilzungen auftreten, sollte man sofort gegensteuern und intensiver und häufiger bürsten. Ich stelle auch immer wieder fest, dass die meisten Leute die falschen Werkzeuge oder Kämme verwenden. Oberstes Augenmerk sollte immer auf der Haut des Hundes liegen, denn hier entsteht der Filz. Bürstet man nur oberflächlich und nicht bis runter zur Haut, entstehen sehr schnell kleine Knoten. Im schlimmsten Fall verwandelt sich das Fell in einen Filzpanzer. Je nach Grad der Verfilzung kann man versuchen, das Fell zu retten und zu entfilzen. Das muss der Hundefriseur meist in mehreren Sitzungen machen, weil es zu anstrengend für den Hund ist vier oder fünf Stunden auf dem Tisch zu stehen.
Letzte Möglichkeit: die Radikalschur
Wenn das Kind aber bereits in den Brunnen gefallen ist und das Fell extrem stark verfilzt ist, hilft nur noch eine Radikalschur. Das sieht nicht schön aus, verschafft dem Hund aber eine Erleichterung und ein neues Körpergefühl.
Ich musste leider schon sehr viele Hunde auf diese Weise aus ihrem Filzpanzer befreien. Interessanterweise fühlen sich die Hunde hinterher sichtlich wohler, denn sie können sich wieder richtig bewegen und haben keine Schmerzen mehr. Natürlich ist es ein Widerspruch, sich eine Langhaarrasse anzuschaffen und die dann kurz zu schneiden. Viele Leute holen sich zum Beispiel einen Havaneser, weil sie die Charaktereigenschaften dieser Rasse toll finden, nicht unbedingt das lange Fell. Ich verurteile niemanden, der seinen Hund kürzer schneiden lässt. Aber bitte bedenken Sie, dass das Fell nicht mit der Schermaschine auf drei Millimeter gekürzt wird. Das wäre viel zu kurz. Fünf Zentimeter sind für mich das Kürzeste der Gefühle.
Darf das Fell ab?
Jede Rasse hat einen Rassestandard, also eine Art Vorschrift, welche Merkmale der Hund haben und wie seine Frisur aussehen soll. Aber das Schöne ist, dass der Rassestandard kein Muss ist. Jeder darf seinen Hund frisieren, oder frisieren lassen, wie er möchte. Nur bitte nicht mit der Schermaschine bis auf die Haut abscheren! Wenn ich einen Kunden habe, der das Fell seines Hundes kürzer haben möchte, empfehle ich meistens einen Puppycut, also einen Welpen-Schnitt. Die Voraussetzung hier ist jedoch, dass das Fell frei von Filz ist. Mit einer speziellen Kammschneidetechnik wird das Fell über einen Kamm effiliert. Man kann dadurch mit der Länge des Felles spielen und Ungleichheiten ausbessern. Somit kann man dem Hund eine schöne Form und einen süßen Look geben, ohne dass er wie eine rasierte Ratte aussieht.
Lieber kurzes Fell, als Filz!
Natürlich sind langhaarige, gepflegte Hunde schön anzusehen. Aber Hunde, die langes Fell haben, müssen absolut filzfrei und super gepflegt sein, sonst fühlt sich der Hund nicht wohl in seiner Haut und kann sogar krank werden.
Aber viele Menschen können das Fell ihrer Hunde aus verschiedenen Gründen (Zeit, Verhalten des Hundes, Dicke des Fells etc.) nur bedingt pflegen. In diesem Fall empfehle ich zum Wohle des Hundes das Fell kürzer zu schneiden. Einige meiner Kunden haben sich sehr lange gegen diesen Vorschlag gewehrt. Als ich dann endlich, nach einigen Argumentationen, den Hund kürzer schneiden durfte, waren die Kunden überglücklich. Die Fellpflege ist auf einmal viel leichter und der Hund fühlt sich viel wohler mit seinem Fell. Das kürzere Fell ist für viele Leute eine Erleichterung bei der Fellpflege, das heißt jedoch nicht, dass nicht mehr gebürstet werden muss. Tägliche Fellpflege ist einfach ein Muss für langhaarige Rassen mit dichtem Fell. Wichtig ist, dass der Hund sich wohl fühlt. Lieber einen Hund mit Puppycut, gepflegtem und filzfreiem Fell, als einen langhaarigen, verfilzten Hund.
„Die richtige Fellpflege ist kein „Chi-chi“, sie hält den Hund gesund“. Mit dieser Einstellung arbeitet die Hundefriseurin FRANZISKA KNABENREICH-KRATZ, bekannt aus der TV-Serie „hundkatzemaus“ in ihrem Salon in Hessen.
