„Was Cordula ausmacht, ist ihre Coolness“
Normalerweise befasst sich Diensthund-Ausbilder Daniel Jannett mit Gebrauchshunden. Cordula ist der erste Berner Senne, mit dem er trainiert. Was ist anders?
Lautes Stimmgewirr erklingt im Hintergrund. Daniel Jannett ist im Einsatz. Er bereitet seine Coronasuchhunde auf die neue Umgebung vor. Die Deutschen Schäferhunde und Malinois scannen aufmerksam die ungewohnte Umgebung, schreiten über fremd riechende Untergründe, lernen ihr Revier kennen. Und wo ist Cordula? „Die braucht das nicht. So etwas ist ihr egal“, sagt Jannett.
Corona riechen?
In Zusammenarbeit mit der TiHo Hannover trainiert Daniel Jannett Hunde darin, Coronaproben zu erschnüffeln. Überprüft und bestätigt wird die Leistung der Hunde durch die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
„Der Hund ist wohl nicht in der Lage, das Virus selber zu riechen, aber das Virus erzeugt ja im Menschen eine Änderung des Stoffwechsels, indem Zellen, die befallen sind, den Zelltod sterben. Und da können chemische Reaktionsprodukte entstehen, die vielleicht einzigartig für diesen Virus sind“, sagt Professor Peter Kaul, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
Was die Hunde also genau riechen, wissen wir nicht. Nur, dass sie es können. Und Cordula ist einer von ihnen.
Wie kam sie eigentlich in das Programm?
„Durch Zufall“, schmunzelt Daniel Jannett. „Die Hündin gehört einer Freundin von mir und sie fragte, ob sie es mit Cordula einmal probieren könne. Sie müssen sich die Suche folgendermaßen vorstellen: der Hund erhält die Proben in einer Maschine, aus deren Löchern Gerüche strömen, später erhalten sie Sammelproben von 20 Menschen. Wir nutzen Wattebäuschchen, die die Menschen an der Innenseite des Ellenbogens abstreifen“. Und Cordula? „Die hat das so sehr verstanden, dass wir gesagt haben, die nehmen wir mit ins Programm!“ Normalerweise trainiert Daniel Jannett Schäferhunde. Hochleistungshunde. Reaktionsschnell, hochmotiviert, hochtriebig.
Wie schlägt sich ein Berner Senne in einem solchen Umfeld?
„Sicher ist Cordula sensibler zu handhaben, als meine üblichen Hunde. Aber ihr Lerntempo ist sehr hoch, weil sie sehr verfressen ist. Sie steht den anderen Hunden in nichts nach“. Was sie auszeichnet? „Ihre Coolness. Die anderen Hunde muss ich Stunden vorher an die Umgebungsreize gewöhnen, die unterschiedlichen Untergründe, die Geräusche. Das ist bei Cordula nicht nötig. Da kann ein klappernder Hubwagen vorbeifahren – das kümmert den Hund nicht. Aber sie ist natürlich im Familienverband aufgewachsen. Mit drei Kindern, auch im Pferdestall ist sie dabei. Deshalb ist sie reiche Umwelteinflüsse gewöhnt und das merkt man.“
Die Coronaspürhunde werden bei öffentlichen Veranstaltungen eingesetzt. Der erste Einsatz war ein Konzert der Band „Fury in the Slaughterhouse“ in Hannover. Das bedeutet Menschenmassen. „Cordula hat sich von nichts ablenken lassen. Sobald sie die Suchmaschine sieht, ist sie im Fokus und arbeitet. Bisher war sie noch nicht an ihrer Leistungsgrenze, sondern immer im Performance-Bereich. Es wäre jetzt interessant herauszufinden, wo ihre Grenzen liegen, wenn z.B. der Futtertrieb gesättigt ist oder die Umgebungstemperatur steigt. Bisher hat sie sie aber nicht erreicht. Im Gegenteil. Sie ist an der Maschine auf dem gleichen Level, auf dem ein Malinois arbeitet.“.
Über Daniel Jannett:
Nach Einsätzen als Rauschgiftspürhundeführer in Bosnien und Afghanistan wurde Daniel Jannett im Jahr 2006 an die Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr versetzt. Der Vizemeister im Gebrauchshundesport 2012 sammelte Erfahrungen als
Kampfmittelspürhundeführer und Zugriffdiensthundeführer und kennt sich dementsprechend gut mit Schäferhunden und Malinois aus. Cordula ist der erste Berner Sennenhund, mit dem er zusammenarbeitet.
Auch in der Historie bewiesen Berner ihre Fähigkeiten …
„Als 1988 beim Erdbebeneinsatz in Armenien bittere Kälte herrschte und als Unterkunft der nackte Boden unter einem Zelt diente, da zeigten zwei Berner wie sie sich trotz verzweifelter Menschenmassen, arbeitenden Baggern, landenden Hubschraubern und schwierigsten Trümmerstrukturen nicht aus der Ruhe bringen ließen und ihrem Suchtrieb folgten bis z. B. eine Mutter mit ihrem Kind in einem von Betonteilen verschütteten Kleiderschrank geortet war – leider hatten beide nicht überlebt. Oder im Sommer 1999 in der Türkei: ausgerechnet ein Berner fiel besonders auf, weil er bei extremster Hitze und für Menschen bereits kaum zu ertragendem Leichengeruch ruhig und motiviert seine Arbeit machte.
Es steckt sehr viel in unseren Sennenhunden – wir müssen dieses Gut nur fördern; denn schließlich waren alle Sennenhunde ursprünglich reine Arbeitshunde.“ Dr. Wolfgang Zörner
Foto: AdobeStock/ elen31
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