Wie laste ich meinen Hütehund richtig aus?
Hütehunderassen wie der Border Collie oder Australian Shepherd sind im Hundesport sehr beliebt. Sie verbinden Schnelligkeit und eine rasche Auffassungsgabe – und sind so fast schon ein Garant für sportliche Erfolge. Doch erfahrene Hütehundehalter wissen auch: Mit zwei Mal die Woche beispielsweise Agility ist kaum ein Hütehund richtig ausgelastet. Und das kann auf Dauer problematisch werden. Was muss ich also tun, damit mein Hund ausgelastet ist?
Bist du auch mit deinem als familientauglich angeschafften Hütehunden überfordert? Das ist keine Schande, sondern ein häufiges Problem. Hütet dein Hund zum Beispiel Autos, Radfahrer oder Jogger – oder zwickt er andere Familienmitglieder beim Zusammentreffen? Die Aussage so mancher Züchter, dass schon seit Generationen kein Hütetrieb in dieser Linie vorhanden wäre, trifft oft einfach nicht zu. Die Aussagen über sogenannte verhaltensauffällige Hütehunde machen die Runde, obwohl die Hunde eigentlich gar nichts dafür können. Vielmehr liegt das Problem darin begründet, dass sie gar nicht oder falsch ausgelastet werden.
Natürlich kann ich mit einem Border Collie Agility, Treibball oder sonst etwas machen, doch muss ich mich auch fragen, ob das alleine ausreicht. Schließlich heißen die Rassen Hütehunde und nicht Agilityhunde. Um zu verstehen, warum das Ausleben des Hütetriebs für Hütehunde so wichtig ist, muss man sich klar machen, dass Hüten nichts ist, was der Mensch des 21. Jahrhunderts sich für den Hund hat einfallen lassen, wie man es von manchen Hundesportarten her kennt.
Hüten basiert auf einem natürlichen Beuteverhalten des Wolfes. Diesen Instinkt hat der Mensch gefördert und sich zu Nutze gemacht. Das Hüten des Viehs durch den Border Collie ist daher nichts anderes als das Bejagen davon – natürlich ohne zu töten. Dies zeigt sich beispielsweise an der geduckten Arbeitshaltung, die der Border Collie während der Arbeit einnimmt. Die eingezogene Rute, teilweise bis unter den Bauch geklemmt, ist übrigens nicht, wie oft irrtümlich angenommen, ein Zeichen von Angst, sondern ein Zeichen von höchster Konzentration.
Zur artgerechten Auslastung muss der Hütetrieb angesprochen werden. Zwar gibt es auch Hütehunde, die kein Interesse an der Arbeit am Vieh zeigen, doch unsere Erfahrung ist es, dass das nur rund 10% der Tiere sind. Alle anderen haben ein unterschiedlich starkes Interesse am Vieh. Und dieses Interesse sollte man befriedigen. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Hunde durch das Training am Vieh ausgeglichener werden und selbst sogenannte Problemhunde unter den Hütehunden sich auf einmal in den (Familien-) Alltag integrieren lassen.
Wo darf der Hütehund noch Hütehund sein?
Wenn Border Collies ihre Leistung an der Schafherde vorführen, sind die Zuschauer meist absolut still und fasziniert. Von der Rasse her sind es zwar alles Hütehunde, aber in Bezug auf die Arbeit wird zwischen Treibhunden, Koppelhunden und Hütehunden unterschieden.
Der Treibhund bewegt sich gemeinsam mit dem Handler (so nennt man den Hundeführer beim Schafe hüten) hinter der Herde und treibt die Tiere vorwärts. Dabei ist das Bellen ein wichtiges Arbeitsinstrument. Zu dieser Kategorie gehören Rassen wie der Appenzeller oder der Entlebucher Sennenhund.
Koppelhunde hingegen arbeiten absolut präzise. In weiten Bögen umkreisen sie die Herde, um sie zu sammeln. Der Handler ist in der Regel an der Spitze der Herde und dirigiert den Hund, der hinter den Tieren positioniert ist, mit Kommandos. Koppelhunde unterscheiden rechts und links und sie können einzelne Tiere oder Untergruppen aus der Herde separieren. Dabei müssen sie sehr ruhig arbeiten, ohne die ganze Herde auseinanderzutreiben. Diese Ansprüche erfüllen vor allem Border Collies.
Für Hütehunde hingegen ist es typisch, dass die Herde ständig umkreist wird, um sie zusammenzuhalten. Eine Spezialität ist auch, dass diese Hunde das Weidegebiet genau absichern. So können sie einer unsichtbaren Linie entlang sicherstellen, dass keines der Weidetiere diese Grenze überschreitet.
Was muss mein Hund können?
Bevor wir mit dem Training an den Schafen beginnen, muss unser Hund eine konsequente Grundausbildung genossen haben. Hierzu gehört insbesondere ein guter Gehorsam. Das hört sich jetzt nach einer hohen Einstiegshürde an. Doch das ist es nicht. Wir müssen unserem Hund auch Vertrauen entgegenbringen. So kann es vorkommen, dass Hunde, die im Alltag kaum gehört haben, an der Schafherde instinktiv wissen, was zu tun ist und über den Umweg Schafherde den Gehorsam in anderen Situationen lernen. Denn unser Hund muss erkennen, dass er sich auf uns verlassen kann. An der Schafherde sind Mensch und Hund ein Team. Mehr, als in jeder anderen Situation. Wenn hier Vertrauen besteht, ist das eine Initialzündung für viele andere Lebensbereiche.
Die Kommandos, die wir fürs Hüten in der Koppel brauchen, sind recht überschaubar.
Die Hüte-Kommandos
Die Kommandos bei Koppel-Hütehunden sind international festgelegt. Im deutschsprachigen Raum haben sich die Kommandos in Deutsch und Englisch durchgesetzt. Diese Methode hat einen entscheidenden Vorteil: Über die Wahl der Kommandos in Englisch oder Deutsch kann man den jeweiligen Hund individuell leiten. Der „deutschsprachige“ Hund hört auf die deutschen Kommandos, der „englischsprachige“ Hund auf die englischen Kommandos.
Hier die gängigsten Kommandos:
Kommando auf Deutsch | Kommando auf Englisch |
Links lauf | come by / go ahead |
Rechts raus | away to me / keep off |
Platz | lie down |
Steh | stand |
Gerade | walk on / get up |
Langsam | steady / take time |
Zurück | back |
Schluss / Fertig | that´ll do |
Schau | look back |
Wenn Border Collies ihre Leistung an der Schafherde vorführen, sind die Zuschauer meist absolut still und fasziniert.
Wie funktioniert das in der Praxis?
Ein Meister ist noch nicht vom Himmel gefallen. Wenn du Anfänger bist, solltest du dir unbedingt von erfahrenen Ausbildern helfen lassen. Eine grundlegende Anfänger-Übung ist das Umrunden der Schafherde. Der Hütehund umkreist veranlagungsgemäß die Schafe im idealen Abstand. Der Handler lässt den Hund am Druckpunkt – also dem Punkt, an dem das Zutreiben der Schafe in Richtung des Handlers am effektivsten ist, ablegen. Am einfachsten geht das in der sogenannten 12-Uhr-Stellung: „Hund – Schafe – Handler“ in einer Linie, wobei der Hund, wenn man sich eine Uhr vorstellt, bei der 12 steht, die Schafe dort, wo die Zeiger montiert sind und der Handler bei der 6.
Dann geht der Handler rückwärts, sodass der Border Collie auf die Schafe zugeht und sie so in Richtung des Handlers treibt. Kommt der Hund zu dicht an die Schafe, wird er gestoppt („lie down“), arbeitet er in idealem Abstand, gestattet man ihm, auf den Füßen zu bleiben. Erkennt man, dass alle Handlungen des Hundes gut vollzogen werden, ändert der Handler die Richtung und lässt den Hund von sich aus immer wieder den Druckpunkt suchen. In den meisten Fällen findet der Hund diesen Punkt automatisch. Ist das mal nicht der Fall, so muss der Handler durch entsprechende Körpersprache den Hund dazu bringen, den Druckpunkt wieder zu finden und ihm die Schafe zuzutreiben.
Ziel dieser ersten Ausbildungsphase ist es, das selbstständige Zutreiben der Schafe zum Handler zu fördern. Dabei ist natürlich auch Geduld gefordert.
Versucht´s doch einfach mal…
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