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Wie geht man sicher mit einem kleinen Hund Gassi?

Amelie hat mit ihrem ersten Chihuahua einen Albtraum erlebt: Auf einem Spaziergang wurde die Kleine von zwei Husky-Mischlingen schwer attackiert. Davon weiß aber ihr neuer Hund nichts. Theo ist zwar klein, in seinem Herzen wohnt aber ein Löwe. Sie traut sich kaum noch raus.


Amelie J. schreibt uns: “Ich habe einen Chihuahua-Rüden namens Theo. Er ist mein erster Chihuahua-Rüde. Vor ihm hatte ich eine Chihuahua-Hündin, mit der ich auf einem Spaziergang ein sehr schlimmes Erlebnis hatte. Sie wurde von zwei Husky-Mischlingen gejagt. Einer hatte bereits ihren Kopf zwischen seinen Zähnen und schüttelte sie, so dass ihr Körper nur hin und herschlackerte. Ich werde das Bild nie vergessen. Ich habe den Hund getreten und meine Page so gerettet. Aber seitdem habe ich sie immer auf den Arm genommen, wenn ich große Hunde gesehen habe. Das mache ich mit Theo nun auch so, aber er ist anders. Er windet sich, kläfft die anderen Hunde an und wenn wir endlich vorbei sind und ich ihn wieder runterlasse, ist er richtig wütend. Was würdet ihr mir jetzt raten?”

Liebe Amelie,

ohjeee, das klingt wirklich übel. Ein solches Erlebnis zu haben kann nicht nur den Hund verändern, sondern auch den Menschen. Es ist verständlich, dass du das Vertrauen verloren hast und lieber auf Kontrolle setzt. Und Page scheint das ja auch genau so gesehen zu haben und war froh, dass du sie von nun an schützend auf den Arm genommen hast. Nun aber hast du Theo in deinem Leben. Ein Rüde ohne schlechte Erfahrungen. Und dazu ein Chihuahua – und die haben von Natur aus nicht gerade ein kleines Ego! Ganz im Gegenteil. Ein Chihuahua agiert relativ unerschrocken und traut sich wie selbstverständlich die Eroberung der Welt zu, und das noch vor dem Frühstück.

Ich habe schon Chihuahuas erlebt, die sich gottgleich gesehen haben. Und weißt du was? Viele andere Hunde haben es ihnen geglaubt. Denn Hunde bewerten nicht die Größe des anderen Hundes, sondern sein Ego. So erzählte uns eine Dobermann-Züchterin, dass sie sich zu ihren Hündinnen einen Chihuahua geholt hatte. Ebenfalls ein Rüde. Der Kleine brachte das ganze Rudel durcheinander, weil er sich als Chef verstand, alle lauthals maßregelte und danach trachtete, alles zu bestimmen. Und er hatte auch Erfolg damit. Sie musste ihn später abgeben, weil es zuviel Unruhe gab. Es ist eine Herausforderung, einen Mini mit Maxi-Ego zu erziehen. Und Theo zeigt sich ähnlich wagemutig. Wie du selbst deutlich merkst, sucht er die Konfrontation und dann? Wird er von Frauchen auf den Arm genommen. Das ist so, als hätte ein großer Offizier damals zu Napoleon gesagt: „Komm mal besser auf den Arm, da hinten kommt einer, der größer ist als du“. Ich frage mich, ob dieser Offizier den über ihn hereinbrechenden Zorn überlebt hätte. Ganz genau so geht es Theo. Es geht ihm gegen die Ehre. Er ist rasend vor Wut und Frustration. Die Situation ist gleich aus mehreren Gründen ungut:
Zum einen kann Theo seine Wut irgendwann gegen dich richten. Sie wird unter Garantie nämlich nicht von alleine verebben, sondern sie wird sich steigern. Und zum anderen kann dich der andere, größere Hund anspringen und angreifen, weil er von Theo provoziert wird. Die Situation ist, so wie sie ist, nicht haltbar und es sollte dringend etwas daran geändert werden. Aber so, dass du dich weiterhin sicher fühlst. Denn deine Angst um Theo ist absolut berechtigt. Und das liegt selbstverständlich an dem filigranen Äußeren des kleinen Chis. Er ist im Umgang mit anderen Hunden ganz anderen Risiken ausgesetzt, als beispielsweise ein massiv gebauter Rottweiler. Eine Garantie dafür, dass eine Hundebegegnung mit einem fremden Hund friedlich abläuft, gibt es nicht.

Erschwerend hinzu kommt in diesem Fall, dass Theo durch die Situation bereits recht hochgeputscht agiert. Was also tun? Viele raten dazu, den kleinen Hund auf dem Boden zu lassen und sich selbst als „Bodyblocker“ zwischen die Hunde zu stellen und den größeren Hund abzuwehren. Davon rate ich ab, weil Theo nicht hinter dir bleiben würde. Deshalb finde ich es auch nicht schlimm, wenn man einen kleinen Hund bei Gefahr im Verzug auf den Arm nimmt. Theo muss lernen, das zu akzeptieren. Ich würde versuchen, Theo in einer sicheren Umgebung den Umgang mit anderen Hunden zu ermöglichen. Und zwar mit einem guten Hundetrainer, der einen eigenen Verlasshund hat. So kann man Theos Sozialverhalten überprüfen und gegebenenfalls erzieherisch tätig werden. Er braucht auch Spielkontakte mit anderen Hunden, vielleicht in einer Chi-Spielgruppe. Dort treffen ähnliche Kaliber aufeinander. Und dann würde ich, offen gestanden, das „auf den Arm nehmen“ trainieren. Als Kommando, neben vielen anderen auch. Hört Theo „Arm“, ist das für ihn ein Signal wie eine „Auszeit“. Da gibt es nichts zu diskutieren, weil das der Mensch als Rudelführer so entschieden hat. Er kommt auf den Arm und ist ruhig, er darf dann also auch nicht bellen. Das kann man kleinschrittig trainieren. Später, wenn er es kann, trainiert man es innerhalb einer Gruppe und auch auf Spaziergängen. Dort würde ich ihn mit diesem Kommando dann häufiger mal auf den Arm nehmen, so dass er es gar nicht mit der Anwesenheit anderer Hunden verbindet. Ich schätze, du brauchst dazu einen Trainer, der dich unterstützt. Chis sind klug, wenn ihr das sofort angeht, kann Theo es in wenigen Wochen gelernt haben und dann hast du die Sicherheit, jederzeit eingreifen zu können. Liebe Amelie, deine Ängste kann ich dir nicht nehmen. Will ich auch nicht. Ein kleiner Hund hat nun mal ein größeres Risiko. Nutze sie, um daran zu wachsen, und entwickel eine Methodik, die dir die Sicherheit zurückgibt. Ich hoffe, ich konnte dir einige Anregungen geben, liebe Grüße.

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