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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 27

Unser erster Einsatz ließ nicht lange auf sich warten. Die „Sternstunden-Gala“ sollte mit viel Prominenz live in einer Halle des Messezentrums stattfinden. Selbstredend, dass dort vorher alles nach Sprengstoff abgesucht werden musste.

Der erste Einsatz

„Wetten, dass deine Carina nichts findet?“, fragte mich Robert, als ich mich gerade auf den Weg ins Studio machen wollte.

„Wetten doch?“, nahm ich an.

Robert runzelte die Stirn. „Mach’ keine Scherze, Elmar. Wenn sie tatsächlich anzeigt, dann …“

„… muss die Technische Sondergruppe anrücken“, vervollständigte ich seinen Satz, „und die Sendung wird auf unbestimmte Zeit verschoben, ich weiß.“ Die Technische Sondergruppe TSG ist zuständig für das Identifizieren und nötigenfalls Unschädlichmachen von Sprengkörpern. Sie ist in München stationiert – rund hundertsiebzig Kilometer von Nürnberg entfernt. Auf ihr Eintreffen und Urteil müsste auf jeden Fall gewartet werden. Fatal für Veranstaltungen, bei denen es auf die Minute ankam. Dementsprechend groß war auch unsere Verantwortung.

Roberts besorgtes Gesicht brachte mich zum Lachen.

„Keine Sorge, ich meinte doch das, was ich selber auslege!“

„Ach so“, sagte mein Kollege. Er hatte vergessen, dass wir üblicherweise selbst etwas Sprengstoff versteckten, damit unsere Hunde in jedem Fall ein Erfolgserlebnis hatten. Bei einem Leichenspürhund wie dem seinen dürfte so etwas schwierig sein.

Zu viele Suchen ohne Erfolg schadeten der Motivation. Und so bekam ich auch die Rückversicherung, dass Carina eine Bombe gefunden hätte, wäre eine solche vorhanden gewesen. Dafür und zum Üben hatten wir eine Auswahl verschiedener Sprengstoffe in kleinen Mengen erhalten. Ein Bröckchen davon trug ich in einem kleinen Schraubglas bei Einsätzen immer bei mir.

Die zum Fernsehstudio umfunktionierte Halle versetzte mich in Staunen.

Sie sah ganz anders aus, als ich es mir vorgestellt hatte. Im Fernsehen wirkte alles immer so aufgeräumt. Was ich hier sah, konnte ich mit viel gutem Willen als geordnetes Chaos bezeichnen. Zahllose Kabel ringelten sich über den Boden, mit Klebestreifen fixiert. Links, rechts und über der Bühne hingen Metallgestelle, an denen riesige Strahler und Lautsprecher montiert waren.

Mit Schablonen auf den Boden gesprühte Buchstaben und Zahlen markierten, wer wann wo wie zu stehen hatte, damit ihn die Kamera im richtigen Winkel erfassen konnte. All das bleibt dem Zuschauer zu Hause verborgen. Wie der leichte Vanillegeruch in der Luft, den ich aus Nebelmaschinen in Discos kannte. Die durften hier offenbar auch nicht fehlen.

Mir machte es Spaß, Carina hinter und vor den Kulissen alles gründlich untersuchen zu lassen.

Sogar das berühmte Sofa, auf dem schon bald Thomas Gottschalk und seine Gäste Platz nehmen würden. Hoffentlich kam ihnen Carina nicht zuvor! Nein, sie verhielt sich wohlerzogen und schnupperte statt dessen intensiv Rückseite und Unterkante ab.

Dann legte sie sich hin, fixierte einen bestimmten Punkt unter der Couch und erstarrte. Ich erstarrte auch – vor Schreck! Carina zeigte geradezu vorbildlich Sprengstoff an! Damit hatte ich nicht gerechnet.

In einem solchen Fall durfte ich sie nicht abklickern. Die Gefahr war zu groß, dass sie beim Aufspringen wegrutschte und dadurch womöglich eine Explosion auslöste. Ich näherte mich ihr langsam, scheinbar entspannt, lobte sie mit ruhiger Stimme und zog sie am Halsband vorsichtig vom Fundort weg. Sichtlich verwundert stand sie auf. Wo blieb das Klickern? Warum spielten wir nicht? Aber sie ging mit mir mit. Einige Meter entfernt ließ ich sie wieder Platz machen. Mit „Bleib!“, gab ich ihr zu verstehen, dass sie keinesfalls aufspringen durfte.

Ich bemerkte einen jungen Mann,

einen Mitarbeiter des BR Fernsehens, wie er uns vom Eingang aus zuschaute. Aber noch wollte ich nicht Alarm schlagen. Stattdessen legte ich mich auf den Bauch und leuchtete mit einer Taschenlampe unter das Sofa. Nichts lag darunter. Der Unterboden war mit Stoff bezogen, glatt und unbeschädigt. Was hatte Carina entdeckt? Ich ahnte es, als ich leichte Brandspuren im Leder an der Kante entdeckte.

Ich stand auf und winkte unserem Beobachter. „Sind Sie zuständig für die Ausstattung der Bühne?“, fragte ich ihn. Er nickte: „Ja, auch. Ich bin Pyrotechniker.“ Damit war er zufällig genau der richtigte Ansprechpartner.

„Der Bezug des Sofas ist unten etwas angebrannt. Kann es sein…?“ Der Mann unterbrach mich: „Gut möglich! Wir hatten in der letzten Show ein paar Spezialeffekte mit Pyro und so. Warum?“

Ich atmete erleichtert durch.

Also hatte Carina die Schmauchspuren von Schwarzpulver oder ähnlichem angezeigt! Gerne hätte ich dem Spezialisten erklärt, worum es ging, aber die Zeit drängte, der Rest der Bühne musste auch noch abgesucht werden. Also beließ ich es bei einem „Danke, genau das wollte ich wissen“.

Die übrige Suche mit negativem Ergebnis. Also positiv für den Programmablauf. Und letztendlich auch für Carina: Als sie das Stückchen TNT, das ich backstage für sie versteckt hatte, brav mit Sitz verwies, drückte ich den Klicker. Wild spielend verließen wir die Halle. Ein Kameramann schaute uns verdutzt hinterher.

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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