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Eine Frau will´s wissen | Prof. Nancy Gee im Interview

Studenten brauchen einen Hund, um besser zu lernen. Wie Hunde das schaffen, ist eine Frage, die Prof. Nancy Gee jeden Tag aufs Neue motiviert. Es ist nur eine Frage von vielen, die sie sich über Menschen und Hunde stellt. Was hat die begeisterte Hundehalterin dabei herausgefunden?

Frau Professor Gee, was sind eigentlich die Aufgaben der “International Society for Anthrozoology“ (Internationale Gesellschaft für Anthrozoologie)?

Prof. Nancy Gee: Die Internationale Gesellschaft für Anthrozoologie (ISAZ) wurde 1991 als Organisation für die wissenschaftliche Erforschung von Mensch-Tier-Interaktionen (HAI) gegründet. Gemeinsam engagieren wir uns für die Weiterentwicklung von Forschung, Erkenntnissen und Entdeckungen im Bereich HAI, wobei wir in unserem Science Center mehr als 50 Jahre lang auf diesem Gebiet tätig sind. Durch meine Tätigkeit an der State University of New York State in Fredonia und als Research Manager arbeite ich daran, unser Verständnis dafür zu erweitern, wie viele Möglichkeiten es gibt, dass Haustiere unser Leben beeinflussen können und wie wir ihres beeinflussen.

Was ist überhaupt Anthrozoologie? Warum ist es für uns als Hundefreunde wichtig?

Prof. Nancy Gee: Anthrozoologie ist die Erforschung der Wechselwirkungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Tieren. Die Forschung auf diesem Gebiet hilft uns, durch strenge wissenschaftliche Studien zu erforschen, was wir Hundefreunde bereits in unseren Herzen wissen: Haustiere machen die Welt zu einem besseren Platz. Akademiker, Tierärzte und Forscher auf dem Gebiet der Anthrozoologie, wie die von unserem Science Center und den akademischen Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten, entwerfen hierzu Studien. Alles dient der Erweiterung unseres Wissens darüber, wie genau Hunde und andere Haustiere unser Leben als Individuen, Familien und Gemeinschaften beeinflussen können.

Unter dem Motto “Tiere im Lichte der Öffentlichkeit” fand im Juli 2019 die 30. Konferenz der ISAZ in Orlando (Florida) statt. Was waren deren wichtigsten Ergebnisse für die Beziehung zwischen Menschen und Hunden?

Prof. Nancy Gee: Ich war sehr stolz darauf, eine Reihe von Studien zu unterstützen, die auf der diesjährigen ISAZ-Konferenz erstmals vorgestellt wurden. Wir untersuchten Kriegs-Veteranen, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, oder ältere Erwachsene, die in Gemeinschaftseinrichtungen leben, und schließlich Studenten, die aufgrund von Stress ein Risiko für schlechte akademische Leistungen haben.

Eine der aufregendsten Studien war eine kontrollierte Studie, die von der Washington State University in Partnerschaft mit uns durchgeführt wurde. Hier nahmen Studenten an einem Therapiehundeprogramm teil, die unter Lernstress litten. Sie wiesen eine deutliche Verbesserung ihrer exekutiven Funktionen auf. Zu exekutiven Funktionen gehören kreatives Denken, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Selbstregulierung – alles entscheidende Fähigkeiten, wenn man versucht, sich durch Kursarbeiten und Prüfungen zu bewegen! Im Gegensatz dazu berichteten diejenigen, die nur am traditionellen Stressbewältigungslernen teilnahmen, von keinen derartigen Verbesserungen. Diese ersten Ergebnisse sind spannend und belegen, dass die Interaktion mit Hunden dazu beitragen kann, Stress gerade bei den Studenten abzubauen, die ansonsten vielleicht versagen würden.

Waltham war einer der Hauptsponsoren der Konferenz. Was sind dabei die Ziele?

Prof. Nancy Gee: Waltham forscht seit mehr als 50 Jahren auf dem Gebiet der Ernährung und Gesundheit von Haustieren. Die Vision ist, eine Welt zu schaffen, in der Haustiere gesünder, glücklicher und besser akzeptiert leben können. Unsere Wissenschaft hilft uns, diese Vision zum Leben zu erwecken. Neben vielen wichtigen Durchbrüchen in der Tierernährung sowie bei HAI bereiten wir den Weg für die Erforschung des Mikrobioms und der Biomarker eines Haustiers. Unsere Forschungsteams arbeiten daran, enorm wichtige Fragen zur Tiergesundheit zu verstehen und zu beantworten. Dazu zählt die Frage, wie sich die in allen Haustieren lebenden Bakterien auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken, sowie die Frage, wie biologische Marker verwendet werden können, um von Krankheiten bedrohte Haustiere früher zu erkennen und ihnen zu helfen, länger gesund zu bleiben.

Gibt es eigentlich wissenschaftliche Beweise dafür, dass uns Hunde gut tun?

Prof. Nancy Gee: Wir haben jetzt eine Fülle von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die den Nutzen von Hunden für Menschen bestätigen. Und es werden von Jahr zu Jahr mehr. In letzter Zeit haben wir Belege dafür gefunden, dass Hunde ihre Besitzer ermutigen, gesünder und sozialer zu leben. Wir haben festgestellt, dass Hundebesitzer fünfmal häufiger Menschen in ihrer Nachbarschaft kennen. Sie erreichen ihr empfohlenes tägliches Trainingsprogramm besser. Sie haben ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Wie ich bereits erwähnt habe, hat sich auch gezeigt, dass die Zeit, die mit einem Hund verbracht wird, das kreative Denken, das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit bei gestressten Studenten verbessert. In den kommenden Monaten werden wir noch weitere spannende Forschungsergebnisse vorstellen. So werden wir noch mehr von den positiven Auswirkungen der Interaktion mit Haustieren auf Kriegs-Veteranen mit PTBS hören. Wir werden auch von den Wirkungen auf ältere Leute in Wohngemeinschaften berichten.

Was ist ganz besonders wichtig für eine gute Beziehung zum eigenen Hund. Was würden Sie als Wissenschaftlerin den Leserinnen und Lesern der HundeWelt raten?

Prof. Nancy Gee: Wir wissen aus unserer Forschung, dass der Nutzen aus der Beziehung umso positiver ausfällt, je enger die Bindung zum eigenen Haustier ist. Das wurde kürzlich noch einmal durch eine Untersuchung über sozial isolierte Menschen unterstrichen. Ein verantwortungsbewusster Tierhalter zu sein, ist sowohl für Sie als auch für Ihr Haustier von Vorteil. Haustierhalter wissen längst, dass jedes Haustier einzigartig ist. Doch je mehr Sie über Ihr Haustier und dessen Verhalten und seine Bedürfnisse verstehen, desto besser ist die Qualität ihrer gemeinsamen Zeit.

Ich habe zwei eigene Hunde und ich habe im Laufe der Jahre gelernt, dass, je mehr ich mit ihnen unternehme, wie z.B. Hundesport und andere Aktivitäten, desto mehr scheinen wir uns zu verstehen und die Gesellschaft des anderen zu genießen. Ich finde, dass sie auf mich stärkend wirken, wenn ich mich niedergeschlagen fühle, und sie tun oft Dinge, die mich zum Lachen bringen. Es gibt etwas ganz Besonderes in unserer Beziehung zu Hunden und die Wissenschaft beginnt langsam zu verstehen, wie wir beide am besten von diesem gemeinsamen Band profitieren können.

Vielen Dank, Professor Gee, für das Gespräch.

Fotos: AdobeStock/Halfpoint,wittybear,New Africa


Dr. Nancy Gee ist Psychologie-Professorin an der State University of New York, Fredonia und Managerin der Forschung bei Waltham (Mars Petcare) zu den Mensch-Tier-Beziehungen. Mit dem leidenschaftlichen Frauchen zweier Hunde sprach Christoph Jung im Anschluss an die Jahrestagung der ISAZ in Orlando, Florida, exklusiv für die HundeWelt.

Dieses Interview stammt aus der HundeWelt.

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