
„Stallordnung klingt nach Plan – Leben ist anders!“
Eine Widerrede von Brösel
Sie haben neue Schilder aufgehängt. In der Sattelkammer, im Stübchen, sogar an der Futterschüssel (also meiner). Mit Worten. In Großbuchstaben. Inhaltlich irgendwo zwischen „bitte“ und „Zwang“.
STALLORDNUNG, stand da.
Darunter: „Fremde Katzen bitte nicht füttern.“
Ich habe das gelesen. Zweimal. Dann habe ich mich draufgesetzt.
Die Menschen glauben, Schilder schaffen Klarheit. Ich sage: Schilder schaffen Misstrauen.
Und Enttäuschung. Vor allem bei mir.
Ich bin kein „Fremder“. Ich bin Brösel. Hauskatze. Hofautorität. Ehemaliger Mäusefänger, heute semi-retired. Wenn ich an deiner Tür kratze, dann nicht aus Neugier, sondern weil ich weiß, dass du Käse im Kühlschrank hast.
„Nicht auf den Esstisch springen“, sagt ein anderes Schild.
Ich war nie auf dem Tisch. Ich lag neben dem Kuchen. Aus reinem Interesse. Und ein bisschen Hunger.
Die Große sagte, die neue Ordnung soll für „mehr Struktur“ sorgen.
Rocket lachte.
Mücke pinkelte auf die Liste.
Fridolin flüsterte: „Ordnung ist das, was passiert, wenn keiner denkt.“
Ich habe dann demonstrativ eine Futterschale verweigert. Nur für zwei Tage. Aber es war ein Statement. Danach brachte der mit den Leckerlis mir Hühnerherz. Ohne Kommentar.
Manche Siege riechen nach Triumph. Meiner roch nach Protein.
Brösel,
einigermaßen wohlgenährt,
und komplett unbeeindruckt von laminierten Regeln.
Die Katzengang vom Reiterhof
Sie organisieren, füttern, putzen, reiten, fallen runter und scheinen nie so recht zu wissen, worum es wirklich geht. Menschen eben. Gut, dass sie uns haben:
Mücke – Die Kleine mit dem großen Maul
Frech wie zehn Spatzen auf dem Hafereimer. Hat zu allem eine Meinung, auch wenn keiner gefragt hat. Springt auf Mauern, Köpfe und Nerven, bevorzugt gleichzeitig.
Fridolin – Der Poet
Redet wenig, denkt viel. Lässt sich von Sonnenuntergängen inspirieren und von Menschen verwirren. Hat Angst vor Besen, aber keine Scheu vor metaphysischen Fragen.
Brösel – Der Genießer
Hat in seinem Leben noch nie etwas gejagt, außer das Sofa. Denkt, Diäten seien ein Angriff auf die persönliche Würde. Und auf die Vorratskammer.
Odile – Die Beobachterin
Hat alles gesehen, alles verstanden und kommentiert nur, wenn’s wirklich wehtut. Schweigt schärfer als manch Mensch spricht.
Die Große
Mittvierzigerin, Reitstiefelträgerin, riecht nach Kaffee und Pferdesalbe. Meint es gut. Odile: „Sie redet mit Pflanzen. Sagt alles über ihren Bindungsstil.“
Der mit den Leckerlis
Lebensgefährte der Großen. Trägt oft Fleece, nie Verantwortung. Glaubt, Katzen kann man „erziehen“. Wir lassen ihn in dem Glauben, solange die Hühnerherzen fließen. Brösel: „Er liebt uns. Man schmeckt’s in der Wurst.“
Die mit dem Helm
Tochter. Jung, nervös, immer zu laut. Schreit bei Spinnen und will „eine Verbindung zum Pferd spüren“. Mücke: „Ich hab ihr mal in den Stiefel gepinkelt. Reaktion war übertrieben.“
Der Tierarzt
Feindbild in Menschengestalt. Fridolin: „Ich war drei Tage verschwunden. Wegen ihm. Sag ich nur.“