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Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 5

Eine Streife hatte einen Fahrer eines Sportwagens angehalten, weil er ständig dicht auffuhr. Als die Kollegen die Kelle aus dem Fenster hielten, warf der Fahrer noch schnell etwas aus dem Auto. Das Päckchen Amphetamin, ein illegales Aufputschmittel, war im Straßengraben rasch gefunden. Der Sportwagenbesitzer, ein Endzwanziger mit straff nach hinten gegelten Haaren, gab sich ahnungslos.

Nein, das Rauschgift gehöre selbstverständlich nicht ihm, was die Beamten sich da unterstehen würden! Und überhaupt, wie sie dazukämen, harmlose Bürger zu belästigen, während anderswo das Verbrechen tobe. Schließlich entrichte er im Monat mehr Steuern, als die beiden zusammen verdienten. Dank Leuten wie ihm sei der Staat überhaupt in der Lage, ihre Gehälter zu bezahlen.

Ein dickes Strafregister

Die Kollegen hatten sich unbeeindruckt gezeigt vom erfindungsarmen Gefasel des Sportwagenfahrers. Stattdessen überprüften sie seine Personalien. Sechsundneunzig Einträge! Neben diversen Körperverletzungen, Diebstählen und Betrügereien auch Zuhälterei und Drogenhandel in nicht geringem Umfang. Ein stattliches Register für einen Achtundzwanzigjährigen! Erst vor drei Monaten war er auf Bewährung aus seiner letzte Haftstrafe entlassen worden. Den Sportwagen hatte er sicher nicht mit dem Geld bezahlt, das er während dessen mit Tütenkleben verdiente. Als ich mit Gundo dazu kam, saß der eifrige Steuerzahler auf der Rückbank des grünweißen Polizei-Wagen und lamentierte lautstark. Die Kollegen hatten einen Rauschgifthund angefordert, da der dringende Verdacht bestand, dass noch weitere Drogen in dem Auto versteckt waren. Während ich mir mit hochgeschlagenem Kragen den Sachverhalt erklären ließ, wartete Gundo blinzend neben mir. Er mochte es nicht, wenn ihm Regentropfen in die Augen fielen.

Würde Gundo etwa finden?

Wie gewohnt ließ ich Gundo zuerst außen am Auto suchen, die Stoßstangen, Radkästen, Türschweller. Überall eben, wo sich Hohlräume als Versteck anboten. Das Wasser perlte ihm inzwischen schon von den Spitzen der waagerecht gestellten Ohren, aber er schnuppert konzentriert und blieb schließlich mit der Nase förmlich am Türspalt der Beifahrerseite hängen. Aha! Ich zog ihn am Halsband ein wenig zurück und öffnete die Tür. Ein Aufschrei tönte aus dem Streifenwagen der Kollegen: „Wehe! Wehe der Köter hinterlässt auch nur einen Pfotenabdruck auf meinen Ledersitzen!“ Bei einem Pfotenabdruck wird es kaum bleiben, dachte ich mir und musste unwillkürlich grinsen. Aber es tat mir selber weh, als Gundo in das edle Coupé sprang. Durch die Frontscheibe beobachte ich, wie er den Hals streckte – dann sah ich nichts mehr von ihm.

Von einer Sekunde auf die andere waren sämtliche Scheiben des Sportwagens blind. Gundo hatte sich, bevor er sich an die Arbeit machte, erst einmal gründlich geschüttelt. Begleitet von einer wüsten Schimpfkanonade aus dem Hintergrund riss ich die Tür wieder auf. Der Innenraum triefte nun annähernd so stark wie vorher mein Hund. Der war indessen dabei, mit Pfoten und Zähnen die lederbezogene Konsole zwischen den Sitzen zu demontierten. Begeistert wedelte er dabei mit dem Schwanz. Eindeutig aktives Anzeigeverhalten! Um den Schaden in Grenzen zu halten, hob ich Gundo voll des Lobes aus dem Auto und ließ ihn erst einmal Platz machen.

Dann untersuchte ich die Stelle, die ihn so in Euphorie versetzt hatte, und beförderte ein transparentes Plastiktütchen ans Taschenlampenlicht, das zwischen Sitz und Konsole klemmte. Es war leer. Aber nicht leer genug für die feine Nase meines Spürhundes: weiße Spuren im Inneren deuteten darauf hin, dass sich in der Tüte einmal eine illegale Substanz befunden hatte. Kokain, wie der anschließende Schnelltest bewies.

Kleine Tüte, große Folgen

Warum ich trotz der verschwindend geringen Menge mit dem Fund zufrieden war? Gundo hatte mir einmal mehr seinen überaus sensiblen Geruchssinn bewiesen, der selbst mich immer wieder verblüffte. Noch während der Nacht ordnete eine Staatsanwalt die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten in dessen Heimatstadt an. Dort konnten die Kollegen mehrere hundert Gramm Kokain sicherstellen, verkaufsfertig in kleinen Plastiktütchen. Eine Hundenase lässt sich kaum täuschen. Das bloße Anzeigen von Rauschgift reicht allerdings nicht als Beweis vor Gericht, da braucht es etwas Sicht- und Fassbares in Form der Droge, nicht nur den Hauch davon. Vor einiger Zeit zeigte sich der Hund eines Kollegen vom Kardantunnel eines holländischen Fords schwer beeindruckt. Schnaubend und schnaufend steckte er seine Schnauze zwischen die Sitze, biss und kratzte. Weder sein Führer noch die Kollegen konnten etwas finden.

Der Wagen wurde sichergestellt und in die Werkstatt des Präsidiums gebracht. Nach und nach bauten die Mechaniker die gesamte Innenausstattung der Limousine aus – ohne Erfolg. Der Beamte konnte sich das Fehlverhalten seines Partners nicht erklären. Schließlich brachte die Befragung des holländischen Fahrers Licht ins Dunkel. Er gab zu, dass er in seiner Heimat gelegentlich Marihuana konsumiere, dort ist das straffrei, und ja, es könne durchaus sein, dass ihm mal ein Krümel zwischen die Sitze gerutscht sei. Diesen Hauch hatte der Hund wahrgenommen. Mein Kollege war sehr erleichtert. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Hundeführer als fehlendes Vertrauen in seinen Hund. Das ist für beide Seiten eine schwere Last.

Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.



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