> HundeGesundheitInterview

So schnell hätt´s gehen können …

Eine Zahnreinigung kann Leben retten. Die Erfahrung hat Deutschlands wohl berühmteste Mops-Besitzerin Uschi Ackermann gemacht. Denn die Aufregung war zunächst groß, als Sir Henry zur routinemäßigen Zahnreinigung bei Dr. Lorenz Schmid war. Dieser gründete die renommierte Tierklinik in Oberhaching und hat sich auf Zähne spezialisiert.

Zufällig entdeckte er während der Untersuchung einen Tumor. Bösartig, wie sich später herausstellte. „Er hat ihm das Leben gerettet. Wenn er den Tumor nicht gesehen hätte, würde Henry nur noch ein paar Monate haben“, sagte Uschi Ackermann sichtlich bewegt. Wir sprachen mit Dr. Schmid über Zähne, Zufallsbefunde und Maulhygiene.

 Uschi Ackermann und Sir Henry sind froh, dass Dr. Schmid den Tumor entdeckt und entfernt hat.

Es gibt so viele Spezialisierungen – wie kam es, dass Sie auf den Zahn gekommen sind, Dr. Schmid? Gab es da einen speziellen Anlass?

Dr. Schmid: Schon in den ersten Jahren meiner tierärztlichen Tätigkeit fiel mir auf, dass ich häufig mit Zahnerkrankungen konfrontiert war. Da es während meines Tiermedizinstudiums praktisch keine Ausbildung auf dem Gebiet der Zahnheilkunde gab, habe ich jede nur erdenkliche Fortbildung im In- und Ausland besucht. Mich hatte der Ehrgeiz gepackt, mich weiterzubilden, um meinen Patienten helfen zu können. So wurde ich über die Jahre vom Allgemeinmediziner zum Zahnspezialisten.

Nun ist die Zahnpflege bei Hunden ein Thema der eher jüngeren Zeit. Was empfehlen Sie jedem Halter zur Reinigung der Zähne?

Dr. Schmid: Hunde sollten dazu animiert werden, ihre Zähne regelmäßig zum Kauen zu nutzen. Es gibt eine Reihe geeigneter Kauartikel, die zum einen der mechanischen Zahnreinigung dienen, und gleichzeitig zur Massage und Festigung des Zahnhalteapparates beitragen.

Sollte man schon beim Welpen die Zähnchen putzen?

Dr. Schmid: Idealerweise sollte man schon im Welpenalter beginnen, Hunden täglich die Zähne zu putzen. Es erfordert manchmal ein wenig Geduld, aber die Mühe lohnt sich.

Nun ist die jährliche zahnärztliche Kontrolle beim Menschen mittlerweile Standard. Empfehlen Sie dies auch für den Hund?

Dr. Schmid: Unbedingt. Es ist sehr wichtig in regelmäßigen, mindestens jährlichen Abständen die Zahngesundheit zu kontrollieren, da uns die Hunde häufig in ihrem Verhalten keinen Hinweis auf bestehende Probleme geben. Wichtig ist dabei eine intensive Begutachtung aller Zähne. Ein spontaner Blick auf die vorderen Zähne reicht dafür nicht aus.

Dr. Schmid untersucht Henrys Zähne.

Muss der Hund dazu immer in Narkose liegen? Was machen Sie bei alten Hunden, deren Herz eine Narkose nicht mehr zulässt?

Dr. Schmid: Für eine allgemeine Zahnuntersuchung ist keine Narkose nötig. Wir raten dann zu einer Zahnsanierung, wenn der Zahnhalteapparat gefährdet ist, also zumindest eine Zahnfleischentzündung vorliegt. Dieser Eingriff kann nur in Narkose stattfinden. Moderne Narkosen sind heutzutage extrem risikoarm. Die Zahnsanierungen haben – wenn sie vom Zahnspezialisten ausgeführt werden – immer ihre Berechtigung, denn nicht behandelte Krankheiten in der Maulhöhle sind oftmals die Ursache weitaus schlimmerer Erkrankungen: Wir sehen viele Patienten, bei denen chronische jahrelange Entzündungen in der Maulhöhle zu Schädigungen der inneren Organe wie zum Beispiel Herzerkrankungen führen. Bei Risikopatienten führen wir umfangreiche Voruntersuchungen durch, um das Risiko möglichst genau beurteilen und entsprechend managen zu können.

Was gebe ich meinen Hund am besten zu knabbern? Gibt es da vielleicht Sachen, die zu hart sind und die Zähne angreifen können? Was wäre denn hier die beste Wahl?

Dr. Schmid: In jedem Fall sollte die Oberfläche der Kauartikel nicht steinhart sein, da es ansonsten leicht zu Zahnfrakturen kommen kann. Gute Kauartikel sollten die Hunde eine Zeit lang beschäftigen und gut vertragen werden. Wichtig ist gute Qualität, frei von für den Hund schädlichen Stoffen.

Tennisbälle am Strand sind für die Zähne wie Sandpapier, habe ich gehört. Stimmt das und worauf sollte ich denn bei der Auswahl des Spielzeugs achten, wenn ich an die Zahngesundheit denke?

Dr. Schmid: Tennisbälle sind tatsächlich nicht geeignet, da sie die Zahnkronen durch massiven Abrieb beschädigen können. Spielzeug sollte einerseits nicht zu hart und andererseits beständig sein. Manche Spielsachen, die Hunde in Einzelteile zerlegen, können zur großen Gefahr für den Magen-Darm-Trakt werden. Hier gibt es fast nichts, was man als Chirurg im Laufe seiner Berufstätigkeit aus Hundemägen nicht schon herausgeholt hätte. Eine Gummiente gehörte da noch zu den harmloseren Fremdkörpern.

Dr. Lorenz Schmid im Garten mit seiner Hündin Paula – die sich sichtlich rundum wohl fühlt und – so vermuten wir es ganz stark – bestimmt über ein mustergültig gepflegtes Gebiss verfügt.

Meine Hündin neigt zu Zahnstein, obwohl sie sogar mit einer elektrischen Zahnbürste die Zähne geputzt bekommt. Das Putzen alleine reicht also wohl nicht. Haben Sie einen Rat für mich?

Dr. Schmid: Wie auch beim Menschen kann es bei Hunden trotz regelmäßiger Zahnpflege von Zeit zu Zeit nötig sein, Zähne professionell zu reinigen. Speziell bei kleinen Hunden ist es oft schwierig, alle Zähne zuverlässig zu putzen. Ich lasse mir von meinen Hundebesitzern im Zweifel deren Putzprozedere zeigen und gebe im Einzelfall konkrete Ratschläge.

Zahnersatz für Hunde ist ja auch etwas, was Sie machen können. Bei welchen Hunden befürworten Sie dies?

Dr. Schmid: Bei der Entscheidung zu einer wie auch immer nötigen Zahnsanierung steht hauptsächlich eine gute Lebensqualität des Hundes, also die Schmerzfreiheit, sowie die Vermeidung von Folgeerkrankungen im Vordergrund unseres Handelns. Wir versuchen, wichtige Zähne beispielsweise durch Wurzelkanalfüllung zu erhalten. Zahnersatz wäre beim Hund technisch und vom chirurgischen Können her problemlos möglich. Allerdings sehen wir dafür keine Notwendigkeit, da – anders als beim Menschen – ästhetische Gründe keine primäre Rolle spielen. Hunde können mit einer möglichen Zahnlücke gut leben und die übrigen Zähne verändern ihre Position bei einer Zahnlücke nicht.

Ein Gebiss für den Seniorhund – ist dies die Zukunft der Hundezahnheilkunde?

Dr. Schmid: Nein. Das würde viele Narkosen erfordern und ist weder ethisch noch aus anderen Gründen vertretbar. Gesunde Zähne, nicht die Vollständigkeit der Zähne, stehen beim Hund im Vordergrund.

Sehr geehrter Herr Dr. Schmid, vielen Dank für das Gespräch.

 Kontakt zu Dr. Lorenz Schmid findet ihr in der Tierärztlichen Klinik Oberhaching, Bajuwarenring 10, 82041 Oberhaching, www.tierklinik-oberhaching.de


Dieses Interview stammt aus der HundeWelt.

Teilen