Katzen verstehen Wörter besser als Kleinkinder: Was die japanische Forschung zeigt

Katzen gelten als eigensinnig, distanziert und wenig kooperativ. Wer seinen Stubentiger ruft, erntet oft nur ein müdes Ohrzucken. Doch das…

Katzen gelten als eigensinnig, distanziert und wenig kooperativ. Wer seinen Stubentiger ruft, erntet oft nur ein müdes Ohrzucken. Doch das bedeutet keineswegs, dass Katzen uns nicht verstehen. Im Gegenteil – aktuelle Forschungen aus Japan zeigen etwas Bemerkenswertes. Katzen verknüpfen Wörter mit Bildern schneller als menschliche Kleinkinder, und das ganz ohne Training oder Belohnung.

Die Studie von Saho Takagi

Kognitionsforscherin Saho Takagi von der Azabu-Universität in Sagamihara hat mit ihrem Team in den letzten Jahren mehrere wegweisende Studien zur Sprachverarbeitung bei Katzen durchgeführt. Die aktuellste Untersuchung, veröffentlicht im Fachjournal Scientific Reports im Jahr 2024, liefert neue Erkenntnisse.

Das Experiment war einfach aufgebaut. 31 erwachsene Hauskatzen, darunter 23 aus japanischen Katzencafés, absolvierten einen Sprachtest, der ursprünglich für menschliche Kleinkinder entwickelt wurde. Die Katzen saßen vor einem Laptop und bekamen kurze Zeichentrickfilme zu sehen. Beim erfundenen Wort „keraru“ erschien ein blau-weißes Einhorn. Beim erfundenen Wort „parumo“ erschien eine rotgesichtige Sonne.

Nach mehrmaliger Wiederholung spielten die Forscher den Katzen die gleichen Bilder vor, jedoch mit vertauschten Wörtern. Die Katzen erkannten die Unstimmigkeit. Sie starrten durchschnittlich 33 Prozent länger auf den Bildschirm, wenn das „falsche“ Wort zum Bild abgespielt wurde. Das ist ein klarer Beweis dafür, dass sie innerhalb kürzester Zeit, durchschnittlich nur neun Sekunden, die Wort-Bild-Assoziationen gelernt hatten.

Zum Vergleich benötigen menschliche Kleinkinder für ähnliche Aufgaben deutlich mehr Wiederholungen und Zeit.

Katzen lernen wie Babys, nur schneller

Besonders beeindruckend ist, dass die Katzen diese Assoziationen völlig ohne Training oder Belohnung lernten. Sie taten es aus eigenem Antrieb, indem sie einfach zuhörten und zuschauten, genau so, wie Babys Sprache lernen.

Studienleiterin Takagi erklärt: „Das bedeutet, dass Katzen in der Lage waren, ohne ein spezielles belohnungsbasiertes Training menschliche Gespräche zu belauschen und Wörter zu verstehen.“

Ein weiteres faszinierendes Detail: Die Katzen reagierten nur auf menschliche Sprache. Wenn statt menschlicher Worte elektronische Töne oder mechanische Geräusche abgespielt wurden, blieb die Reaktion aus. Katzen scheinen also spezifisch auf unsere Kommunikation eingestellt zu sein.

Die Forschungsreihe – Was wir bereits wussten

Die aktuelle Studie ist der vorläufige Höhepunkt einer mehrjährigen Forschungsreihe. Im Jahr 2019 bewies Atsuko Saito von der Sophia-Universität in Tokio erstmals wissenschaftlich, dass Katzen ihren eigenen Namen aus anderen Wörtern heraushören können. Sie reagieren darauf, selbst wenn eine fremde Person sie ruft, mit Ohr- oder Kopfbewegungen. Die Studie wurde im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht.

Im Jahr 2021 zeigte Saho Takagi, dass Katzen durch ihr extrem feines Gehör nicht nur Beutetiere orten können, sondern auch genau wissen, wo sich ihre Bezugspersonen aufhalten, selbst wenn sie diese nicht sehen können. Die Tiere haben mentale Repräsentationen ihrer Menschen im Kopf, die mit deren Stimme verknüpft sind.

Im Jahr 2022 bewies das Team um Takagi, dass Katzen nicht nur ihren eigenen Namen lernen können, sondern auch die ihrer Mitkatzen. Wenn man ihnen das Foto einer bekannten Katze zeigt und dabei den falschen Namen nennt, starren sie irritiert länger auf den Bildschirm.

Warum hören Katzen dann nicht auf uns?

Diese Frage stellen sich nun viele Katzenbesitzer. Wenn Katzen uns so gut verstehen, warum ignorieren sie uns dann so konsequent? Die Antwort ist ebenso einfach wie ernüchternd – Katzen verstehen uns, sie wollen nur nicht gehorchen.

Anders als Hunde, die für die Zusammenarbeit mit Menschen gezüchtet wurden, haben sich Katzen selbst domestiziert. Sie leben seit Jahrtausenden in unserer Nähe, haben aber ihre Unabhängigkeit bewahrt. Wenn deine Katze auf ihren Namen nicht reagiert, liegt das nicht an fehlendem Verständnis, sondern an fehlendem Interesse.

Katzen verstehen uns, sie wollen nur nicht gehorchen.

Takagi fasst es so zusammen: „Es ist möglich, dass Katzen viel von dem verstehen, was Menschen sagen, nur nicht darauf reagieren.“

Was bedeutet das für deinen Alltag?

Die Forschungsergebnisse haben praktische Implikationen für das Zusammenleben mit Katzen.

  • Sprich mehr mit deiner Katze. Takagi empfiehlt: „Besitzer sollten mehr mit ihren Katzen reden.“ Katzen hören zu und versuchen aktiv, uns zu verstehen, auch wenn sie es nicht zeigen.
  • Habe Geduld. Katzen sind lernfähig und intelligent. Ihr scheinbares Desinteresse ist keine Dummheit, sondern eine bewusste Entscheidung.
  • Der Ton ist wichtiger als der Inhalt. Katzen achten weniger auf die intellektuelle Bedeutung von Worten als auf Ton, Kontext und emotionale Signale. Sie verstehen, wie wir etwas sagen, und können unsere Absichten dahinter erkennen.
  • Nutze nonverbale Kommunikation. Katzen kommunizieren hauptsächlich über Körpersprache wie Ohrenstellung, Schwanzhaltung, Augenkontakt und Duftmarkierungen. Es liegt an uns, diese Sprache zu lernen und zu verstehen.

Die Intelligenz der Katze wird oft unterschätzt

Während Hunde bei Kommandos oft sofort reagieren, wirken Katzen apathisch. Das hat aber nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun, sondern mit unterschiedlichen Motivationen und evolutionären Hintergründen.

Katzengehirne ähneln menschlichen Gehirnen zu 90 Prozent in Bezug auf Faltung und Struktur. Allerdings haben Katzen mit etwa 250 bis 300 Millionen Neuronen in der Großhirnrinde deutlich weniger als Menschen mit 19 bis 23 Milliarden.

Trotzdem sind ihre kognitiven Fähigkeiten beeindruckend. Sie können etwa 100 verschiedene Lautäußerungen produzieren, verbale Äußerungen verstehen, Namen erkennen und zuordnen, menschliche Gesten interpretieren wie das Zeigen mit dem Finger und emotionale Signale in unserer Stimme deuten.

Weitere faszinierende Erkenntnisse

Interessanterweise spielte die Lebensumgebung keine Rolle. Sowohl Wohnungskatzen als auch Café-Katzen zeigten ähnliche Sprachverarbeitungsfähigkeiten. Das deutet darauf hin, dass diese Fähigkeit tief in der Katzenpsyche verwurzelt ist.

Die japanischen Wissenschaftler schließen daraus, dass viele Katzen durch ihr Zusammenleben mit Menschen konditioniert sind, menschliche Äußerungen zu verstehen. Zukünftige Forschungen sollen zeigen, ob auch Straßenkatzen ähnliche Fähigkeiten haben.

Die Fähigkeit von Katzen, Wort-Bild-Beziehungen mit minimaler Exposition zu erfassen, deutet auf eine kognitive Flexibilität hin, die bisher unterschätzt wurde. Sie übertreffen Kleinkinder in der Geschwindigkeit des assoziativen Lernens.

Praktische Tipps für deinen Alltag

  • So kannst du die Sprachfähigkeiten deiner Katze nutzen. Verwende für wiederkehrende Situationen immer die gleichen Wörter wie „Futter“, „Spielen“ oder „Streicheln“.
  • Positive Verstärkung schadet nicht. Auch wenn Katzen ohne Belohnung lernen können, freuen sie sich über Lob, wenn sie erwünschtes Verhalten zeigen.
  • Gib deiner Katze Zeit und wiederhole Dinge geduldig. Sie braucht Zeit, um Zusammenhänge zu verstehen.
  • Achte auf deinen Tonfall. Emotionale Kommunikation ist wichtig. Katzen verstehen emotionale Signale sehr gut.
  • Respektiere ihre Unabhängigkeit. Akzeptiere, dass deine Katze dich versteht, aber selbst entscheidet, ob sie reagiert.

Zukunftsforschung

Die Forschungsergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten. Die japanischen Forscher spekulieren: „Vielleicht können wir Katzen dazu bringen, zu lernen, dass sie gefährliche Gegenstände oder Orte mit bestimmten Lautäußerungen in Verbindung bringen.“

Weitere geplante Studien untersuchen Straßenkatzen-Populationen, machen Langzeitstudien zum Wortschatz-Umfang, vergleichen verschiedene Rassen und erforschen altersabhängige Lernfähigkeit.

Katzen achten mehr auf uns, als uns bewusst ist

Die Forschungen von Saho Takagi und ihrem Team revolutionieren unser Verständnis von Katzenintelligenz. Katzen sind keineswegs die distanzierten, desinteressierten Einzelgänger, für die wir sie oft halten. Sie sind aufmerksame Beobachter, die aktiv versuchen, unsere Sprache zu verstehen, schneller und effizienter als menschliche Kleinkinder.

Takagi fasst es so zusammen: „Katzen achten mehr auf das, was wir im Alltag sagen, und versuchen mehr, uns zu verstehen, als uns bewusst ist.“

Das nächste Mal, wenn deine Katze scheinbar ignorant wegschaut, während du mit ihr sprichst, denk daran: Sie hat dich verstanden. Sie entscheidet nur selbst, ob sie darauf reagieren möchte. Und das ist vielleicht der größte Beweis ihrer Intelligenz.


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