
Die Namensdebatte – Über die Kunst, etwas zu benennen, das nicht hört
DIETER – Die Kolumne | (Zusammen-)Lebensbetrachtungen eines Felinophilen.
T.S. Eliot hat mal gesagt, jede Katze brauche drei Namen: einen alltäglichen, einen besonderen und einen geheimen, den nur die Katze selbst kennt. Aber weißt du was? Eine Katze braucht überhaupt keinen Namen. Sie kommt sowieso nicht, wenn du sie rufst. Außer du machst das Geräusch einer sich öffnenden Thunfischdose – dann teleportiert sie sich herbei. Wobei sie auch dann nicht kommt, weil du sie rufst, sondern weil sie denkt: „Oh, der Idiot mit dem Futter macht Geräusche.”
Die Namensgebung hat sich verändert. Nach dem Krieg hießen alle Katzen irgendwas mit M: „Murli, Mutz, Miez, Minka.” Vielleicht war das M der einzige Buchstabe, der noch übrig war. Dann kam der englische Einfluss: Jede rotgetigerte Katze hieß „Garfield”, jede schwarze „Blacky”. Als hätte man eine geheime Vereinbarung getroffen: „Wir nennen unsere Katzen alle gleich, damit die Verwirrung komplett ist.”
Heute sind wir in der Ära der historischen Namen. Ich kenne einen Kater namens „Aristoteles”, der regelmäßig gegen die Glasscheibe läuft, wenn er sein Spiegelbild sieht. So viel zur philosophischen Weisheit. Meine Nachbarin hat ihre Katzen nach griechischen Göttern benannt. „Zeus, komm her!” ruft sie. Zeus reagiert natürlich nicht. Er ist schließlich ein Gott. Stattdessen pinkelt er in ihre Zimmerpflanzen – vermutlich eine göttliche Botschaft.
Aber die interessantere Frage ist: Wie würden Katzen UNS nennen?
Vermutlich mit Funktionsbezeichnungen: „Dosenöffner”, „Streichelmaschine”, „Türsteher”. Es gibt Menschen, die sich „Dosenöffner” auf die Visitenkarte drucken lassen. „Was machst du beruflich?” – „Ich öffne Dosen. Für eine sehr anspruchsvolle Katze. Unbezahlt.”
Und die weniger schmeichelhaften: „Komplettignoriertwerder” – jemand, der glaubt, eine Katze würde auf ihn hören. „Vasenbestanderneuerer” – bekannt für Sätze wie: „Das war ein Erbstück meiner Urgroßmutter, aber hey, nur 300 Jahre Familiengeschichte.”
Ist das nicht merkwürdig? Wir verbringen Stunden damit, den perfekten Namen zu finden – „Professor Maunz von Schnurrburg-Kratzbein” – und die Katze denkt nur: „Hey, du mit dem Futter!” Oder sie hat einen Namen für dich, der so beleidigend ist, dass selbst andere Katzen peinlich berührt sind. „Da kommt DER schon wieder.” – „Wer?” – „Der, der nach Angst riecht, wenn er den Transportkorb holt.”
Weißt du, was das Verrückteste ist? Wir reden mit unseren Katzen, als könnten sie uns verstehen. „Na, Socke, hattest du einen schönen Tag?” Die Katze schaut dich an mit einem Blick, der sagt: „Ich überlege gerade, ob du einen Schlaganfall hast oder immer so redest.”
Aber wir machen weiter. Vielleicht weil es schön ist, sich vorzustellen, dass da jemand ist, der uns zuhört, aber nie widerspricht. Der uns anschaut, als wären wir die wichtigste Person der Welt – zumindest bis die Futterdose leer ist.
In diesem Sinne sind Katzen die perfekten Therapiepartner. Sie urteilen nicht. Zumindest sagen sie es nicht laut. Wenn wir uns einbilden, dass sie auf „Lord Wellington” hören, ist das völlig in Ordnung. Solange wir verstehen, dass sie uns „Hey, Futtersklave!” nennen, ist die Kommunikation perfekt. Oder zumindest so perfekt, wie eine Kommunikation zwischen zwei Spezies sein kann, von denen eine glaubt, sie sei ein Gott, und die andere es tatsächlich ist.
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