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„Diät ist kein Lebensentwurf“

Eine persönliche Tragödie von Brösel

Es begann mit einem Satz, den nur Menschen sagen: „Er hat ein bisschen zu viel auf den Rippen.“
Sie sagten es so, als sei ich ein Mülleimer mit Schnurrhaaren. Als wäre mein Körper ein Betriebsunfall. Die Große stand mit dieser Broschüre in der Hand – lächelnd, was selten Gutes verheißt. „Spezialfutter für ältere Katzen mit leichtem Übergewicht“, las sie.
Ich las mit. Ich übersetzte: Pappgeschmack in mundgerechter Frustration.

Seitdem gibt es morgens kein Hühnchen mehr. Kein Fisch. Kein liebevoll ignoriertes Leberwurstbrot von der Tochter.
Stattdessen: Kalorienarmes Spezial-Trockenfutter in der Farbe „Asche mit Grauschleier“.

Sie nennen es „leicht verdaulich“. Ich nenne es: respektlos. Ich habe nicht protestiert. Ich bin zu klug für Hungerstreiks. Aber ich bin konsequent: Ich fresse jetzt langsam. Und demonstrativ traurig.
Ich lasse ein, zwei Bröckchen liegen – wie jemand, der enttäuscht, aber nicht überrascht ist.

Odile sagt, ich hätte das Stockholm-Syndrom.
Fridolin schrieb ein Haiku über Entbehrung.
Rocket hat mir einen halben Frosch gebracht, zur Aufmunterung.
Ich hab ihn gegessen. In einem Biss.

Die Tochter streichelt mich häufiger. „Brösel ist so verschmust geworden“, sagt sie.
Unsinn.
Ich hoffe, sie kleckert.


Brösel,
Körperpositivist, Überlebenskünstler,
und moralisch beleidigt seit dem Tag der Futterumstellung.


Die Katzengang vom Reiterhof

Sie organisieren, füttern, putzen, reiten, fallen runter und scheinen nie so recht zu wissen, worum es wirklich geht. Menschen eben. Gut, dass sie uns haben:

Mücke – Die Kleine mit dem großen Maul

Frech wie zehn Spatzen auf dem Hafereimer. Hat zu allem eine Meinung, auch wenn keiner gefragt hat. Springt auf Mauern, Köpfe und Nerven, bevorzugt gleichzeitig.

Fridolin – Der Poet

Redet wenig, denkt viel. Lässt sich von Sonnenuntergängen inspirieren und von Menschen verwirren. Hat Angst vor Besen, aber keine Scheu vor metaphysischen Fragen.

Brösel – Der Genießer

Hat in seinem Leben noch nie etwas gejagt, außer das Sofa. Denkt, Diäten seien ein Angriff auf die persönliche Würde. Und auf die Vorratskammer.

Odile – Die Beobachterin

Hat alles gesehen, alles verstanden und kommentiert nur, wenn’s wirklich wehtut. Schweigt schärfer als manch Mensch spricht.

Die Große

Mittvierzigerin, Reitstiefelträgerin, riecht nach Kaffee und Pferdesalbe. Meint es gut. Odile: „Sie redet mit Pflanzen. Sagt alles über ihren Bindungsstil.“

Der mit den Leckerlis

Lebensgefährte der Großen. Trägt oft Fleece, nie Verantwortung. Glaubt, Katzen kann man „erziehen“. Wir lassen ihn in dem Glauben, solange die Hühnerherzen fließen. Brösel: „Er liebt uns. Man schmeckt’s in der Wurst.“

Die mit dem Helm

Tochter. Jung, nervös, immer zu laut. Schreit bei Spinnen und will „eine Verbindung zum Pferd spüren“. Mücke: „Ich hab ihr mal in den Stiefel gepinkelt. Reaktion war übertrieben.“


Der Tierarzt

Feindbild in Menschengestalt. Fridolin: „Ich war drei Tage verschwunden. Wegen ihm. Sag ich nur.“

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