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Unsere Gedanken sind überaus machtvoll

“Anja hatte versäumt, an ihrer Bindung mit Lissy zu arbeiten. Zudem war ihr nicht bewusst, dass Lissy erst lernen musste, bestimmte Worte mit einem erwünschten Verhalten in Verbindung zu bringen.” In ihrem Buch “Follow Me” erklärt Hundetrainerin Radana Kuny, wie man zum Rudelführer wird.

„Lissy, hierhin!“,   Anja gestikulierte heftig.

„Komm hiiiiier, hiiiier, hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiier.“ Ihre Stimme wurde immer leiser. Tränen standen in ihren Augen. „Ich mache doch alles für sie, warum hat sie mich denn gar nicht lieb?“ 

Als Lissy irgendwann, sehr viel später, vorsichtig näher schlich, war Anja so gekränkt, dass sie sie wortlos anleinte und nicht mehr beachtete. Die Hündin ließ den Kopf hängen und war offensichtlich ratlos. 

Was war hier geschehen? Anja hatte versäumt, an ihrer Bindung mit Lissy zu arbeiten. Zudem war ihr nicht bewusst, dass Lissy erst lernen musste, bestimmte Worte mit einem erwünschten Verhalten in Verbindung zu bringen. Sie wusste nicht, dass Anja erwartete, dass sie auf ein gerufenes „Hier“ zuverlässig zurückkommen solle. 

Das unglückliche, hilflose Verhalten von Anja, verhinderte erst recht, dass Lissy voller Freude auf sie hörte.

Ich wette, Anja hatte folgende Gedanken: „Lissy kommt nicht, das macht sie absichtlich, weil ich ihr egal bin.“ Dadurch bildeten sich in ihr wahrscheinlich Gefühle wie Kummer, Trauer, Zorn und Gleichgültigkeit. Passend dazu war ihr Körper angespannt und ihr Gesicht verzogen. Ich konnte die Hormone nicht riechen, die ihr Körper produziert, um diese Emotionen entstehen zu lassen. Lissy aber schon. 

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was Sie zu dem Menschen macht, der Sie sind? Ich verrate es Ihnen: Es sind Ihre Gedanken. Wir denken bis zu 80000 Gedanken täglich. Davon sind die meisten unbewusst und über 90% immer dieselben.

Ein Gedanke erzeugt immer folgenden Kreislauf: 

Jeder Gedanke lässt ein Gefühl in uns entstehen, das sich in einer Emotion (Energie in Bewegung) wie z.B. Glück, Freude, Angst, Kummer, Zorn, Wut zeigt. In der Folge schüttet unser Gehirn Hormone aus. Adrenalin und Noradrenalin sind Stresshormone, Oxytocin ist das Bindungshormon. Alle kann der Hund riechen und wahrnehmen. Aus Erfahrung weiß er, wie wir uns gleich verhalten werden und passt seine Reaktion an. 

Was bedeutet das für uns? Es reicht nicht aus, so zu tun, als seien wir entspannt oder ruhig. Wir müssen es tief innen wahrhaftig auch sein. Es bleibt uns nichts übrig, wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Und unsere Gedanken kontrollieren. 

Es ist fast nicht möglich, nur gute, aufbauende Gedanken zu haben. Das wäre auch ungesund. Wir sollten allerdings darauf achten, nicht in einem Hamsterrad der destruktiven Gedanken zu verweilen, uns regelrecht in ihnen zu verlieren. Um das zu verhindern, verrate ich Ihnen zwei wirkungsvolle Tipps.

1. Benutzen Sie das Zauberwort UND als Brücke von einem negativen Gedanken zu einem positiven Gedanken. Zum Beispiel: „Mein Hund reagiert nicht auf mich UND ich werde das jetzt ändern.“

2. Wenn wir in einer Situation gedanklich ein „im Moment“ hinzufügen, relativiert sich alles. „Im Moment ignoriert mich mein Hund“, ist ein wesentlich gesünderer Gedanke, als ein „Mein Hund ignoriert mich“. Dies vermittelt unseren Gefühlen, dass er uns ständig ignoriert.

Wie deutlich zu erkennen ist, entscheidet unser Denken darüber, was wir fühlen und wie wir uns verhalten. 

Wenn wir uns unserer Gedanken bewusst werden und diese verändern, verändert sich alles. Es heißt immer „Gedanken sind frei“, was auch richtig ist. Es ist unsere freie Entscheidung, was wir ab sofort denken wollen.

Wenn ich je nach Situation nicht weiß, welcher Gedanke für mich der Beste ist, frage ich mich, wie ein erfolgreicher Mensch wohl denken würde.

Ich „stehle“ ihm regelrecht seine Gedanken und mache sie zu meinen eigenen.

Anja bekam von mir folgende Deutung für Lissys Verhalten. „Lissy hat noch nicht verstanden, dass ‚Hier‘ bedeutet, immer und jederzeit zu dir zu kommen“, übersetze ich. Anjas Gesicht hellt sich auf. „Stimmt, ich habe das nie richtig mit ihr geübt. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie weiß, was ich mit dem ‚Hier‘ meine“. Tja, so schnell können sich Missverständnisse in Luft auflösen.
Wir übten mit Lissy das „Hier“. Aber sehr spielerisch, ohne jeglichen Druck. Das machte Anja Spaß und sie reagierte sofort mit großer Freude darauf. Ihr Körper wurde weich, die Bewegungen rund, das Gesicht strahlte. Und Lissy freute sich ebenfalls. Immer, wenn sie Anja anschaute, rief diese sie mit einem fröhlichen „Hier“ zu sich. Es dauerte nicht lange, bis Lissy es verstanden hatte. Das Geniale an diesem Training war, dass Anja sie immer seltener rufen musste, da diese von sich aus immer häufiger ihre Nähe suchte. 

Generell ist es sinnvoll, wenn wir unsere Gedanken ab und zu in Frage stellen. Wie heißt es so schön? Glaube nicht alles, was du denkst!

Vieler dieser Gedanken sind nicht unsere eigenen.

Wir haben sie von unseren Eltern übernommen oder sie wurden uns von den Medien, der Schule oder der Gesellschaft eingetrichtert. Manche dieser Gedanken waren uns in der Vergangenheit hilfreich, könnten uns aber nun in der Gegenwart an einem Weiterkommen hindern. 

Es wäre deshalb von Vorteil, sich gerade bei ständig wiederkehrenden Gedanken zu fragen, ob sie heute noch ihre Gültigkeit haben. Gedanken, die nicht mehr zu uns passen, dürfen sich verabschieden, indem wir sie loslassen. Wir brauchen sie nicht mehr.

Es ist vollkommen normal, ja sogar gesund, dass sich unsere Gedanken im Laufe der Zeit ändern. Neue Gedanken sind ein eindeutiges Zeichen, dass wir uns weiterentwickeln.

Es wäre ungesund, wenn wir gedanklich auf der Stufe eines Kindes, oder eines Jugendlichen wären. Ein Erwachsener braucht andere Gedanken, um sich in dieser Welt seinen eigenen Platz zu erobern.

Übrigens kann es richtig spannend sein und sogar Spaß machen, neue Gedanken zuzulassen. Sie sind wie kleine Geschenke, die oft überraschend auftauchen.

Erfahre im Buch von Radana Kuny alles darüber, wie man zum Rudelführer wird, modern erzieht und jeden Hund für sich gewinnt:

Follow me – Das Leadership-Praxisbuch für Rudelführer

Radana Kuny

Minerva Verlag, Mönchengladbach

Format 17 x 24 cm

ISBN 978-3-910503-02-1

Erhältlich im MinervaStore.

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