Wie Hunde mit uns sprechen – und was wir daraus lernen können

Von Clara N. Beim Beobachten von Kindern mit Hunden fällt es immer wieder auf: Gut gemeinte Gesten wie Umarmen, Ziehen…

Von Clara N.

Beim Beobachten von Kindern mit Hunden fällt es immer wieder auf: Gut gemeinte Gesten wie Umarmen, Ziehen oder enges Kuscheln werden häufig als Zuneigung verstanden – vom Menschen. Der Hund hingegen zeigt oft leise Signale von Stress oder Rückzug, die übersehen werden. Solche Szenen verdeutlichen, wie unterschiedlich unsere Arten kommunizieren – und wie wichtig es ist, Hundesprache richtig zu verstehen. Denn nur wer ihren Ausdruck lesen kann, schafft eine sichere und vertrauensvolle Verbindung.

Wie Hunde mit uns kommunizieren

Hunde sind soziale Wesen mit einem erstaunlich feinen Gespür für menschliches Verhalten. Sie lesen unsere Körpersprache, interpretieren Mimik und Tonfall – und nutzen dabei ihre ganz eigene Palette an Ausdrucksformen. Von aufgerichteten Ohren über Schwanzhaltung bis zu kleinsten Bewegungen der Lefzen: Jeder Hund sendet ständig Signale.

Typische Kommunikationsformen von Hunden sind:

– Körpersprache: geduckte Haltung (Unsicherheit), offener Blick (Freude), Züngeln oder Wegschauen (Beschwichtigung)

– Stimmliche Laute: Bellen, Knurren, Winseln oder Fiepen – je nach Tonlage mit unterschiedlichen Bedeutungen

– Geruchssignale: Für uns oft unsichtbar, aber für Hunde ein zentraler Informationskanal

– Blickkontakt: Hunde nehmen unsere Augenbewegungen genau wahr – oft besser als Worte

Die enge Mensch-Hund-Beziehung basiert auf jahrtausendelanger Domestikation – doch sie ist kein Selbstläufer. Gute Kommunikation will gelernt sein.

Wo wir Hunde oft missverstehen

So sehr wir unsere Hunde lieben, viele Missverständnisse passieren aus Unwissen oder guter Absicht. Eine Pilotstudie (Mariti et al.) zeigt, dass gerade in Alltagssituationen wie Streicheln, Spielen oder Umarmen viele Hunde Stress- oder Beschwichtigungssignale senden – die leider oft übersehen werden.

Besonders häufig missverstanden werden:

– Züngeln, Blinzeln, Gähnen → wird oft als Müdigkeit gedeutet, ist aber oft ein Zeichen von Unbehagen

– Wegschauen oder sich Abwenden → ist kein Desinteresse, sondern höfliche Deeskalation

– Knurren → wird häufig bestraft, obwohl es ein wichtiges Warnsignal ist

Die Studie zeigt auch: Kinder sind besonders gefährdet, weil sie oft zu körperlich oder laut interagieren – Umarmungen, Ziehen an Pfoten oder Umklammern können Hunde massiv verunsichern. Selbst vertraute Hunde zeigen dabei Stressreaktionen. Ein zentrales Problem: Menschen erkennen die feinen Signale nicht – und übergehen unbeabsichtigt die Grenzen des Tieres.

Wie wir besser mit Hunden kommunizieren können

1. Körpersprache verstehen lernen

Beobachte deinen Hund im Alltag: Wann wendet er sich ab, wann sucht er Nähe? Was tut er, wenn er gestresst ist? Mit etwas Übung lassen sich viele Missverständnisse vermeiden.

2. Den Hund nicht vermenschlichen

Was für uns Zuneigung ist (z. B. Umarmen), kann für Hunde bedrohlich wirken. Stattdessen: Nähe auf Hundesprache – z. B. gemeinsames Spiel, ruhige Stimme, seitliche Annäherung.

3. Grenzen respektieren

Wenn ein Hund sich zurückzieht, nicht bedrängen. Wenn er knurrt, nicht schimpfen – sondern zuhören. Das ist gelebter Respekt.

4. Klare Signale senden

Hunde reagieren auf eindeutige Körpersprache, klare Rituale und ruhige Kommunikation. Widersprüchliche Gesten (z. B. rufen und dabei weglaufen) verwirren sie.

5. Kinder aufklären

Kinder brauchen altersgerechte Anleitung im Umgang mit Hunden – ruhig, respektvoll, beobachtend. Denn: Die meisten Beißunfälle passieren im eigenen Zuhause.

Exkurs: Sprechen Hunde bald mit Knöpfen?

Ein spannender Forschungsansatz wirft derzeit die Frage auf, ob Hunde in Zukunft mit uns sprechen könnten, zumindest in einer ganz neuen Form. In einer aktuellen Studie von Rossano et al. (2024) wurde untersucht, ob Hunde mithilfe sogenannter Soundboard-Buttons tatsächlich Wörter verstehen oder lediglich auf körpersprachliche Hinweise ihrer Halter:innen reagieren. Dabei zeigte sich Erstaunliches: Die Hunde reagierten in verschiedenen Tests kontextgerecht auf Wörter wie „spielen“ oder „raus“, selbst wenn diese nicht gesprochen, sondern nur durch einen Knopfdruck ausgelöst wurden.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Hunde bestimmte Begriffe nicht nur mit Routinen oder Gesten verknüpfen, sondern sie unabhängig von der Körpersprache als bedeutungstragende Signale erkennen können. Die Tests wurden sowohl im Labor als auch im häuslichen Umfeld durchgeführt, mit vergleichbaren Resultaten. Die Tiere zeigten dabei ein stabiles Reaktionsverhalten auf die jeweiligen Begriffe, unabhängig davon, wer sie auslöste.

Allerdings betonen die Forschenden ausdrücklich, dass es sich um eine erste explorative Studie handelt. Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise auf ein mögliches Sprachverständnis, erlauben aber keine allgemeingültigen Aussagen für alle Hunde. Entscheidend bleibt die individuelle Mensch-Hund-Beziehung. Sie bestimmt maßgeblich, wie solche Hilfsmittel verstanden, eingesetzt und interpretiert werden.

In weiteren Studien soll nun erforscht werden, ob Hunde nicht nur auf Knopf-Signale reagieren, sondern diese auch aktiv und sinnvoll nutzen können, beispielsweise durch das Aneinanderreihen mehrerer Begriffe oder zur gezielten Kommunikation eigener Bedürfnisse. Noch steht die Forschung ganz am Anfang. Doch bereits jetzt eröffnet sie neue Perspektiven auf das Verständnis zwischen Mensch und Hund – direkt aus dem Alltag heraus und auf Augenhöhe.

Fazit: Kommunikation beginnt mit Verständnis

Hunde sprechen mit uns – über ihre Körper, ihre Augen, ihr Verhalten. Doch wir müssen lernen, ihre Sprache zu verstehen. Gute Kommunikation heißt nicht nur, dass der Hund uns „gehorcht“. Es heißt, dass wir ihn sehen, hören, fühlen – und seine Bedürfnisse ernst nehmen. Nur dann entsteht echte Bindung, Vertrauen und ein gemeinsames Miteinander.

Wer Hunde genau beobachtet, erkennt schnell: Kommunikation geschieht oft im Stillen. Ein Blick zur Seite, ein kurzes Lecken über die Schnauze, ein angespannt gehaltener Körper – all das sind wichtige Signale. Je besser wir lernen, diese Sprache zu verstehen, desto sicherer und harmonischer wird unser Zusammenleben mit ihnen. Denn echte Beziehung beginnt dort, wo wir bereit sind, nicht nur zu sprechen, sondern auch zuzuhören.

Quellen:

Dogs Understand Words from Soundboard Buttons, Study Reveals. (2024, 28. August). https://today.ucsd.edu/story/dogs-understand-words-from-soundboard-buttons-study-reveals

Walsh, E. A., Meers, L. L., Samuels, W. E., Boonen, D., Claus, A., Duarte-Gan, C., Stevens, V., Contalbrigo, L., & Normando, S. (2024). Human-dog communication: How body language and non-verbal cues are key to clarity in dog directed play, petting and hugging behaviour by humans. Applied Animal Behaviour Science, 272, 106206. https://doi.org/10.1016/j.applanim.2024.106206

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