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200 Euro, ein bisschen Fell – und ganz viel Leid | Tierärzte warnen

Es ist Samstag, kurz vor Mittag, Parkplatz eines Möbelhauses irgendwo in Sachsen.

Der BMW steht in der Sonne, der Motor läuft. Als ich näherkomme, sehe ich die Box im Kofferraum. Darin: zwei zitternde Welpen, kaum acht Wochen alt. Der Verkäufer spricht schnell, sagt „beide geimpft, Papiere gibt’s später, die Mutter? Total lieb – zu Hause.“ Dann schiebt er mir einen zerknitterten Impfpass über die Stoßstange. Ich weiß: Der ist gefälscht. Und ich weiß auch, dass einer der beiden Hunde das Wochenende nicht überleben wird.

Willkommen im Geschäft mit dem Hundeglück.

Der illegale Welpenhandel in Europa boomt. Über 100.000 Tiere werden jährlich allein über Online-Plattformen wie eBay-Kleinanzeigen angeboten – viele davon viel zu jung, krank, traumatisiert. Die Hunde stammen oft aus osteuropäischen Massenzuchten, sogenannten Puppy Mills. Ihre Mütter vegetieren in dunklen Verschlägen, gebären Wurf um Wurf, bis sie ausgemergelt „entsorgt“ werden. Die Welpen werden viel zu früh von ihnen getrennt, in Transportern versteckt, grenzüberschreitend verschoben – und dann auf deutschen Parkplätzen verkauft. Für 200, 300 Euro. Ohne Kontrolle. Ohne Mitleid. Ohne Gesetz.

Das ist keine Randnotiz. Das ist ein florierendes Verbrechen.

Denn was viele nicht sehen wollen: Wir sind Teil dieses Systems. Wer spontan einen Welpen „rettet“, ohne nach Herkunft, Zuchtbedingungen oder Papieren zu fragen, unterstützt die nächste Lieferung. Wer auf Social Media süße Schnappschüsse liked, teilt und unkritisch kommentiert, normalisiert das Geschäft. Und wer den billigen Preis mit einem Schulterzucken hinnimmt, bezahlt am Ende doppelt: mit hohen Tierarztkosten – oder mit dem Tod des Hundes.

Ich habe es selbst erlebt. Ich habe Welpen in Kartons fotografiert, die nicht mal mehr bellen konnten. Ich habe mit Tierärzten gesprochen, die „eBay-Tiere“ gleich nach dem ersten Besuch einschläfern mussten. Und ich habe Menschen interviewt, die dachten, sie hätten ein Tier gerettet – und sich später von einem zerplatzten Traum verabschiedeten. Mit Tränen. Und einer Rechnung über 2.000 Euro.

Der Staat? Tut zu wenig. Die Behörden? Überlastet. Die Plattformen? Waschen ihre Hände in Algorithmus-Wasser.

Es bleibt an uns.

Fragen wir nach. Recherchieren wir. Kaufen wir keine Tiere, wie wir Kühlschränke kaufen. Denn jeder Klick, jeder Kauf, jeder Like entscheidet darüber, ob Tierliebe echt ist oder nur bequem.

Ich bin Max Löhmer. Und ich werde weiter hinschauen.


Max Löhmer (41) hat sich als Reporter mit vielen Themen beschäftigt– bis ihm ein sterbender Billig-Welpe das Herz brach. Seitdem kämpft gegen Tierleid und die Welpenmafia. In „Löhmer blickt hin“ zeigt er, wo andere wegschauen.

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