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“Ich war schockverliebt.” – Die Britisch Langhaar im Porträt

Wenn sich die meisten Menschen ihre Traumkatze vorstellen, dann stellen sie sich wohl folgende Eigenschaften vor: verschmust, gut verträglich mit anderen Tieren und Kindern, zuckersüß und auch sonst pflegeleicht. Wer denkt, dass diese Vorstellung unrealistisch ist, liegt falsch. Denn die Britisch Langhaar kommt schon ziemlich nah dran. Die mit der Britisch Kurzhaar eng verwandte Rasse ist nicht nur schön anzusehen, sondern überzeugt auch mit ihrem charmanten Charakter. Um herauszufinden, was wirklich hinter der hübschen, flauschigen Fassade steckt, haben wir mit Annett Schwarz gesprochen, die bereits jahrelang Britisch Langhaarkatzen züchtet.

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Wie kommt man überhaupt zu dieser hübschen Rasse?

„Dazu gekommen bin ich vor 25 Jahren, eigentlich durch Zufall, auf der Suche nach einer Britisch Kurzhaar. Das ist ja eigentlich ein und dieselbe Rasse wie die Britisch Langhaar, bloß dass die einen kurzes Fell haben und die anderen etwas längeres Fell. Eigentlich ist der Ausdruck „Britisch Langhaar“ auch nicht ganz korrekt, weil sie zu den Halblanghaarkatzen zählen. Das sollten die Menschen, die sich für diese Rasse interessieren, wissen. Die BKH ist entstanden aus einer Kreuzung aus einer Britischen Hauskatze mit der Perserkatze. Da der Erhalt der Rasse BKH damals im Vordergrund stand, war der Fokus der Züchter auch auf den kurzhaarigen Katzen, nicht auf den langhaarigen Nachkommen. Die Britisch Langhaar wurde damals noch gar nicht wirklich erwähnt. Da bin ich also zu einer Züchterin gekommen, bei der ich eigentlich eine Britisch Kurzhaar angucken wollte. Als ich reinkam, ging direkt der erste Blick ins Wohnzimmer, wo auf dem Teppich zwei wuschelige Dinger lagen. Ich war total schockverliebt und wollte unbedingt eine der langhaarigen Katzen haben. Also bin ich eigentlich vollkommen unwissend und aus Zufall vor 25 Jahren auf die BLH gekommen.“

Was macht sie so besonders?

„Für mich ist das eine total liebenswerte Rasse, weil sie vom Charakter noch etwas ruhiger und relaxter als die Britisch Kurzhaar ist. Die Britisch Kurzhaar ist auch eine ruhige Katzenrasse. Es gibt ja ganz verschiedene Katzentypen, eine hyperaktive Bengalkatze käme für mich zum Beispiel nicht in Frage. Ich persönlich mag dieses ruhige, diesen lieben, sehr menschenbezogenen Charakter. Sie gehen sozusagen nicht über Tische und Bänke, das sage ich auch immer zu den Käufern, die sich von mir beraten lassen. Sie sind total relaxed und sie zeigen einem auch ganz oft den Bauch und wollen am Bauch angefasst und gekrault werden, was auch nicht bei jeder Rasse so ist. Das ist ein großer Vertrauensbeweis. Wenn man sie gut geprägt aufwachsen lässt, dann sind sie auch so. Es gehört natürlich schon ein wenig züchterische Arbeit dazu. Leider Gottes ist es so, dass auch viel ohne Papiere gezüchtet wird. Dann sagen die Züchter, es handelt sich um eine BKH oder BLH, es gibt aber keinen Stammbaum. Da ist für mich der Nachweis gar nicht gegeben, ob das überhaupt die entsprechende Rasse ist.

Es gibt Züchter wie mich, die im Verein züchten, die gar nicht die Zeit haben, und manch auch einer nicht die Einsicht, dass die Katzenbabys eine Prägung brauchen. Nicht nur auf ihre Mutter, sondern auch auf uns Menschen. Wenn ich jetzt einen Wurf hätte und den würde ich ganz isolieren von Menschen, dann wären sie nicht auf Menschen geprägt, sondern ängstlich, weil sie uns nicht kennen. Man muss sie natürlich auch streicheln, hochnehmen, sich mit ihnen beschäftigen und so weiter. Damit sie auch tatsächlich zeigen können was in ihnen, was in ihrer Rasse steckt. Das Liebevolle. Ich habe vor kurzem noch mit einer Besitzerin geschrieben, die eine Katze von mir hat, und die ist ihr nicht von der Seite gewichen, als sie krank war. Die hat nur bei ihr gelegen, weil sie das spüren. Sie sind sehr gefühlvoll, das bezieht sich meiner Meinung nach aber generell auf Katzen, nicht nur auf meine Rasse. Ich sage immer: Katzen haben eine Antenne, mit der sie unsere Emotionen spüren. Sie merken, wenn es uns nicht gut geht. Und da ist meine Rasse besonders. Das mag ich an ihnen – dass sie so liebevoll, so liebenswert sind, so auf ihre Menschen zugehen. Eine super relaxte, gemütliche, familienfreundliche Rasse. Für Familien mit Kindern eignet sich die BLH nämlich auch.”

Für wen wäre die Rasse nicht geeignet?

“Menschen, die ein Tier möchten, das ein bisschen mehr Action hat und das auch brauchen. Als Beispiel nenne ich immer gern die Bengalkatze, die man ja auch oft auf Instagram und Co. sieht. Wer das mag, der geht eben auch mit der Katze raus, mit einem Geschirr und einer Leine. Das können Katzen ja alles lernen. Das ist was für Katzen, die richtig Bewegung brauchen. Wer sowas liebt, wer ein Tier möchte, das gefordert werden möchte, das Bewegung braucht, dann ist für denjenigen die Britisch Langhaar nichts.”

Wohnungshaltung oder Freigang?

“Beides. Ich sage immer: Die BLH kann ohne Probleme in der Wohnung gehalten werden, und wenn sie es nicht anders kennt, wird sie auch nicht nach draußen wollen. Aber: Am schönsten finde ich es, wenn die zukünftigen Besitzer meiner Katzen auch einen Balkon bieten können. Schön ist ein geschützter, kleiner Freigang, sprich ein katzensicherer Balkon, eine Terrasse, ein katzensicherer Garten… Ich persönlich möchte nicht, dass meine Katzen in einen unkontrollierten Freigang gehen. Es gibt natürlich auch Leute, die sich da nicht dran halten, aber ich kann ihnen auch nicht ewig vorschreiben, wie sie es machen sollen. Wenn Menschen irgendwo ganz abgeschieden wohnen und die Katze da nur ein wenig herumtippelt und die Besitzer der Meinung sind, da kann nichts passieren, dann machen das manche. Wenn sie es nicht anders kennt, kann sie drinnen bleiben, dann wäre es eine reine Wohnungskatze. Aber schön wäre es, wenn sie einen kleinen geschützten Freigang haben. Sie mögen es auch, die Natur anzugucken. Manche von meinen Katzen gehen auch gern in den Schnee. Im Sommer sitzen sie draußen und beobachten die Vögel. Wir dürfen ja auch nicht vergessen, dass eine Katze ein Tier ist, eigentlich sogar ein Raubtier.”

Wie sieht die Fellpflege aus?

“Man muss sie, genau wie bei einer BKH, regelmäßig kämmen bzw. bürsten. Die Britisch Langhaar braucht schon ein bisschen Fellpflege. Es ist so, dass das Fell total unterschiedlich sein kann. Es gibt Katzen, die haben ein recht pflegeleichtes Fell, weil sie nicht die Unterwolle haben. Auch wenn sie Wohnungskatzen sind, haben sie einen Fellwechsel im Winter und im Sommer. Gerade wenn sie im Herbst zu ihrem Winterfell übergehen, dann entwickeln viele sehr viel Unterwolle. Ich habe auch extra ein Epiliermesser zuhause, das das Fell ein bisschen ausdünnt. Wenn sie viel Unterwolle haben, brauchen sie ein wenig Pflege und die muss auch regelmäßig sein. Mindestens einmal die Woche. Im Fellwechsel besser 2-3 Mal in der Woche. Wenn keine Unterwolle da ist, ist es relativ einfach, sie zu kämmen. Da reichen ein normaler Kamm oder eine normale Bürste aus und man kommt gut durch. Die Unterwolle macht, wenn es zum Winter geht, ein dickeres Fell, was Mutter Natur geschuldet ist, um sich vor der Kälte zu schützen. Diese ganzen Prozesse, die in der Natur stattfinden, bei den Raubkatzen, die finden auch immer noch bei den Hauskatzen statt, obwohl sie ja eigentlich sehr domestiziert und menschenangepasst sind. Trotzdem bleibt ihnen einiges erhalten. Dazu gehört eben auch der Fellwechsel.”

Was ist bei der Zucht besonders zu beachten? Welche Erbkrankheiten gibt es?

„Es gibt zwei rassespezifische Erkrankungen: Die eine ist die PKD, eine polyzystische Nierenerkrankung, die dadurch bestimmt ist, dass die Nieren befallen werden durch die Ausbildung von mit Flüssigkeit gefüllten Zysten. Das ist eine genetische Erkrankung. Man kann einen Gentest machen lassen und auch bei mir sind alle Katzen genetisch darauf getestet. Das Schöne ist, bei der Erkrankung ist es so, wenn die Vorfahren negativ getestet sind, sind automatisch alle Nachkommen auch frei davon. Also dieser Gentest ist etwas richtig Gutes. Die zweite Erkrankung ist leider nicht so einfach in den Griff zu bekommen. Das ist die HCM, die hypertrophe Kardiomyopathie. Das ist eine Herzmuskelerkrankung. Da ist es leider Gottes so: Es gibt zwar einen HCM-Gentest, der ist aber nicht 100%ig sicher und bietet keine Sicherheit.“ Trotzdem sollten Interessenten der Rasse darauf achten, dass ihre Züchter hier informiert und bemüht sind, gesunde Katzen auf die Welt zu bringen. Im Idealfall wird hier auch nach vielen Jahren noch Rücksprache über den aktuellen Gesundheitszustand ihrer Katzen gehalten.

Was war das schönste Ereignis bei der Zucht?

“Das kann ich nicht so an einem Erlebnis festmachen. Was für mich das Allerschönste ist, ist dass ich Menschen glücklich machen kann. Wenn mich Menschen kontaktieren, die schon ihr Leben lang Tiere hatten oder jetzt gerade altersbedingt oder krankheitsbedingt ein Tier verloren haben, dann ganz voller Trauer sind, dann aber mich als Züchter kontaktieren, weil sie wissen, sie können nicht ohne Tiere leben. Wenn ich dann solche Leute habe, die dann auf die Babys warten, die ja die ersten drei Monate beim Züchter bleiben, und sehe, wie manche Menschen sich da vorbereiten, mir Bilder schicken, was sie sich alles gekauft haben und wie sie sich freuen. Das ist wie, wenn ein neues Kind ins Haus kommt. Und das ist für mich das Allerschönste an der ganzen Sache, was mich immer wieder antreibt, wenn es mal nicht so gut läuft oder irgendetwas Trauriges passiert. Auch toll ist, wenn Menschen so dankbar sind und ein neues Familienmitglied bekommen und dann doch wieder glücklich sind. Dass ich Menschen so in gewisser Weise glücklich machen kann, das ist für mich das Schönste dabei.”

Was war ein unschönes Erlebnis bei der Zucht?

“Unschöne Ereignisse kann ich so auch direkt nicht festmachen. Wenn zum Beispiel fünf Kitten geboren werden, ist es keine Seltenheit, dass ein Kitten auf einmal schlagartig aufhört zu trinken. Früher hab ich immer versucht, es irgendwie noch über den Berg zu zerren, aber meine Erfahrungen sind eigentlich die, dass die Natur das nicht ohne Grund macht. Manchmal haben die dann eine Lungenentzündung oder haben Fruchtwasser geschluckt. Man kann es erzwingen, dann sind es aber später vielleicht kranke Tiere. Deshalb habe ich gelernt, dass die Natur uns das zeigt. Es ist auch nach so vielen Jahren immer noch traurig ohne Ende, wenn ein Tier stirbt. Manchmal kommt es auch bei schon etwas älteren Kitten dazu – zwar nicht so häufig, aber auch das habe ich schon erlebt. Wenn man die dann gehen lassen muss, bin ich immer die nächsten Tage extrem traurig. Ich muss nach vorne schauen und das mache ich dann auch. Ich bin ein positiver Mensch und versuche, mich danach wieder an den positiven Dingen festzuhalten, die passieren.”

Ist schon einmal etwas bei der Geburt schiefgegangen?

“Bei einer Geburt kann ganz viel schiefgehen. Alles Mögliche. Ich hab durch die vielen Jahre viel Wissen gesammelt, dass ich einschätzen kann, ob ich etwas zum Beispiel knifflig ist, ich aber trotzdem allein regeln kann, oder nicht. Das kann zum Beispiel sein, wenn über Stunden Wehen vorhanden sind und kein Baby kommt. Dann ist irgendetwas nicht in Ordnung. Solche Sachen hatte ich fast nur am Anfang, was eigentlich zeigt, dass es auch etwas mit der Erfahrung zutun hat. Man kann da schon ein bisschen mit homöopathischen Mitteln – da gibt es ja auch Wehenmittel – arbeiten. Aber das hab ich natürlich auch schon gehabt, dass es wie gesagt nicht vorwärtsging und ein Kaiserschnitt unvermeidbar war. Das sind so die krasseren Dinge, die bei einer Geburt passieren können. Die sind eben nicht schön. Angenommen es sind schon zwei Babys da, es kann auch da später noch schiefgehen. Dann muss man zum Tierarzt, die zwei Babys natürlich mitnehmen, die Katze mit ihren Babys müssen in eine Transportbox und dann geht es los. Das ist für mich schon so die Horrorvorstellung.
Man geht allerdings mit seinem Erfahrungsschatz in diese Dinge rein. In den ganzen Jahren habe ich viel gelesen, viel erfahren und viel gelernt. Ich gehe an das Thema Geburt immer noch vorsichtig heran und bin aufgeregt, auch nach so vielen Jahren habe ich im Nacken, dass immer etwas schiefgehen kann. Ich bin immer froh, wenn alles vorbei ist und alle da sind. Aber ich gehe anders als früher heran, wo ich total nervös war und dachte: „Oh Gott, was machst du jetzt?“ Ich weiß bei vielen Dingen, was ich tun muss, damit die Geburt trotzdem einigermaßen gut verläuft. Es gibt eben kurze und lange Geburten. Es gibt welche, die machen das ganz zügig, was natürlich der Idealfall ist. In zwei Stunden 6 Babys – das habe ich alles schon erlebt. Ich gehe also wie gesagt mit einem Erfahrungsschatz ran, natürlich bin ich irgendwie vorsichtig, aber ich vertraue eben auch auf meine Erfahrung und arbeite mit meinem Tierarzt im Team zusammen und wir versuchen, da telefonisch in Kontakt zu sein.”

“Was ich noch hinzufügen möchte: Es gibt Besonderheiten, wenn es um diese Rasse geht.”

“Es gibt immer noch Menschen, die glauben, eine Katze ist ein Einzelgänger. Das liegt mir und auch vielen anderen Züchtern am Herzen: Ich verkaufe nicht in Einzelhaltung. Die Britisch Langhaar ist ein geselliges Tier, das kein Einzelgänger ist – auch andere Katzen nicht, aber vor allem unsere Rasse freut sich immer, wenn sie nicht allein lebt. Ich möchte immer, dass meine Käufer mindestens zwei Katzen haben oder einen Hund, damit verstehen sich unsere Katzen auch gut. Aber für eine komplette Einzelhaltung sind sie nicht geeignet, das ist leider immer noch fälschlicherweise in den Köpfen der Menschen drin. Viele haben jahrelang nur ein Tier und denken dann, es wäre doch alles immer gut gewesen. Die Katze kann uns aber gar nicht sagen, dass sie lieber zu zweit wäre. Wenn Katzen zum Beispiel als Geschwister zusammenziehen, haben sie lebenslang einen Zusammenhalt. Die wird man immer zusammen sehen. Die laufen zusammen rum, die schlafen zusammen, das ist das Schönste, was man einem Tier bieten kann.”

Wie würdest du die Britisch Langhaar in einem Wort beschreiben?

“Liebenswert. Ich war der BLH damals sofort verfallen, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe. Diesem liebenswerten, wuschigen Etwas.”

Vielen Dank für das ausführliche, spannende Interview!

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