
Mein Partner, der Heimwerker – und der Kater, der helfen wollte
Hier schreibt Julius Mertens, Anfang 40, Texter und Kolumnist. Gemeinsam mit seinem Partner David und dem orangefarbenen Kater Monsieur Pompadour lebt er in einer Wohnung, die früher mal ihm gehörte, heute inszeniert Pompi täglich neue Bühnenstücke zwischen Futterneid, Fensterbank-Drama und Sofakissen-Intrigen.
Es begann mit einem harmlosen Satz: „Ich häng nur schnell das Bild auf.” David stand vor der Wand im Flur, ein gerahmtes Foto in der einen Hand, eine Wasserwaage in der anderen, und strahlte mich an, als hätte er gerade die Lösung für den Weltfrieden gefunden.
Monsieur Pompadour saß auf dem Sideboard und beobachtete die Szene mit der Aufmerksamkeit eines Bauinspekteurs. Ich hätte ahnen müssen, dass das nicht gut enden würde.
„Einfach nur aufhängen?”, fragte ich vorsichtig. Bei David bedeutete „einfach nur” meist eine mehrstündige Odyssee durch alle Baumärkte der Stadt.
„Ganz einfach”, bestätigte er fröhlich. „Dübel rein, Schraube rein, Bild dran. Fertig.”
Fertig. Als wäre jemals etwas fertig, wenn David mit Werkzeug hantiert.
Eine Stunde später sah unser Flur aus wie ein Kriegsgebiet. David hatte inzwischen fünf Löcher in die Wand gebohrt („Das erste war minimal schief”), zwei verschiedene Bohrer ausprobiert und festgestellt, dass unsere Wand offenbar aus „ungewöhnlich hartem Material” besteht.
Das Orakel war inzwischen vom Sideboard auf den Boden gehüpft und inspizierte interessiert die Werkzeuge, die David großzügig auf dem Parkett verteilt hatte.
„Pompi, geh weg da”, sagte David abwesend, während er die Bohrmaschine neu ausrichtete. „Das ist gefährlich.”
Gefährlich. Als würde Pompi jemals vor Gefahr zurückschrecken. Satan in Plüsch betrachtete das als Einladung und begann, die Schrauben zu sortieren. Mit den Pfoten. Einzeln. In alle Himmelsrichtungen.
„David”, sagte ich, „vielleicht sollten wir—”
„FAST GESCHAFFT!”, rief er triumphierend und setzte die Bohrmaschine an.
RRRRRR.
Klirr.
Eine Schraube flog im hohen Bogen durch den Flur. Pompi sprintete hinterher, als wäre es eine besonders schnelle Maus.
„Verdammt”, murmelte David. „Die war noch wichtig.”
Wichtig. Als wären die anderen Schrauben nur zur Dekoration da.
„Pompi hat sie”, sagte ich und deutete auf den Fluffinator, der die Schraube jetzt wie einen Fußball durch den Flur kickte.
„Hol sie ihm weg!”, rief David, während er nach dem nächsten Dübel suchte.
Ich kroch auf allen Vieren durch den Flur und versuchte, unserem pelzigen Messi die Schraube abzujagen. Pompi interpretierte das als neues Spiel und rannte mit seinem metallenen Spielzeug ins Wohnzimmer.
Als ich zurückkam, hatte David ein neues Problem: „Der Dübel geht nicht rein. Die Wand ist zu hart.”
„Vielleicht ist das Loch zu klein?”
„Nein, das Loch ist perfekt. Die Wand ist das Problem.”
Die Wand war das Problem. Natürlich. Wände sind immer das Problem, wenn David heimwerkt.
„Ich brauche einen größeren Bohrer”, verkündete er und wühlte im Werkzeugkasten.
Das war der Moment, in dem Pompi zurückkehrte. Ohne Schraube, dafür mit gesteigertem Interesse am Werkzeugkasten. Er setzte sich direkt davor und schaute hinein, als wäre es ein besonders interessantes Aquarium.
„Wo ist denn der 8er?”, murmelte David und durchwühlte die Werkzeuge. „Ich hatte doch einen 8er Bohrer…”
Pompi hüpfte elegant in den Werkzeugkasten hinein. Alle vier Pfoten. Gleichzeitig.
„POMPI!”, rief ich. „RAUS DA!”
Aber es war zu spät. Das Orakel hatte es sich gemütlich zwischen Schraubendrehern und Zangen gemacht und begann, ausführlich sein Hinterteil zu putzen.
„Er sitzt im Werkzeugkasten”, berichtete ich David.
„Was macht er da?”
„Er… putzt sich.”
David schaute auf. „Im Werkzeugkasten?”
„Im Werkzeugkasten.”
Wir starrten beide auf Pompi, der völlig unschuldig zwischen den Werkzeugen hockte und dabei aussah, als wäre das der natürlichste Platz der Welt für eine Katzenhygienestunde.
„Raus da!”, sagte David. „Ich brauch den Bohrer!”
Pompi schaute ihn an. Dann schaute er mich an. Dann setzte er seine Körperpflege fort.
„Er ignoriert uns”, stellte ich fest.
„Dann hol ihn raus!”
„Du hol ihn raus! Es ist dein Werkzeugkasten!”
„Es ist dein Kater!”
Unser Kater hörte auf, sich zu putzen, und schaute uns beide an. Mit einem Blick, der deutlich sagte: „Diskutiert ruhig weiter. Ich hab Zeit.”
Schließlich lockte ich ihn mit einer Dose Katzenfutter aus dem Werkzeugkasten. David fand seinen Bohrer – mit Katzenhaar dran.
„Das muss ich jetzt alles desinfizieren”, murmelte er.
„Warum?”
„Katzenpopo. Im Werkzeugkasten.”
„Er hat sich nur geputzt.”
„Mit dem Popo nach unten!”
Während David seine Werkzeuge desinfizierte, bohrte ich das Loch zu Ende. Dabei fand ich die verschollene Schraube – unter dem Sofa, zusammen mit drei Haargummis und einem Katzenleckerli.
Das Bild hängt übrigens immer noch schief. David behauptet, das sei „künstlerisch wertvoll”. Ich glaube, er hat einfach aufgegeben.
Pompi hat sich inzwischen einen neuen Liebingsplatz erobert: den Werkzeugkasten. Jedes Mal, wenn David heimwerken will, sitzt Satan in Plüsch bereits darin und wartet.
„Ich könnte einen zweiten Werkzeugkasten kaufen”, überlegt David manchmal.
„Oder”, schlage ich vor, „du könntest das Heimwerken lassen.”
Aber das würde bedeuten, dass das Orakel seinen neuen Thron verliert. Und das können wir nicht verantworten.
Der Katzenpopo-Werkzeugkasten ist inzwischen eine feste Institution in unserem Haushalt. Wie alles andere auch, was Pompi für sich beansprucht hat.
Das nächste Projekt heißt übrigens „Katzenklappe reparieren”. Ich werde vorher prophylaktisch eine Flasche Wein kaufen.
Und einen größeren Werkzeugkasten.