Einsatz auf vier Pfoten! | Teil 10
Ich nutzte gerade die Funkstille an diesem Sonntagnachmittag und steuerte den Streifenwagen zum Wiesengrund an der Pegnitz, um Buxi Gelegenheit zu geben, sich die Pfoten zu vertreten. Doch die Einsatzzentrale verhinderte das: „Achtung, soeben aktueller Einbruch in der Edisonstraße! Wer fährt?“ Einige Fahrzeugbesatzungen meldeten sich. Ich auch. „An die anfahrenden Streifen“, fügte der Führungsbeamte hinzu, „es handelt sich um ein Firmengebäude. Der Inhaber hat Geräusche darin gehört. Bitte sofort umstellen, Hund kommt!“
Einbrecher im Hochregal
Ich schaltete Blaulicht und Martinshorn an und flog förmlich zum Einsatzort in Nürnbergs Westen. Zwei Streifenwagen waren dennoch vor mir da. Die Kollegen standen bereits an den Ecken der Halle und beobachten jeweils eine Längsseite, als ich auf das Gelände einbog. Unbemerkt konnte es niemand mehr verlassen. „In dem Gebäude befinden sich ein Produktionsbereich und ein Lager“, erzählte mir der aufgeregte Besitzer, „aber die sind von einander getrennt! Das Klirren, das ich gehört habe, kam aus dem Lager.
Da dürfte jetzt eigentlich niemand drin sein.“ „Haben sie den Schlüssel dafür da?“, fragte ich. Er nickte: „Ja, aber die Türe steht sowieso einen Spalt offen. Sie scheint aufgebrochen worden zu sein.“ Er hatte recht. Schon von Weitem konnte ich erkennen, dass die Blende des Schlosses auf dem Boden lag. Ich bat den Mann, einige Meter zurück zu treten, dann holte ich Buxi aus dem Auto. Er wusste bereits, was auf ihn zukam, und bellte lautstark.
Insoweit hätte ich mir die Androhung des Diensthundeeinsatzes nun sparen können, aber ich rief sie dennoch durch die Türe der Fabrikhalle. „Hier spricht die Polizei! Kommen Sie raus, oder ich setzte den Diensthund ein!“ Nichts rührte sich. Nur Buxi an meiner Seite bebte. Also gab ich ihn mit einem leisen „Voran“ frei.
Kurz aufjaulend stürzte er vorwärts.
Ich blieb am Eingang in Deckung, so, wie es die Vorschriften der Eigensicherung verlangten. Wie so oft trug Buxi das Risiko alleine. Dafür war er da. Ob ich mich dabei wohl fühlte oder nicht. Aus meiner Position konnte ich Buxi dank des Tageslichts gut beobachten. Er stöberte den hohen Raum weitgehend im Galopp ab, ließ aber dabei keinen Schrank und keine Nische aus. Er war aufgeregt, hob immer wieder die Nase, um Witterung aufzunehmen. So verhielt er sich nur, wenn er menschlichen Geruch wahrgenommen hatte. Eine weitere Streife war angekommen.
Ich bat die beiden Beamten, hinter mir zu bleiben, und konzentrierte mich wieder auf meinen Hund. Mir fiel auf, dass er sich verstärkt nach oben orientierte. Plötzlich schien es, als würde ihn ein unsichtbarer Faden in die Ecke der Halle ziehen, die vom Licht am wenigsten erhellt wurde. Gleichzeitig stieg er auf, tänzelte einige Schritte sogar auf nur zwei Beinen. Dann verschwand er aus meinem Blickfeld. Es hielt mich nicht mehr länger an der Türe. In der linken Hand die eingeschaltete Taschenlampe, rechts die Pistole, pirschte ich mich, jedes Möbel als Sichtschutz nützend, quer durch das Lager in die Richtung, wo ich Buxi zuletzt gesehen hatte. Die Kollegen blieben nah bei mir und deckten mir den Rücken.
In der Ecke war etwa in drei Meter Höhe ein Zwischenboden montiert, auf dem Schrott und Holzkisten gestapelt waren. Buxi drehte sich darunter im Kreis, den Blick nach oben.
Schließlich stützte er sich mit den Vorderpfoten an die Wand und bellte.
„Da oben muss jemand sein“, flüsterte ich dem Kollegen zu, der direkt hinter mir kauerte. Er richtete sich auf und rümpfte die Nase. „Sieht so aus. Ich frage mich nur, wie er da rauf gekommen sein soll. Ich schau mal, ob ich irgendwo eine Leiter auftreiben kann.“ Er hatte recht. Ohne eine solche Hilfe war es unmöglich, auf den Zwischenboden zu klettern. Weder für uns noch für einen Einbrecher. Ich rief Buxi zu mir und lobte ihn: „Guuut gemacht, Großer!“ Dann nahm ich ihn an die Leine. Kurz darauf schob sich eine anscheinend notdürftig zusammen genagelte Leiter durch die Tür. „Etwas Besseres war draußen nicht zu finden“, meinte der Kollege und lehnte das abenteuerlich aussehende Gestell an den Zwischenboden. Vorsichtig stieg er hinauf, sein Partner sicherte ihn.
Ich sah ihn nun nicht mehr, hörte aber, wie er schimpfte: „Pfui, ist das ein Dreck hier! Hier muss ja schon seit Generationen keiner mehr gewesen sein.“ Dann sprach er in völlig anderem Ton weiter: „Hallo, wen haben wir denn da! Stehen Sie mal auf. Aber ganz langsam! Hier ist nämlich die Polizei.“ Es rumpelte auf den Holzbohlen, Staub rieselte herunter. „Alles klar?“, rief ich fragend. Die Antwort kam sofort: „Ja, alles klar. Ich hab’ den Typen. Wir kommen runter.“
Eine Aluleiter glitt über den Rand des Zwischenbodens.
„Hier“, sagte der Kollege, „damit ist er natürlich locker hier herauf gekommen. Und dann hat er sie einfach hochgezogen.“ Darauf hätten wir eigentlich selbst kommen können, dachte ich. Der Kopf eines Mannes um die Vierzig tauchte auf, dahinter der des Polizisten. Der Einbrecher machte ein betretenes Gesicht. Buxi hatte alles aufmerksam beobachtet, jetzt zog er an der Leine und wedelte aufgeregt. „Jawohl, Buxi, da ist der Lump. Das hast du fein gemacht!“, würdigte ich ihn noch einmal seine Leistung und klopfte ihm die Flanke.
„Bin kein Lump,“, brummte der Festgenommene und stieg die Leiter herunter, „ich wollte nur holen, was mir zusteht.“ Was er damit meinte, klärte sich im darauf folgenden Gespräch mit dem Firmeninhaber, der draußen wartete. Der Täter war bis vor kurzem Angestellter der Firma gewesen. Es gab offenbar Streitigkeiten wegen eines angeblich noch ausstehenden Lohnes. Diesen hatte sich der nun Arbeitslose offenbar in Naturalien aus dem Lager holen wollen. Keine gute Idee, wie sich nun herausstellte. Dank Buxi.
Hier erfährst du, wie es weitergeht.
Elmar Heer arbeitet seit 40 Jahren als Polizeibeamter. 1990 wechselte er vom Streifendienst zur Diensthundestaffel Mittelfranken. Schon früh entdeckte er seine zweite Leidenschaft: das Schreiben. Mit seinem Buch „Partner auf Leben und Tod“, erschienen bei Droemer-Knaur, gewährt der Autor dem Leser einen Einblick in Leben und Arbeit eines Polizeihundeführers. Er erzählt über seine Aufgaben als Hundeführer, die umfangreiche Ausbildung von Polizeihunden und über spannende, heitere und auch tragische Einsätze, die er mit seinen Schäferhunden Gundo, Bux, Carina und Sam erlebte.
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