
Darex und Johann – Sprengstoffhunde auf Bombensuche
Zunächst schien es ein ganz normaler Tag, wie jeder andere, zu werden. Ich war gerade damit beschäftigt, einige Dinge für die Hundepension einzukaufen, als gegen 15 Uhr mein Handy klingelte. Ein etwas aufgelöster Herr war am Telefon, der sich hektisch erkundigte, ob ich noch Sprengstoffspürhunde hätte. Ich bejahte die Frage und er meinte, ich solle mich dann bitte sofort auf den Weg machen, da eine Bombendrohung eingegangen wäre.
Die Polizei sei vor Ort und die Sicherheitsabteilung des Unternehmens bestünde auf Absuche der Gebäude mit einem Sprengstoffhund. Also machte ich mich auf den Weg. Jedoch genau da begann das eigentliche Probleme. Ich musste mich selbst zunächst ein klein wenig vorbereiten, die Hunde abholen und überhaupt – knapp 120 km bewältigen. Dummerweise lag gerade zu dieser Zeit hoher Schnee und bei meinem Rückweg von der Pension nach Hause fuhr ich mich fest. Man kann sich meine Begeisterung sicher vorstellen. Glücklicherweise kam gerade ein Trecker vorbei, der mich befreien konnte. Nach 10 Minuten konnte ich dann die restlichen paar Meter zurücklegen, raus aus dem Auto, rein mit den Hunden und direkt wieder los.
Auf zum Einsatzort
Gerade auf die nächste Straße eingebogen, drehten die Räder wieder durch. Mein Blutdruck befand sich am Limit. Meine Stimmung schien Einfluss auf die Reifen zu nehmen, denn plötzlich war ich frei und konnte weiter. Nun hatte ich nur noch 119 km vor mir und das natürlich ohne Sonder- und Wegerechte. Der Verkehr, auch auf der Autobahn, war entsprechend zäh. Das mag aber auch ein wenig an meiner Wahrnehmung gelegen haben. Natürlich wurde ich gefühlt alle 3 Minuten angerufen, wo ich denn bliebe, das Gebäude sei evakuiert und dürfe nicht eher wieder betreten werden, bis die Absuche durch den Hund erfolgt sei. Nach rund zwei Stunden kam ich endlich an und wurde direkt in Empfang genommen. Ich bat darum, mir zunächst einen Überblick über die unterschiedlichen Bereiche zu verschaffen, damit ich meine Absuche etwas koordinieren konnte. Man wies auf eine große Empfangshalle, mit mehreren Büroetagen darüber und einen Büroturm mit knapp 10 Etagen plus Tiefgarage. Dies sollte mein Suchbereich sein …
Auf Bombensuche
Ich fragte, ob sich die Mitarbeiter auf einen mehrwöchigen Urlaub eingerichtet hätten, denn mit zwei Hunden dies alles abzusuchen ist sicherlich möglich, aber in drei Wochen und nicht in drei Stunden. Ich entschied mich dann in Absprache mit den Sicherheitsbeauftragten für einige sicherheitsrelevante Bereiche und begann, nachdem ich die Hunde ein wenig vorbereitet hatte, mit der Absuche. Nachdem die Empfangshalle, zumindest die interessanten Abschnitte, abgesucht waren, tasteten wir uns Raum für Raum vor. Nach ca. 30 Minuten war der erste Hund „Darex“ erledigt. Nun musste „Johann“ ran. Schließlich landeten wir in der Warenannahme, die schon allein für sich Beschäftigungsmöglichkeiten für ein Dutzend Hunde geboten hätte. Auch „Johann“ schwenkte dann die weiße Fahne und Darex musste wieder übernehmen. Wir beschränkten uns auf Teilbereiche, die meiner Meinung nach eine Gefährdung hätten darstellen können, denn alles abzusuchen war schlicht nicht möglich. Auch drängte die Zeit ein wenig, denn die Mitarbeiter standen nun schon seit Stunden draußen und es war einigermaßen kalt. Mittlerweile war es nach 19:30 Uhr, die Hunde waren eifrig bei der Sache gewesen, beide hatten nun zwei „Runden“ durchgearbeitet und bis auf die Tiefgarage waren die Bereiche im Wesentlichen abgesucht.
Gefahr aus der Tiefgarage?
Nach einer kleinen allgemeinen Pause, auch ich brauchte dringend einen Kaffee, setzten wir zur letzten Runde im Gebäude an. Die Tiefgarage sollte ganz zum Schluss untersucht werden, da ein Eindringen von außen dort sehr problematisch sein würde, wir aber diesen Bereich nicht auslassen wollten. Die Hunde hatten bislang noch keine Bestätigung erhalten, dafür wurde es allmählich Zeit, wie ich fand. Ich bat also meine Begleitung, einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, mir in einem bereits abgesuchten Bereich ein wenig Zielstoff für die Hunde zu verstecken. Nachdem dies erledigt war, begab ich mich wieder in den Bereich und ließ zunächst Darex dort suchen. Noch in der Freisuche, also ohne meine direkte Anleitung, konnte man deutlich sehen, dass er auf einmal Geruch in die Nase bekam und sich zu einem Wandschrank zog. Er nahm noch einmal ein tiefes Näschen voll, setzte sich ab und starrte erwartungsvoll auf den Fundort. Ich sagte in Richtung meines Begleiters „Anzeige“, denn natürlich wusste ich vorher nicht, wo der Stoff verborgen war. Hinter mir hörte ich nur, wie jemand scharf die Luft einzog, drehte mich um und sah den Sicherheitsverantwortlichen hinter mir stehen. Der Mann hatte in seiner vorangegangen Karriere schon öfter Sprengstoffhunde bei der Arbeit gesehen und wusste das Verhalten des Hundes richtig zu deuten. Eindeutig zeigte er Stoff an. Was der arme Mann nicht wusste war, dass es sich um eine Bestätigungssuche gehandelt hatte. Er war von uns unbemerkt hinzugetreten, so konnte ihn keiner vorwarnen. Man kann sich vorstellen, dass der Ärmste gar nicht wieder zu beruhigen war. Zur Salzsäule erstarrt, dem Herztod nahe, flüsterte er nur „Anzeige … oh Gott“.
Darex zeigt an
Er war auch einigermaßen entsetzt, als ich zu meinem Hund ging und diesen mit einem Spielzeug bestätigte. Das ist nämlich bei einem „scharfen“ Fund in unmittelbarer Nähe des Sprengsatzes nicht üblich und schon gar nicht ratsam. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich der Gute wieder gefangen hatte und erkannte, dass wir keine Bombe gefunden hatten. Ich kann an dieser Stelle versichern, dass der Herr sehr erleichtert war. Nachdem auch „Johann“ seine Bestätigung an anderer Stelle bekommen hatte (diesmal war der Verantwortliche ja vorgewarnt), suchten wir noch die Tiefgarage sporadisch ab und erklärten dann den Einsatz für beendet. Sehr zur Erleichterung aller Beteiligten, insbesondere der Mitarbeiter, die nun endlich wieder in das Gebäude durften. Bleibt zu hoffen, dass alle Einsätze in der Form beendet werden können.

Ein MUSS für jeden, der sich auch nur ansatzweise mit Hundeausbildung beschäftigt.
Martin Weitkamp
Im Schatten der Gefahr
Hardcover, 128 Seiten, s/w
ISBN: 978-3-9815634-2-9
www.minervastore.de