Darex und Johann – Sprengstoffhunde auf Bombensuche

Martin Weitkamp beschรคftigt sich seit 40 Jahren mit der Ausbildung von Hunden. Hier berichtet er รผber seine vielen Einsรคtze …

Zunรคchst schien es ein ganz normaler Tag, wie jeder andere, zu werden. Ich war gerade damit beschรคftigt, einige Dinge fรผr die Hundepension einzukaufen, als gegen 15 Uhr mein Handy klingelte. Ein etwas aufgelรถster Herr war am Telefon, der sich hektisch erkundigte, ob ich noch Sprengstoffspรผrhunde hรคtte. Ich bejahte die Frage und er meinte, ich solle mich dann bitte sofort auf den Weg machen, da eine Bombendrohung eingegangen wรคre.

Die Polizei sei vor Ort und die Sicherheitsabteilung des Unternehmens bestรผnde auf Absuche der Gebรคude mit einem Sprengstoffhund. Also machte ich mich auf den Weg. Jedoch genau da begann das eigentliche Probleme. Ich musste mich selbst zunรคchst ein klein wenig vorbereiten, die Hunde abholen und รผberhaupt โ€“ knapp 120 km bewรคltigen. Dummerweise lag gerade zu dieser Zeit hoher Schnee und bei meinem Rรผckweg von der Pension nach Hause fuhr ich mich fest. Man kann sich meine Begeisterung sicher vorstellen. Glรผcklicherweise kam gerade ein Trecker vorbei, der mich befreien konnte. Nach 10 Minuten konnte ich dann die restlichen paar Meter zurรผcklegen, raus aus dem Auto, rein mit den Hunden und direkt wieder los.

Auf zum Einsatzort

Gerade auf die nรคchste StraรŸe eingebogen, drehten die Rรคder wieder durch. Mein Blutdruck befand sich am Limit. Meine Stimmung schien Einfluss auf die Reifen zu nehmen, denn plรถtzlich war ich frei und konnte weiter. Nun hatte ich nur noch 119 km vor mir und das natรผrlich ohne Sonder- und Wegerechte. Der Verkehr, auch auf der Autobahn, war entsprechend zรคh. Das mag aber auch ein wenig an meiner Wahrnehmung gelegen haben. Natรผrlich wurde ich gefรผhlt alle 3 Minuten angerufen, wo ich denn bliebe, das Gebรคude sei evakuiert und dรผrfe nicht eher wieder betreten werden, bis die Absuche durch den Hund erfolgt sei. Nach rund zwei Stunden kam ich endlich an und wurde direkt in Empfang genommen. Ich bat darum, mir zunรคchst einen รœberblick รผber die unterschiedlichen Bereiche zu verschaffen, damit ich meine Absuche etwas koordinieren konnte. Man wies auf eine groรŸe Empfangshalle, mit mehreren Bรผroetagen darรผber und einen Bรผroturm mit knapp 10 Etagen plus Tiefgarage. Dies sollte mein Suchbereich sein โ€ฆ

Auf Bombensuche

Ich fragte, ob sich die Mitarbeiter auf einen mehrwรถchigen Urlaub eingerichtet hรคtten, denn mit zwei Hunden dies alles abzusuchen ist sicherlich mรถglich, aber in drei Wochen und nicht in drei Stunden. Ich entschied mich dann in Absprache mit den Sicherheitsbeauftragten fรผr einige sicherheitsrelevante Bereiche und begann, nachdem ich die Hunde ein wenig vorbereitet hatte, mit der Absuche. Nachdem die Empfangshalle, zumindest die interessanten Abschnitte, abgesucht waren, tasteten wir uns Raum fรผr Raum vor. Nach ca. 30 Minuten war der erste Hund โ€žDarexโ€œ erledigt. Nun musste โ€žJohannโ€œ ran. SchlieรŸlich landeten wir in der Warenannahme, die schon allein fรผr sich Beschรคftigungsmรถglichkeiten fรผr ein Dutzend Hunde geboten hรคtte. Auch โ€žJohannโ€œ schwenkte dann die weiรŸe Fahne und Darex musste wieder รผbernehmen. Wir beschrรคnkten uns auf Teilbereiche, die meiner Meinung nach eine Gefรคhrdung hรคtten darstellen kรถnnen, denn alles abzusuchen war schlicht nicht mรถglich. Auch drรคngte die Zeit ein wenig, denn die Mitarbeiter standen nun schon seit Stunden drauรŸen und es war einigermaรŸen kalt. Mittlerweile war es nach 19:30 Uhr, die Hunde waren eifrig bei der Sache gewesen, beide hatten nun zwei โ€žRundenโ€œ durchgearbeitet und bis auf die Tiefgarage waren die Bereiche im Wesentlichen abgesucht.

Gefahr aus der Tiefgarage?

Nach einer kleinen allgemeinen Pause, auch ich brauchte dringend einen Kaffee, setzten wir zur letzten Runde im Gebรคude an. Die Tiefgarage sollte ganz zum Schluss untersucht werden, da ein Eindringen von auรŸen dort sehr problematisch sein wรผrde, wir aber diesen Bereich nicht auslassen wollten. Die Hunde hatten bislang noch keine Bestรคtigung erhalten, dafรผr wurde es allmรคhlich Zeit, wie ich fand. Ich bat also meine Begleitung, einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, mir in einem bereits abgesuchten Bereich ein wenig Zielstoff fรผr die Hunde zu verstecken. Nachdem dies erledigt war, begab ich mich wieder in den Bereich und lieรŸ zunรคchst Darex dort suchen. Noch in der Freisuche, also ohne meine direkte Anleitung, konnte man deutlich sehen, dass er auf einmal Geruch in die Nase bekam und sich zu einem Wandschrank zog. Er nahm noch einmal ein tiefes Nรคschen voll, setzte sich ab und starrte erwartungsvoll auf den Fundort. Ich sagte in Richtung meines Begleiters โ€žAnzeigeโ€œ, denn natรผrlich wusste ich vorher nicht, wo der Stoff verborgen war. Hinter mir hรถrte ich nur, wie jemand scharf die Luft einzog, drehte mich um und sah den Sicherheitsverantwortlichen hinter mir stehen. Der Mann hatte in seiner vorangegangen Karriere schon รถfter Sprengstoffhunde bei der Arbeit gesehen und wusste das Verhalten des Hundes richtig zu deuten. Eindeutig zeigte er Stoff an. Was der arme Mann nicht wusste war, dass es sich um eine Bestรคtigungssuche gehandelt hatte. Er war von uns unbemerkt hinzugetreten, so konnte ihn keiner vorwarnen. Man kann sich vorstellen, dass der ร„rmste gar nicht wieder zu beruhigen war. Zur Salzsรคule erstarrt, dem Herztod nahe, flรผsterte er nur โ€žAnzeige โ€ฆ oh Gottโ€œ.

Darex zeigt an

Er war auch einigermaรŸen entsetzt, als ich zu meinem Hund ging und diesen mit einem Spielzeug bestรคtigte. Das ist nรคmlich bei einem โ€žscharfenโ€œ Fund in unmittelbarer Nรคhe des Sprengsatzes nicht รผblich und schon gar nicht ratsam. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich der Gute wieder gefangen hatte und erkannte, dass wir keine Bombe gefunden hatten. Ich kann an dieser Stelle versichern, dass der Herr sehr erleichtert war. Nachdem auch โ€žJohannโ€œ seine Bestรคtigung an anderer Stelle bekommen hatte (diesmal war der Verantwortliche ja vorgewarnt), suchten wir noch die Tiefgarage sporadisch ab und erklรคrten dann den Einsatz fรผr beendet. Sehr zur Erleichterung aller Beteiligten, insbesondere der Mitarbeiter, die nun endlich wieder in das Gebรคude durften. Bleibt zu hoffen, dass alle Einsรคtze in der Form beendet werden kรถnnen.

Ein MUSS fรผr jeden, der sich auch nur ansatzweise mit Hundeausbildung beschรคftigt.

Martin Weitkamp

Im Schatten der Gefahr

Hardcover, 128 Seiten, s/w

ISBN: 978-3-9815634-2-9

www.minervastore.de

Teilen

Vielleicht auch interessant: