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Besuchshunde gegen Einsamkeit | „Lucy liebt einfach Menschen“

Immer öfter bringen Vierbeiner frischen Wind in Seniorenheime, Hospize oder Behinderteneinrichtungen und schenken Lebensfreude. Doch vor dem ersten Einsatz als „Besuchshund“ steht eine Eignungsprüfung.

Der Test

Bernhard Boeck sitzt auf einem Klappstuhl und hält Barney eine Faust hin. Der schwarze Labrador-Mix steht ihm gegenüber und schnüffelt intensiv. Ein kleines Stück Rinderlunge zieht sein Interesse stark auf sich, doch Barney braucht noch etwas Geduld. Nach einigen Sekunden öffnet sich die Hand von selbst und er nimmt die Delikatesse behutsam mit seiner Zunge auf.

„Er ist cool geblieben und hat alles richtig gemacht“, lobt Boeck, der für den Arbeiter-Samariter-Bund Bergisch Land die Eignungstests für den Besuchshundedienst abnimmt. „Wir ermitteln anhand von spielerischen Aufgaben in der Gruppe, wie sich die Hunde gegenüber Fremdpersonen verhalten und wie sie auf optische und akustische Reize sowie auf Körperkontakt reagieren. Damit versuchen wir hier festzustellen, ob der Hund die nötige Ruhe und Sicherheit mitbringt, damit wir ihn mit seinem Frauchen oder Herrchen als Besuchshunde, zum Beispiel zu Demenzerkrankten, losschicken können“, erklärt der erfahrene Trainer, warum eine Eignungsprüfung zwingend erforderlich ist. Mit der Faustübung stelle er fest, ob der Hund nicht voller Ungeduld mit den Krallen die hingehaltene Hand zerkratzt. Das sei gerade für ältere Menschen, die oft eine sehr dünne „Pergamenthaut“ besäßen, gefährlich, so Boeck.

Insgesamt sechs „Frauchen“ sind heute mit ihren Tieren nach Bergisch Gladbach gekommen – vom Yorkshire-Mix bis zum Rhodesian Ridgeback sind Groß und Klein vertreten. Sie alle hoffen darauf, mit einem Zertifikat und einem leuchtenden Halstuch, das die Hunde im ASB-Besuchshundedienst tragen, wieder nach Hause zu gehen.

Große Nachfrage nach Besuchshunden

„Grundsätzlich eignet sich jede Rasse dafür. Voraussetzung ist Sicherheit und Ausgeglichenheit, und dass der Hund sich auch bei Stress nicht aus der Ruhe bringen lässt“, sagt Peter Schlepper, der in der rheinischen Kreisstadt den Besuchshundedienst für den ASB koordiniert. Nach der langen Corona-Pause sei die Nachfrage groß, denn viele Einrichtungen träten jetzt vermehrt an ihn heran.

„Die Zugangsbeschränkungen zu den Heimen haben die Menschen noch einsamer gemacht, als sie ohnehin oft schon sind. Da wollen wir mit unseren freiwilligen Hund-Mensch-Gespannen entgegenarbeiten, so Schlepper.

Unterstützung auf vier Pfoten

Seit 2013 bietet der ASB im Bergischen Land diesen Dienst an. Die Tiere helfen, die Situation von Senioren, an Demenz Erkrankten und Behinderten zu verbessern. Abwechslung im gleichförmigen Alltagsgeschehen, die Steigerung von Konzentration und Aufmerksamkeit und das Wachrufen von Erinnerung und Emotionen sind nur einige positive Aspekte, die durch Besuchshunde gefördert werden. So wie durch Luna.

Freude schenken kann so simpel sein

Frau Tanner strahlt. Sie sitzt auf einem Sofa im Wohnzimmer ihrer Pflegeeinrichtung, der Bensberger „Demenz-Villa“, und streicht Hündin Luna behutsam über den weichen Fellrücken. Sie spricht leise und liebevoll zu ihr und schaut dabei entrückt ins Leere. Was sie sagt, sind Worte, die für Außenstehende keinen Sinn ergeben, Sätze ohne Anfang und ohne Ende. Aber das ist jetzt auch nicht mehr wichtig – schon längst nicht mehr. Frau Tanner hat ihre eigene Sprache gefunden. Sie lebt seit einigen Jahren im Pflegeheim und ist schwer an Demenz erkrankt. Doch das macht der Besuchshündin nichts aus. Der Pointer-Mix aus Sizilien ist erfahren im Umgang mit diesen besonderen Menschen. Geduldig steht sie vor ihr und tut nichts, außer da zu sein. Und damit macht sie instinktiv das Richtige. Ab und an verlässt ein Leckerli Frau Tanners Hand im Tausch gegen ein warmes Abschlecken.

Lunas Ehrenamt

Seit sieben Jahren meistert Luna gemeinsam mit den Eheleuten Sylvia und Peter Schlepper ihre ehrenamtliche Aufgabe. Zusammen besuchen sie Menschen, die in Pflege- oder Therapieeinrichtungen untergebracht sind, aber auch Schulen und Kindergärten. Peter Schlepper und seine Frau sind mit Luna regelmäßig unterwegs, um Freude zu schenken. Die Beschäftigung mit einem Tier könne für den Menschen stressreduzierend sein, und gerade an Demenz erkrankte Personen hätten viel davon, denn sie würden ständig von ihrer Umwelt missverstanden und nähmen selbst vieles nicht mehr wahr“, erklärt Michaela Augustin, Leiterin der ASB-Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz in Bergisch Gladbach-Bensberg. Einem Hund sei das egal, er nehme den Menschen so an, wie er ist, so Augustin.

„Die Hundekontakte wirken gerade jetzt wie ein Booster auf vier Pfoten.“

Dem pflichtet Michael H. Lux, Leiter des Zentrums für psychische Gesundheit und Wohlbefinden in Bergisch Gladbach, bei: Ein Hund zeige selten Ablehnung gegenüber anderen Menschen, lässt körperliche Nähe zu und schenkt somit eine Art bedingungsloser Zuneigung. „Darüber hinaus findet gewissermaßen ein sozialer Kontakt statt, übrigens auch durch die Person, die den Hund begleitet, was sich ebenso positiv auf das Wohlbefinden auswirkt. Auch löst bei vielen Menschen die Gegenwart eines Hundes biografisch bedingt positive Gefühle und Erinnerungen aus“, betont Lux.

Lucy hat’s geschafft

Nicht jeder Hund bringt automatisch die nötigen Eigenschaften zum Besuchshund mit – aber auch die Halter nicht immer. Wir achten auch darauf, wie das Besuchshundeteam zusammenarbeitet und trainieren typische Begegnungssituationen“, erklärt Boeck den Ablauf der Prüfung. Keine Probleme hatten Simone Schmidt aus Wuppertal und ihr aufgeweckter Yorkshire-Havaneser-Mix Lucy. Ihre Besitzerin wollte schon immer mal wissen, wie die Dreijährige auf stressige Situationen reagiert. Und dafür sei der spielerische Eignungstest eine prima Übung gewesen, so Schmidt. Als künftiges Einsatzgebiet könne sie sich gut einen Kindergarten vorstellen. Denn die aller wichtigste Voraussetzung für einen Besuchshund erfülle sie auf jeden Fall. „Lucy liebt einfach Menschen!“

So sehen Sieger aus: Youma und Frauchen Anke haben den Test ebenfalls mit Bravour gemeistert. | Fotos: privat

www.asb-bergisch-land.de

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