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Auf einmal will Hubertus nicht mehr raus!

Der 9-jährige Dackel verweigert kategorisch die abendliche Gassirunde und hält sein Geschäft auf. Alexander macht sich Sorgen, dass Hubertus dadurch körperliche Schäden davonträgt. Was geschieht im Körper von Hunden, die einhalten?


Alexander T. schreibt uns: “Unser Dackel Hubertus ist jetzt 9 Jahre alt und will plötzlich abends nicht mehr spazieren gehen. Seit er ein Welpe ist, geht meine Frau mit ihm jeden Morgen und wir beide mit ihm nach dem Abendessen spazieren. Er war jedoch immer ein nervöser Hund. Ein lautes Geräusch, wie die Fehlzündung eines Autos oder ein LKW, der in ein anderes Auto fuhr und einen Unfall verursachte erschrecken ihn. In letzter Zeit weigert er sich, nach dem Abendessen überhaupt noch raus zu gehen. Da er morgens spazieren geht und tagsüber fröhlich und unbeschwert ist, glaube ich nicht, dass es sich um ein körperliches Problem handelt. Wie können wir es ändern? Er nutzt die Abendrunden nämlich auch, um sein kleines und großes Geschäft zu erledigen. Wenn er über Nacht einhält, befürchte ich, dass er körperliche Probleme bekommen könnte.”

Lieber Alexander,

erst einmal vielen Dank, dass du dich an uns gewendet hast. Wir können deine gesundheitlichen Sorge um Hubertus sehr gut nachvollziehen. Wenn Hubertus die täglichen Gassirunden für die Erledigung seiner Geschäfte nutzt, hält er diese natürlich abends zurück. Die Blase kann sich aufdehnen, der Dickdarm ebenfalls und das kann auf lange Sicht zu Schwierigkeiten beim Lösen und Urinieren führen. Oder aber zu Unfällen im Haus, weil er sich dort erleichtert. Mit Sicherheit wird er sich nachts unwohl fühlen. Aber nicht nur deshalb ist es wichtig, diesem Verhalten auf den Grund zu gehen und die Ursache herauszufinden. Hunde neigen dazu, zu generalisieren. Das heißt, dass das Meideverhalten zunächst auf die Dunkelheit beschränkt bleibt. Zunächst! Später aber kann es gut sein, dass Hubertus auch andere Situationen meidet und sich mehr und mehr in sich zurückzieht. Am Besten unterbricht man diese Fehlentwicklung von Beginn an.

Wir müssen zugeben, unsere erste Reaktion war Ungläubigkeit. Warum? Weil Hubertus ein Dackel ist. Und Dackel, so wie wir sie kennen, neigen einfach selten zu Meideverhalten. Sie haben, ganz im Gegenteil, ein robustes Wesen und neigen eher dazu, die Welt zu erobern, als vor ihr zu flüchten. Und da dieser Charakterzug so markant ist, ist ein vermeintlich ängstlich agierender Dackel ein Tier, bei dem man auch vieles andere in Betracht ziehen sollte. Wir stellen dir deshalb einige Gedanken vor, die uns dazu eingefallen sind. Du selbst meinst, dass Hubertus kein körperliches Problem hat. Kann sein. Es ist aber auch möglich, dass er eine unerkannte Schmerzgeschichte hat. Das muss gar nichts Schlimmes sein, es reicht bereits, wenn er eine schmerzhafte Verspannung am Rücken hat. Und der Rücken gehört beim Dackel bekanntermaßen zu den Schwachstellen.

Folgendes könnte Hubertus also passiert sein: Er hat Rückenschmerzen, die er aber, wie viele Hunde, durch eine Schonhaltung kompensiert. Nachts, wenn sich die Welt auch für Hunde anders präsentiert, mag er sich vielleicht einmal angespannt haben. Dadurch geben Hunde ihre Schonhaltung auf und der Schmerz zieht durch den Körper. So konditioniert der Hund sich selbst und schlussfolgert irgendwann: Die Dunkelheit tut mir weh. Es ist also keine schlechte Idee, dies von einem Tierarzt ausschließen zu lassen. Oft kann man die Schmerzen sogar selbst sehen, wenn man den Hund sanft streichelt. Dann beginnt auf einmal, die Haut zu zucken. Aber, wie gesagt, ein Dackel neigt nicht zum Jammern und deshalb wäre dies eine Sache, die der Tierarzt besser beurteilt. Was uns beim Durchlesen ebenfalls aufgefallen ist: du schreibst nicht, dass Hubertus Angst vor dem Verkehr hat, sondern du beschreibst eine sehr spezifische Situation: ein LKW, der in ein fahrendes Auto fuhr. Hat Hubertus so etwas angesehen, oder saß er vielleicht sogar im Auto, in das der LKW fuhr? War es tagsüber oder abends? In einem solchen Fall dürfte er sich sehr erschrocken haben. Man weiß nie, was Hunde in solchen Fällen als „Trigger-Reiz“ abspeichern. Wir Menschen sind visuell orientiert, aber der Hund hat ja eine ganz andere Wahrnehmung. Es kann sein, dass er einen bestimmten Geruch oder ein Geräusch, wie beispielsweise quietschende Bremsen als Angstauslöser empfunden hat. Vielleicht hat er ein beunruhigendes Geräusch abends gehört, als er zu seinem nächtlichen Spaziergang aufbrach. Das könnte ihn so sensibilisiert haben, dass er Spaziergänge im Dunklen momentan einfach nicht erträgt. Oder aber, lieber Alexander, sogar dich. Denn wenn deine Frau mit Hubertus geht, scheint er keine Angst zu haben. Gehst du abends mit, reagiert er ängstlich. Wie ist deine Verfassung? Bist du gestresst, hektisch oder angespannt? Und überträgt sich das dann auf deinen Hund? Oder aber redet ihr beide miteinander und der Hund läuft nebenbei mit?

Dies ist eine Reihe an Anregungen, mit denen du die Ursache finden kannst. Wir würden zusätzlich generell dazu raten, den Ablauf ein wenig zu ändern. Hunde lernen kontextabhängig und wenn man eine Kleinigkeit ändert, ist die Situation für sie neu. Vielleicht könnt ihr den Spaziergang eine Stunde früher stattfinden lassen. Man könnte durch eine andere Tür nach draußen gehen, als die, durch die man normalerweise geht. Oder man startet den Spaziergang mit einer Autofahrt. Deine Frau könnte alleine gehen. Oder du gehst alleine mit ihm. Und dabei kontrolliert ihr eure Gefühle. Hubertus braucht nun weder Mitleid, noch Zaghaftigkeit. Er braucht einen ruhigen, in sich ruhenden Menschen, der ihm zeigt, dass die Welt sicher ist. Nur Mut, das schaffst du schon!

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