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Kann der Hund helfen bei PTBS?

Mein Kind hat eine posttraumatische Belastungsstörung – kann ein Hund helfen?


Elena S. schreibt uns:Mein Mann war immer ein begeisterter Biker. Er lieh sich ein Trike aus, um gemeinsam mit unserem 12-jährigen Sohn eine Männertour zu machen. Leider hatte er einen schweren Unfall. Mein Mann starb dabei und unser Sohn ist seitdem verstummt. Wir vermuten, dass er vielleicht hinten herumgealbert und herumgezappelt hat und sich nun die Schuld an allem gibt. Der Psychologe diagnostizierte eine PTBS. Ich möchte nicht beide verlieren. Meint ihr, ein Hund könnte helfen?”

Liebe Elena,

manchmal bekommt man Briefe, da fehlen einem die Worte. Ich möchte dich so gerne trösten und dir Mut machen, aber auch keine falschen Hoffnungen wecken. Wir haben lange überlegt, ob wir die richtigen Ansprechpartner sind, denn wir sind keine Therapeuten. Aber du hast uns gefragt, und das Mindeste, was wir für dich tun können, ist, unser Bestes zu geben – und das tun wir jetzt. PTBS, also ein Trauma, kann jeden von uns treffen. Aber am häufigsten tritt es bei Angehörigen der Streitkräfte auf, und deshalb ist es dort auch am besten erforscht. Es gibt sogar eine noch ganz neue Arbeit an der Universität von Arizona, die die Wirkung von Hunden untersucht hat.

Die Geschichte von Gretchen

Wir möchten die Geschichte von Gretchen Evans erzählen. Als sie einen Raketenangriff in Afghanistan überlebte, war sie 46 Jahre alt und seit 27 Jahren in der Armee. Eine gestandene Frau mit viel Erfahrung wurde plötzlich aus dem Leben gerissen. Sie verlor ihr Gehör, erlitt Hirnschäden und eine posttraumatische Belastungsstörung. „Das war ein furchtbarer Schock für mich“, sagt Evans. „Ich verlor meine Karriere, meine Leidenschaft und mein Ziel. Am Anfang war es ein sehr schwieriger Übergang, nicht nur vom Militär ins zivile Leben, sondern auch diese Verletzungen zu überwinden. Ich hatte Schwierigkeiten zu arbeiten. Ich hatte Schwierigkeiten, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Ich war sehr einsam und deprimiert.“ Hilfe kam von den Retrievern Aura und Rusty, die speziell für Evans Gehörlosigkeit ausgebildet wurden. „Als ich Aura bekam und sie an meiner Seite hatte, nahm mir das wirklich die Angst vor Menschen und dem täglichen Leben“, sagt Evans. „Ich fühlte mich nicht mehr taub. Ich hatte Arbeitsohren, die zufällig vier Beine und ein schwarzes Fell hatten. Aura öffnete mir so viele Türen und gab mir mein Selbstvertrauen zurück. Und ich war nie einsam, dank dieser Hunde.“

Die Wirkung eines Hundes ist „wirklich stark“.

Der Nutzen von Hunden für Veteranen mit posttraumatischen Belastungsstörungen ist durch persönliche Erfahrungsberichte wie den von Evans gut dokumentiert, es fehlt jedoch an empirischer Forschung über den Einsatz von Tieren als medizinische Intervention. Sarah Leighton von der University of Arizona hat dies nun genauer untersucht. Ihre Ergebnisse wurden in der medizinischen Fachzeitschrift JAMA Network Open veröffentlicht. Sie rekrutierte 156 Veteranen. Alle erhielten die gleiche medizinische und psychologische Behandlung, die von Therapien und Medikamenten bis hin zu Akupunktur und Meditation reichte. 81 bekamen einen Assistenzhund, die anderen nicht. Und dieser Gruppe ging es deutlich besser. Weniger Angst, bessere Stimmung, höhere Lebensqualität und weniger Gefühl der Isolation. Leighton sagte, die Ergebnisse seien ein klarer Beweis dafür, dass ein Hund eine hochwirksame medizinische Wirkung habe. „Wir sehen diese signifikanten Veränderungen in fast allen Bereichen, die wir gemessen haben, nach nur drei Monaten“, sagt die Psychologin. „Ich denke, die Wirkung ist wirklich stark.“ Das Verteidigungsministerium der USA sieht das genauso und stellte mehr als 750.000 Dollar für die Planung einer weiteren Studie im Wert von 7,6 Millionen Dollar zur Verfügung, um herauszufinden, wie Hunde PTBS heilen können. In Zukunft könnte ein Hund zum Goldstandard bei der Behandlung von PTBS werden. „Partnerschaften mit Assistenzhunden verdienen es, erforscht zu werden, und unsere Ergebnisse werden dazu beitragen, den Zugang für Menschen, die davon profitieren könnten, zu verbessern“, sagt der leitende Forscher O`Hare.

Der Hund wird zum Heiler

Liebe Elena, das sind die neuesten Ergebnisse. Und ja, sie sind vielversprechend. Wir haben viele Geschichten gehört, in denen ein Hund durch den Abwehrpanzer der Seele tauchen und den Menschen zurück ins Leben holen konnte. Aber der richtige Hund dafür ist einfach unglaublich wichtig. Bitte nimm keinen Hund, der selbst Hilfe braucht, sondern einen robusten, gut gezüchteten Hund. Ein Retriever ist ein Klassiker, aber es kommen viele Rassen in Frage (Sheltie, Collie, Pudel, Labradoodle, auch Chihuahua). Der Hund muss sehr kontaktfreudig und unerschrocken sein und er muss zu deinem Sohn passen. Unser Tipp: Such dir als Erstes einen guten Trainer. Jemanden, der mit deinem Sohn umgehen kann und versteht, was der Hund leisten muss. Der Trainer sollte auch das Wohl des Hundes im Auge haben und bei der Auswahl des Hundes mit einbezogen werden. Dann könnt ihr den Hund gemeinsam ausbilden. Diese Vorgehensweise verspricht die besten Erfolgsaussichten. Vor einigen Jahren habe ich für einen Tierfutterhersteller die Vermittlung eines Hundes an einen Jungen mit einem schweren Geburtsfehler begleitet. Der Junge hatte bei der Geburt einen Sauerstoffmangel erlitten, war zurückgezogen, nahm keinen Kontakt auf und hatte eine Autismus-Diagnose. Der Hund war ein kleiner Golden Retriever-Welpe, der aus einer sehr robusten Linie stammte. Ich erinnere mich, dass ich einige Wochen später mit der Mutter telefonierte und sie mir erzählte, dass ihr Sohn „ein ganz anderer Junge geworden war“. Offener, zugänglicher und das macht Mut. Liebe Elena, es gibt Löwenmütter und du bist ganz sicher eine. Kämpfe weiter, es lohnt sich. Und sei bitte auch gut zu dir, wir hoffen, wir konnten dir helfen.

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