Absicht oder tollpatschig?

Wie gut verstehen Hunde unser Verhalten? Kรถnnen sie sogar einschรคtzen, welche Absichten wir haben? Ja – das deutet nun eine…

Wie gut verstehen Hunde unser Verhalten? Kรถnnen sie sogar einschรคtzen, welche Absichten wir haben? Ja – das deutet nun eine Studie an, die Dr. Christoph Vรถlter mit seinem Team durchfรผhrte. Mit uns sprach er exklusiv darรผber, was die Ergebnisse der Studie fรผr uns bedeuten.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese Studie durchzufรผhren?

Dr. Vรถlter: Vor vielen Jahren gab es im Max-Planck-Institut eine Studie zu demselben Thema: Inwieweit kรถnnen andere die Absicht hinter einer menschlichen Handlung verstehen? Damals wurden Kleinkinder und Menschenaffen diesem Test unterzogen. Da war es fรผr uns naheliegend, dies auch am Hund zu testen. SchlieรŸlich wurde er zum Zusammenleben mit dem Menschen domestiziert.

Wie waren die Untersuchungen aufgebaut?

Dr. Vรถlter: Wir haben uns mรถglichst nah an den Aufbau der ersten Studie gehalten, um die Ergebnisse direkt miteinander vergleichen zu kรถnnen. Damals waren die Affen natรผrlich aus Sicherheitsgrรผnden vom Menschen getrennt und diesmal haben wir die Menschen in eine Barriere gesetzt. Insgesamt haben wir 2 Durchlรคufe mit je 48 Hunden durchgefรผhrt.

Was waren das fรผr Hunde? Wurden sie speziell trainiert oder gehรถrten sie einer bestimmten Rasse an?

Dr. Vรถlter: Die Hunde waren รคlter als ein Jahr und lebten in Familien. Unsere Stichprobe beinhaltete sowohl Rasse- als auch Mischlingshunde, was uns eine groรŸe Bandbreite an Reaktionen zeigte. Speziell trainiert haben wir sie nicht, um eine spontane Reaktion zu erhalten. Natรผrlich durften sie vorher den Raum erkunden und ihn kennenlernen. So waren sie entspannt und mit dem Ort vertraut.

Wie wurden die Ergebnisse interpretiert?

Dr. Vรถlter: Wir haben die Aufnahmen von den Durchgรคngen in einen Algorithmus eingespeist und ihm mittels maschinellem Lernen beigebracht, verschiedene Kรถrperregionen zu erkennen. Auf diese Weise konnten wir das Verhalten der Hunde auf objektive Weise quantifizieren.

Haben Sie zu Beginn der Studie mit diesen Ergebnissen erwartet?

Dr. Vรถlter: Es passt zu dem aktuellen Stand der Forschung. Hunde sind in der Lage, menschliche Emotionen zu erkennen und die Sicht des Menschen zu erfassen.

Wie geht es nun weiter?

Dr. Vรถlter: Von hier aus kann man in verschiedene Richtungen weiterdenken. Eine Mรถglichkeit wรคre, mit jรผngeren Hunden zu arbeiten, die weniger Erfahrung haben. So kann man untersuchen, inwieweit Hunde erlernen, menschliche Absichten zu erkennen, wenn sie mit uns zusammenleben und wie viel angeboren ist. Aber man kรถnnte auch mit Wรถlfen arbeiten, sodass man den Fokus auf die Domestikation richtet. Eine weitere Mรถglichkeit ist, die Handlung โ€žAbsicht oder tollpatschigโ€œ auf andere Situationen zu รผbertragen, die nicht direkt mit Futter zu tun haben und das Verhalten der Hunde zu beobachten. Daran arbeiten wir gerade.

Was verรคndert diese Studie?

Dr. Vรถlter: Wir sprechen hier von Grundlagenforschung. Sie hat keinen unmittelbaren Einfluss auf das Leben eines Halters und Hundes. Diese Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass Hunde unsere Absichten verstehen kรถnnen. Nehmen wir eine alltรคgliche Situation, man tritt dem Vierbeiner versehentlich auf die Rute. So kรถnnen diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass er – je nach Reaktion des Menschen – versteht, dass dies keine Absicht war. Hierzu mรผssen aber weitere Studien durchgefรผhrt werden. Die Studie zeigt, dass Hunde nicht nur Handlungen und deren Resultate verstehen kรถnnen, sondern sogar die Absicht, die hinter einer Handlung steckt. Dies lรคsst auf ein tieferes Verstรคndnis schlieรŸen.

Vielen Dank, Dr. Vรถlter, fรผr das aufschlussreiche und interessante Gesprรคch.

Titel: AdobeStock/rodimovpavel

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